05.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 133 / Tagesordnungspunkt 4

Ernst Dieter RossmannSPD - Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Gohlke hat am Anfang eingefordert, dass hier doch einmal jemand sagen sollte, man habe sich geirrt. Ja, Frau Gohlke, viele in diesem Parlament sagen: Wir sind lernfähig.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das ist gut!)

Ausgangspunkt der ganzen Entwicklung ist ja die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes 2002, das die SPD zusammen mit den Grünen gemacht hat, bis hin zur Großen Koalition von CDU/CSU und SPD im Jahr 2007. Und wir haben dabei dazugelernt. Eine Frage an die Linken: Wann sagen die Linken eigentlich mal, dass sie lernfähig sind?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: In dieser Frage haben wir uns gar nichts vorzuwerfen!)

Das wäre ein Moment, den wir in diesem Parlament gerne erleben würden.

Das könnte man auch auf ihre grundsätzliche Haltung beziehen: Als Frau Gohlke sprach, wusste ich gar nicht, ob sie noch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Auge hat; gleichzeitig will Herr Lenkert dieses Gesetz novellieren und verbessern.

Man muss bei Ihnen fragen, ob Sie den besonderen Sachverhalt von Wissenschaft als Berufsperspektive, aber auch das Arbeiten in der Wissenschaft als Kompetenzperspektive auch für Tätigkeiten außerhalb von Wissenschaft so verinnerlicht haben, um zu wissen, dass dies eine besondere Situation im Arbeitsrecht bedeutet.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Ich ziehe vielleicht andere Schlüsse daraus als Sie!)

Diese Lernfähigkeit möchten wir Ihnen gerne wünschen, so wie wir sie insgesamt im Parlament haben.

Das Zweite. Ja, wir sind auch kompromissfähig. Man muss gar keinen Hehl daraus machen, dass der Weg, den der Koalitionspartner seit 2013 gegangen ist, ein längerer Weg ist als der, den die SPD gehen musste; denn wir haben bereits in der letzten Legislaturperiode hierzu einen Gesetzentwurf zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes eingebracht. Aber will man denn jemanden schelten, wenn er in kürzerer Zeit einen weiteren Weg zurücklegt? Nein, das tun wir nicht. Wir erkennen dies ausdrücklich an.

(Beifall bei der SPD)

Wir möchten auch den Grünen eines gerne sagen, wenn Sie von dieser Koalition jetzt unbillige Kompromisse erwarten. Hierzu gab es neulich im Spiegel zwei schöne Sätze zu lesen: „Natürlich stehen wir alle für unsere Position ein. Aber jeder klar denkende Mensch weiß, dass eine Koalition auch Kompromisse erfordert.“ Das sagte Frau Göring-Eckardt in der Auseinandersetzung mit Frau Wagenknecht. Wahre Worte!

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist es ja super, dass sich die Union bewegt hat!)

Das, was wir hier vorlegen, ist ein guter Kompromiss, ein richtig guter politischer Kompromiss.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Keine Seite macht Abstriche von ihren Haltungen, aber man findet in verschiedenen Haltungen zu einem guten Ergebnis.

Das Dritte. Dies ist nicht nur ein Ergebnis des Gesetzgebers; dies ist ein Ergebnis eines Prozesses. Ich möchte ausdrücklich sagen: Wir haben zusammen erkannt, dass Gesetze nicht alles sind. Aber ein Gesetz gehört im Zweifelsfall mit dazu. Wenn es schon heißt: „Gesetze sind nicht alles“, dann lassen Sie uns doch zumindest anerkennen, was sich in den Hochschulen und bei den Forschungsorganisationen alles bereits aufgebaut hat.

An dieser Stelle noch einmal den ausdrücklichen Dank, wie es auch Frau Gohlke am Anfang schon gemacht hat, an die GEW, an Verdi, an die Betriebsräte und andere, die nicht nachgelassen haben in ihrer Aufklärung und Kritik

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und die jetzt immer wieder die besten Lösungen zusammen mit den Arbeitgebern und den Institutionen einfordern und auch umzusetzen haben. Uns ist das mit dem Umsetzen sehr wichtig; denn das Gesetz, das wir jetzt machen, braucht auch eine konstruktive Begleitung und Umsetzung in den Hochschulen, in den einzelnen Forschungsorganisationen. Dazu macht dieses Gesetz auch Mut, weil es nämlich einen anderen Rahmen setzt, in dem man besser umsetzen kann.

Vierter Punkt. Manchmal, wenn man an der Basis erklären soll: „Was macht ihr da eigentlich?“, nun auch noch bezogen auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, wünschte ich mir die einfachen, klaren Sätze, mit denen auch andere Menschen nachvollziehen können, dass wir hier zu Verbesserungen kommen wollen.

Ein solcher einfacher Satz ist, dass Qualifikation Zeit braucht. Die muss man dann auch zugesichert bekommen, und das geschieht durch dieses Gesetz.

Ein weiterer einfacher Satz ist, dass Drittmittel eine gewisse Zeitdauer haben. Aber die muss dann nicht noch zerstückelt werden, wenn es bei Drittmitteln diese Zeit gibt. Herr Lenkert, man darf Gesetzentwürfe auch lesen. Sie haben hier unterstellt, dass sich die Bindung an die Drittmittel, an die Projekte nach Haushaltsjahren immer wieder begrenzen würde. Das ist aber im Gesetzesverfahren ausdrücklich abgelehnt worden. Es ist ausdrücklich erklärt worden, dass das nicht so laufen soll.

Herr Rossmann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lenkert zu?

Ich habe ohnehin so wenig Redezeit. – Das Nächste, was ich als sinnfällig ansprechen möchte, ist: Da, wo etwas verschieden ist, muss es auch unterschiedlich behandelt werden. Eine wissenschaftliche Tätigkeit ist etwas anderes als eine nichtwissenschaftliche Tätigkeit, die auf Dauer angelegt sein kann. Deshalb ist es gut, wenn nichtwissenschaftliche Tätigkeiten herausgenommen wurden.

Die Grünen müssten die Frage beantworten, ob sie die Rechtssicherheit für das nichtwissenschaftliche Personal verstärken wollen, auch in Richtung von mehr Dauerstellen, oder ob sie diese Beschäftigten in dieser Unsicherheit und prekären Situation lassen wollen. Wir glauben, da ist die grüne Kollegin aus Baden-Württemberg nach den Erfahrungen, die wir damit haben, leider auf dem Holzweg.

(Beifall bei der SPD)

Und schließlich: Es ist auch sehr gut – Frau Dinges-Dierig, Sie haben darauf hingewiesen –, wenn man die Verschiedenheiten, unter denen Menschen wissenschaftliche Arbeit machen, mitberücksichtigen kann, etwa Erziehung, Pflege, aber auch persönliche Betroffenheit von Behinderung.

Insofern: Das sind vier einfache Sachverhalte in einem komplizierten Gesetz. Aber wenn wir Mut machen wollen, dann müssen wir versuchen, das Ganze von den einfachen Sachverhalten her zu begründen und zu entwickeln.

Meine Schlussbemerkung. Frau Dinges-Dierig, ich habe nicht ganz verstanden, weshalb Sie gesagt haben, dies sei nur ein ganz kleiner Beitrag. Ich glaube, das ist schon mehr als ein kleiner Beitrag.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein wichtiges, ein großes Signal an die 800 000 beschäftigten Menschen in Wissenschaft oder im Umfeld der Wissenschaft, weil dies zeigt, dass ihre Erfahrung, ihre Sorgen im Parlament ernst genommen werden. Das Parlament setzt einen Rahmen, in dem sie selbst das Ganze dann handlungsmächtig ausgestalten können.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Machen wir uns nicht selber klein bei dem, was in dieser Großen Koalition jetzt verbessert wird als Signal in gute Wissenschaft, in gute Arbeit hinein. Das sollten wir uns auch selber zugestehen. Wir bewegen hier wirklich etwas Gutes. Es ist etwas Gutes und damit auch etwas Großes.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Als nächste Rednerin hat Katrin Albsteiger von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6100895
Wahlperiode 18
Sitzung 133
Tagesordnungspunkt Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
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