Helga Kühn-MengelSPD - Hospiz- und Palliativversorgung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörer und Zuhörerinnen! Ich entschuldige mich für den etwas eiligen Schritt, freue mich aber, zu diesem Thema reden zu dürfen.
Dieses Gesetz stabilisiert die Strukturen, die wir in Deutschland im hospizlichen und palliativen Bereich haben, entwickelt sie weiter und schafft wichtige neue Weichenstellungen. Es baut auf Strukturen auf, die wir bereits seit Anfang 2000 geschaffen haben, beginnend mit der verpflichtenden Finanzierung durch die Krankenkassen in diesem Bereich bis hin zur Einführung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung im Jahre 2007.
Vieles hat sich seitdem entwickelt. Wir haben ein breites Angebot, nicht überall und nicht flächendeckend, aber es ist ganz viel in der Entwicklung. Es gibt 1 500 ambulante Dienste, 195 stationäre Hospize, 9 Kinderhospize, 250 Palliativstationen und vor allem – immer wieder ist das heute gesagt worden – um die 100 000 Ehrenamtliche, die in diesem Bereich arbeiten, die nicht nur Zeit, Erfahrung und Kompetenz einbringen, sondern auch qualitätsgestützt weitergebildet werden; das ist ein ganz wichtiger Punkt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Um es vorwegzusagen: Nicht jeder bedarf einer hospizlichen oder einer Palliativversorgung. Aber diejenigen, die dieser Versorgung bedürfen, müssen einen Zugang dazu haben. Deswegen ist es gut, dass dieses Gesetz mehr Möglichkeiten schafft. Die Betroffenen und die Familien müssen die Angebote kennen. Wir wissen aus verschiedenen Befragungen, dass dies bei weitem nicht der Fall ist. Karl Lauterbach hat beschrieben, wie sehr durch eine Palliativversorgung die Lebensqualität gesteigert werden kann. Es wird auch Zeit gewonnen für Begegnungen und dafür, um Dinge zu regeln. Hinzu kommt die Tatsache – ich habe das hier schon einmal gesagt –, dass sich der Wunsch, zu sterben, unter dieser Behandlung hochsignifikant verringert.
Es gibt eine Befragung des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbandes zum Begriff „Hospiz“. Der Begriff war 89 Prozent der Befragten bekannt, die richtige Bedeutung aber nur 66 Prozent. 49 Prozent der Befragten hatten schon einmal von Palliativbehandlung gehört, aber nur ein Drittel von ihnen kannte die Inhalte dieser Versorgung. 78 Prozent wussten nicht, dass die hospizliche Betreuung zu Hause kostenlos ist; auch das ist ein wichtiger Punkt. Es gibt noch mehr interessante Ergebnisse dieser Befragung.
Die Bertelsmann-Studie wurde bereits erwähnt. Das Interessante an ihr ist, dass sie das große Gefälle zwischen den Regionen aufzeigt. Man kann sehen: Dort, wo es gute Palliativangebote gibt, verringert sich die Zahl derjenigen, die für das Sterben in ein Krankenhaus gehen, deutlich.
Wir haben uns mit all diesen Dingen beschäftigt. Es wurde schon gesagt: Die Krankenkassen tragen zukünftig 95 Prozent – eine Erhöhung von 90 auf 100 Prozent wurde also nicht erreicht – der zuschussfähigen Kosten der Hospizeinrichtungen. Wir wollen den ehrenamtlichen Ansatz, den es seit Cicely Saunders gibt, die diese Bewegung in Gang gesetzt hat, unbedingt aufrechterhalten. Diese Bewegung lebt davon.
Ganz wichtig ist, dass auch im ambulanten Bereich die Zuschüsse für die unterschiedlichen Ansätze, die es dort gibt, erhöht werden. Es gibt daneben regionale Besonderheiten, zum Beispiel in den ländlichen Regionen, wo mehr Fahrtkosten anfallen. Und auch die Trauerbegleitung, die jetzt endlich besser finanziert werden kann, ist erwähnt worden. Dies alles macht deutlich, dass wir die Ehrenamtlichen im Blick haben, denen man gar nicht oft genug danken kann.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt einen kleinen Punkt, an dem ich dem Kollegen Hüppe widerspreche: Der Gesetzentwurf enthält in der Tat viele Berichtspflichten. Ich halte sie aber für sinnvoll, weil sie uns – sie sind an verschiedenen Stellen installiert – ein Gesamtbild von der Versorgung geben können, und das ist gerade auch mit Blick auf weiße Flecken sehr wichtig.
(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD] – Sabine Weiss (Wesel I) [CDU/CSU]: Genau! Das hat er auch gesagt!)
Ein weiteres Element – es ist nicht so spektakulär, aber hochwichtig – ist die gesundheitliche Versorgungsplanung. Die Heime und die Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen müssen hier mit den Ärzten zusammenkommen und sich Gedanken über die Versorgung in der nächsten Zeit machen. Das ist aufgrund der notwendigen Kooperation, aber auch deswegen, weil diese Leistungen aus dem SGB V bezahlt werden, ein ganz wichtiger Punkt.
Wir sind froh – das war im ursprünglichen Gesetzentwurf nicht enthalten –, dass wir nun die multiprofessionellen Teams in die Krankenhäuser bringen können. Ich darf sagen: Das ist für die SPD ein ganz zentraler Punkt. Daneben gibt es mehr Bewegung bei Verträgen mit niedergelassenen Ärzten und Palliativmedizinern. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Netzwerke zu schaffen. Das alles sind Elemente, die Bewegung und Entwicklung in diesen Bereich bringen werden.
Von daher kann man zusammenfassend sagen: Wir sind nicht am Ende, aber wir haben mit diesem Gesetzentwurf ganz wichtige Bausteine zum Wohle derjenigen definiert, die sich auf der letzten Wegstrecke des Lebens befinden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Heiko Schmelzle ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6098742 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Hospiz- und Palliativversorgung |