Steffen BilgerCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu neuen Erkenntnissen zur VW-Abgasaffäre
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz eindeutig: Die Betrügereien von VW sind absolut inakzeptabel. So etwas ist eine Schande für den Industrie- und Automobilstandort Deutschland, eine Schande, die nicht nur VW Probleme bereitet, sondern unserer gesamten deutschen Industrie. Insofern sage auch ich: Wir müssen sehr deutlich einfordern, dass dieser Skandal vollumfänglich aufgearbeitet wird, damit sich so etwas nie mehr wiederholt und Verantwortung übernommen wird.
Deutsche Unternehmen haben Gesetze einzuhalten. Das gilt ohne Wenn und Aber, ungeachtet technischer oder finanzieller Herausforderungen – oder was auch immer –, die die Verantwortlichen zu den Manipulationen bewogen haben könnten, und auch ungeachtet nationaler Interessen des jeweiligen Gesetzgebers, die vielleicht in den USA auch eine Rolle gespielt haben mögen.
Nun diskutieren wir angesichts neuer Entwicklungen erneut über den VW-Skandal, und es entsteht ein bisschen der Eindruck, dass Sie sich darüber freuen, meine Damen und Herren von den Grünen.
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Käse!)
Das finde ich sehr bedauerlich; denn das Automobil hat eine so große Bedeutung für den Industriestandort Deutschland
(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann muss man mal etwas Richtiges entwickeln!)
und vor allem – das wurde heute schon mehrfach angesprochen – für viele Arbeitsplätze, dass Häme und Schadenfreude nun wirklich völlig unangemessen sind.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll denn der Quatsch? – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Schadenfreude ist das eine, das mich verwundert. Das andere ist die neue und ungewohnte Begeisterung der Opposition für amerikanische Behörden und deren Grenzwerte. Bei den Diskussionen mit Ihnen über TTIP hatte ich bisher nicht den Eindruck, dass nach Ihrer Ansicht alle Grenzwerte in den USA besser sind als in Europa.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was ist denn das für ein Niveau?)
Sie haben eher den Eindruck vermittelt, als ob durch amerikanische Grenzwerte große Gefahren für den deutschen Verbraucher entstünden. Ihren Sinneswandel finde ich durchaus bemerkenswert, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben am Montag im Zusammenhang mit der Ausschussanhörung und in den vergangenen Wochen schon vielfach über den VW-Skandal und seine Folgen diskutiert.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Man muss sich ja nicht als Depp outen!)
– Jetzt reicht es aber langsam, Herr Kollege. –
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Mann, Mann, Mann!)
Sie versuchen ganz billig, daraus politisches Kapital zu schlagen. Betrügereien sind aber ein Fall für den Staatsanwalt und die zuständigen Behörden. Sie sollten nicht Grundlage des billigen Versuchs einer Schuldzuweisung in Richtung Bundesregierung sein. Zudem hat das Bundesverkehrsministerium schnell reagiert. Der Minister hat die Maßnahmen benannt. Er ist letzte Woche richtigerweise in die USA gereist, um Gespräche mit Politikern zu führen und um bei den Behörden um neues Vertrauen zu werben.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat nichts geklärt! Ergebnis: nichts! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das Ergebnis?)
Ich will nun aber den Blick in Richtung Zukunft wenden. Was ist zu tun, um das Vertrauen wiederherzustellen und die Anforderungen an durchaus komfortable, leistungsstarke, aber eben auch umweltfreundliche Autos made in Germany zu erfüllen? Zunächst geht es ganz klar um eine umfassende Aufklärung durch VW. Im Sinne des Verbrauchers sollten Verbrauchs- und Emissionsmessungen transparenter und glaubwürdiger werden. Auch ich kann nur begrüßen, dass die Europäische Union den Handlungsbedarf erkannt hat und mit deutscher Unterstützung entsprechende Maßnahmen wie die Einführung eines Messverfahrens zur Emissionsprüfung unter normalen Fahrbedingungen und die Festlegung neuer Anforderungen an die Umsetzung eines Verbots von Abschalteinrichtungen eingeleitet hat.
Es muss aber auch um die weitere Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der Emissionen gehen. Dabei ist klar: Wir brauchen den sauberen Diesel noch lange; denn – auch das ist am Montag in der Anhörung deutlich geworden – ohne Diesel werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Am besten wäre es natürlich, wenn Dieselmotoren mit der Plug-in-Technologie ausgestattet würden; denn dann könnten Dieselfahrzeuge auf Innenstadtstrecken rein elektrisch fahren. So könnte man das Beste aus zwei Welten kombinieren: auf kurzen Wegen und in verdichteten Stadtlagen ohne Abgase, auf langen Strecken mit Diesel.
Eines will ich noch ansprechen – das war so ein Gespenst, das vorgestern in der Anhörung im Verkehrsausschuss umherging –: Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten. Ich will klar sagen, dass so etwas mit uns nicht zu machen ist. Das wäre eine kalte Enteignung. Das können wir von der Union auf keinen Fall unterstützen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann tut mal was dafür, dass die Diesel sauberer werden!)
Ich bin sehr froh, dass wir die Verlängerung des Steuerprivilegs für den Bereich der Gasmobilität bereits auf den Weg gebracht haben. Wir haben die Fortsetzung des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sichergestellt. Nicht zuletzt gibt es viele Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität.
In einer Krise kann man häufig auch eine Chance sehen. VW und die anderen Automobilhersteller müssen noch viel stärker auf die Elektromobilität setzen. Die ersten Ankündigungen, die dazu in den vergangenen Wochen von VW gemacht worden sind, empfinde ich als sehr positiv. Wir als Politik sollten diesen Weg weiter konstruktiv begleiten. Es braucht gerade jetzt Signale, die belegen, dass Deutschland auch in der Zukunft auf ehrlichem Wege umweltfreundliche Autos produzieren wird. Kollege Klare hat schon genannt, welche Signale das sein könnten: Sonderabschreibung, KfW-Programme und öffentliche Beschaffungsprogramme. Der politische Wille ist vorhanden, die Finanzierung steht noch aus. Wenn der VW-Skandal dabei hilft, sowohl bei uns als auch bei den Herstellern die nötigen Entscheidungen zu beschleunigen, dann hat diese Misere doch noch etwas Gutes. Ich freue mich über jeden, der uns auf diesem Weg unterstützt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Johann Saathoff, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Heiko Schmelzle [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 132 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu neuen Erkenntnissen zur VW-Abgasaffäre |