04.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 132 / Zusatzpunkt 1

Johann SaathoffSPD - Aktuelle Stunde zu neuen Erkenntnissen zur VW-Abgasaffäre

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor drei Wochen waren sich alle Beteiligten in der Debatte hier einig, dass die Situation hinsichtlich der Emissionswerte rückhaltlos aufgeklärt werden soll. Diese Aufklärung erfolgt nun. Aufklärung bedeutet aber auch, dass gründlich in allen Ecken nachgeschaut wird. Die neuen Enthüllungen sind Folge der bedingungslosen Aufklärung, also Folge eines Großreinemachens.

Die neuen Enthüllungen machen deutlich: Es ist notwendig, dass wir mindestens mithelfen, für VW neue Perspektiven zu entwickeln. Das sind wir den Menschen schuldig: schuldig den Menschen, die täglich bei VW am Band und im Werk ihre Arbeit tun und denen man keinen Vorwurf machen kann. Ganz im Gegenteil: Sie haben dieses Werk und diese Marke mit ihrer Hände Arbeit geschaffen. Besonders im Blick habe ich dabei die vielen Tausend Menschen, die über die Leiharbeitsfirmen in und um VW beschäftigt werden. Sie werden die negativen Auswirkungen auf die Geschäftsergebnisse zuerst zu spüren bekommen. Wir dürfen diese Menschen, die ihre Arbeit stets tadellos getan haben, in dieser existenzbedrohenden Situation nicht alleinlassen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die Entwicklung einer Perspektive sind wir auch den Menschen schuldig, die an den Werken bei den Zulieferern quer durch Deutschland und darüber hinaus ihre Arbeit tun und sich nun Sorgen machen. Eine Perspektive sind wir auch den Menschen in den Standortkommunen schuldig, deren finanzielle Grundlage derzeit einfach wegbricht, in einer für Kommunen ohnehin schon schwierigen Situation.

Wir werden VW und vor allen Dingen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern helfen, die Krisensituation durchzustehen, keine Frage. Aber wenn ich von Perspektiven rede, dann meine ich auch, dass die grundlegende Strategie bei VW überdacht werden sollte. Setzt VW zukünftig auf neue Antriebstechnologien, zum Beispiel auf Elektromobilität? Was müssen wir, der VW-Konzern, aber auch wir im Bund, tun, damit Elektromobilität möglich wird? Ich höre immer wieder: Die Elektromobilität kann nicht vorangebracht werden, weil noch Ladeeinrichtungen fehlen. – Wir haben uns im Koalitionsvertrag klar zur Förderung der Elektromobilität bekannt. Wir müssen das Manko in diesem Bereich beseitigen, indem wir Ladeeinrichtungen schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Aber selbst wenn wir das nicht könnten, wäre das kein Grund, nicht in die Elektromobilität zu investieren. Früher gab es Benzin auch nur in der Apotheke.

(Heiterkeit bei der SPD)

Wir brauchen noch mehr Forschung und Entwicklung im Bereich Stromspeicher. Wir müssen aus bundespolitischer Sicht darüber nachdenken, ob neben der Forschung an Speichern künftig nicht auch Batterieproduktion möglich sein sollte, zum Beispiel in Gegenden, wo das mit sauberer regenerativer Energie möglich ist; denn eine energieaufwändige Batterieproduktion mit Kohlestrom oder Atomstrom macht keinen Sinn. Aber mit sauberen regenerativen Energien, die in einigen Regionen im Überfluss vorhanden sind, könnte man das machen. Mir persönlich jedenfalls würde eine solche Region einfallen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben uns nicht nur im Mobilitätssektor zu wenig um Speicher gekümmert. Es wird jetzt Zeit, das zu ändern. Der Gesetzentwurf zum Strommarktdesign ist heute im Kabinett beraten worden. Es wäre konform im Sinne dieses Gesetzentwurfs, wenn wir zügig viele kleine Speicher auf und an den Straßen hätten.

Auch Bewährtes wollen wir erhalten. Bei aller Diskussion über die Schadstoffe der Autos: Wir müssen auch die Schadstoffe der Werke selber beachten. Das Blue-Factory-Konzept von VW ist weltweit beispielgebend. Das Werk in Emden ist hier ganz weit vorn. Danach fragt im Moment niemand; das sollte man aber tun, wenn man sich um Umweltbelange kümmern möchte.

(Kirsten Lühmann [SPD]: Richtig!)

Auch die Mitbestimmung bei Volkswagen hat sich bewährt. Sie ist beispielgebend und wird dazu beitragen, dass die Sozialpartner miteinander die notwendigen Entscheidungen vorbereiten und treffen können. Man weiß in der Wirtschaft: „‘t regent neet alltied Botter un Bree.“ Das heißt: Es regnet nicht dauernd Butter und Brei. Spätestens wenn die Situation, wie in diesem Fall bei VW, schwierig wird, weiß man den Wert einer funktionierenden Sozialpartnerschaft mit starken Betriebsräten und starken Gewerkschaften zu schätzen.

Wir werden helfen, wo wir können, die Stärken des VW-Konzerns zu stärken, und werden, wenn notwendig, unterstützen, wenn es um neue Perspektiven für VW geht – für die vielen Menschen, die sich unseren Einsatz mit ihrer Arbeit verdient haben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Ulrich Lange, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6095535
Wahlperiode 18
Sitzung 132
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu neuen Erkenntnissen zur VW-Abgasaffäre
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