Katrin AlbsteigerCDU/CSU - Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zum Ende der heutigen Debatte lautet mein Fazit: Einerseits hat das Thema wissenschaftlicher Nachwuchs bei uns im Parlament und insbesondere in der Großen Koalition einen enorm wichtigen Stellenwert. Das ist gut. Wir stehen zu unserem wissenschaftlichen Nachwuchs, und das sieht man nicht nur an der prominenten Debattenzeit, sondern das zeigen auch die geleisteten Redebeiträge.
Andererseits stelle ich aber auch fest, dass gerade das Thema Vergangenheitsbewältigung – ich darf hinzufügen: einseitige Vergangenheitsbewältigung – einen sehr großen Stellenwert in dieser Debatte hatte. Ich persönlich wäre eher dafür, dass wir über die Zukunft sprechen, nämlich darüber, was durch diese Gesetzesnovellierung alles möglich wird. Es gibt nämlich viel Positives, und mein Teil der Vergangenheitsbewältigung wird sich in dieser Rede ausschließlich auf die vergangenen anderthalb Stunden beziehen. Denn da wurde ja schon vieles gesagt.
Tatsächlich ist es beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz so – wen wundert es –: Durch die Befristungstatbestände ist Fluktuation im Wissenschaftsbereich selbstverständlich möglich. Das mag vielleicht für den einen oder anderen, der sich mit Wissenschaftspolitik beschäftigt hat, erst einmal komisch wirken oder vielleicht auch auf Ablehnung stoßen. Aber gerade in diesem Bereich ist die Fluktuation enorm wichtig. Warum ist das so? Nehmen wir nur einmal den Bereich der Promotion: Es ist logisch, dass die Promotionsstellen irgendwann – ich formuliere es einmal so – frei werden müssen: für die nächste Generation. Es kann ja nicht sein, dass ewig promoviert wird. Es ist doch völlig logisch, dass ein Rahmen vorgegeben wird, in dem auch wissenschaftlich gearbeitet werden und eine Promotion sinnvollerweise abgeschlossen werden kann.
Im Übrigen gilt – Patricia Lips hat es schon erwähnt –: Neue Ideen, neue Ansätze, neue Methoden kommen nur durch eine solche Fluktuation zustande. Dynamik, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, Leistungsfähigkeit: Das alles brauchen wir in der globalisierten Welt. Wir stehen in Konkurrenz mit Wissenschaftlern in anderen Ländern und deren wissenschaftlichem Nachwuchs.
Natürlich ist Mobilität wichtig. Das ist gar keine Frage. So soll es auch weitergehen. Auch da haben wir in den letzten Jahren einiges getan. Aber selbstverständlich müssen wir auch in unserem Wissenschaftsbereich Möglichkeiten schaffen, damit sich die neuen Ideen und die Dynamik entfalten können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Leider – auch das ist heute klar geworden – fällt die Bilanz, was sich durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz in den letzten Jahren alles getan hat, nicht nur positiv aus. Die extrem kurzen Befristungen – ich glaube, darin sind wir uns einig – sind uns allen ein Dorn im Auge. Aber auch sie – das wurde ebenfalls schon angesprochen – machen an der einen oder anderen Stelle Sinn. Es macht keinen Sinn, eine Befristung auf 24 Monate zu fixieren, wenn zum Beispiel eine Situation entsteht, dass jemand nur eine Verlängerung von drei Wochen braucht, um seine Promotion abzuschließen, oder wenn jemand nur eine Überbrückung haben möchte, bis er ins Ausland geht. Dann ist die Befristung von beiden Seiten gewollt. Alles zu verteufeln, was mit kurzen Befristungen zu tun hat, wäre an der Stelle falsch.
Aber wir haben auf jeden Fall die Problematik erkannt. Deswegen konzentrieren wir uns jetzt bei der Novellierung auf den Grundgedanken des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, nämlich die Ermöglichung der wissenschaftlichen Qualifikation.
Trotzdem müssen wir uns darüber klar sein: Alles wird das Gesetz nicht regeln können. Wir können einfach nicht alles in dieses Gesetz packen. Es muss auch noch andere Instrumente geben, Instrumente, an denen wir arbeiten und schon gearbeitet haben. Es ist schon einiges passiert.
Es ist nicht nur Aufgabe des Bundes. Auch das ist bereits gesagt worden. Wir alle haben eine Verantwortung gegenüber unserem wissenschaftlichen Nachwuchs, und wir sind es ihm auch schuldig. Was die Hochschulen oder auch die außeruniversitären Einrichtungen angeht, ist schon einiges passiert. Wenn man sieht, welches Bewusstsein inzwischen geschaffen worden ist – nicht durch starre Gesetze, sondern allein durch Debattieren, durch Bewusstseinsschaffung und -erweiterung und auch durch die Erfahrungen in diesem Bereich –, dann kann man durchaus sagen, dass bereits einiges passiert ist, und es kann auch noch einiges passieren. Personalmanagement, Laufbahnberatung, Talentpflege und das Aufzeigen von Karriereperspektiven – um nur einige Stichworte zu nennen –: All das ist in den Hochschulen und den Wissenschaftseinrichtungen möglich. Die wissenschaftliche Qualität und die Qualifikation in hoher Qualität können nur gelingen – auch das ist wichtig –, wenn Betreuung stattfindet und auf die Bedürfnisse der Nachwuchswissenschaftler eingegangen wird, und zwar nicht nur in der Promotionsphase, der Phase der Weiterqualifizierung und bei den Post-Docs, sondern auch deutlich früher. Auch in den Bereichen des Bachelor- und des Masterabschlusses sind Qualität und Beratung auf jeden Fall notwendig.
Ich komme nun auf die Länder zu sprechen. Auch diese haben ihren Beitrag zu leisten; das ist richtig. Keiner kann etwas dagegen haben – auch nicht in Baden-Württemberg –, wenn die Grundfinanzierung erhöht wird. Die zusätzlichen Mittel können beispielsweise dem Mittelbau im wissenschaftlichen Nachwuchsbereich zur Verfügung gestellt werden; das ist wunderbar. Wir wären die Letzten, die das kritisieren würden. Aber mir geht echt der Hut hoch, wenn ich daran denke, dass die Opposition oft gar nicht anerkennt, was wir alles in den vergangenen zehn Jahren für den wissenschaftlichen Nachwuchs getan haben; es ist so viel passiert. Ich erinnere an den Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative, den Pakt für Forschung und Innovation sowie die bereitgestellten BAföG-Mittel. Angesichts dessen ist es, ehrlich gesagt, schon eine Frechheit, zu behaupten, der Bund würde sich hier komplett heraushalten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat dummerweise niemand getan! Bauen Sie doch keinen Popanz auf!)
Wie ich sehe, bin ich leider, leider am Ende meiner Redezeit und muss daher Schluss machen. Wir sind auf einem enorm wichtigen und richtigen Weg. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, dass dies der richtige Weg gewesen ist.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6100896 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes |