Christian HaaseCDU/CSU - Nachtragshaushaltsgesetz, Entlastung der Kommunen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute ja auch über Anträge, in denen es um die Kommunen geht. Städte, Gemeinden und Kreise sind für Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die Orte, die ihre Lebensqualität bestimmen. Kommunen sorgen für gute Schulen, intakte Straßen, Kindertagesstätten, Mobilität und Nahversorgung. Sie tragen zur sozialen Sicherheit und zu sozialem Frieden bei. Sie sorgen durch Initiativen beim Umbau der Energiewelt, der Abfall- und Abwasserversorgung oder dem Ausbau der digitalen Infrastruktur für die Zukunftsfähigkeit unserer Regionen.
Meine Damen und Herren, Kommunen werden zu Recht als Keimzelle der Demokratie bezeichnet. Ehrenamtliches Engagement findet auf der lokalen Ebene statt. Und Tausende Haupt- und Ehrenamtliche engagieren sich in den Gremien für ihre Stadt. Doch wir spüren, dass die Motivation, sich für ein kommunales Amt zur Verfügung zu stellen, schwindet. Mangelnde finanzielle Spielräume und immer stärker einengende rechtliche Rahmenbedingungen fördern nicht das Bewusstsein, Verantwortung zu übernehmen. Hier sind besonders die Länder gefordert, die Attraktivität der kommunalen Ebene nicht zu gefährden.
Spiegelbildlich zeigt sich das bei der Wahlbeteiligung. Beispiel Köln: ein von allen Seiten engagiert geführter Wahlkampf um das Oberbürgermeisteramt. Eine Richtungsentscheidung stand an. Politische Paukenschläge im Vorfeld fanden ihren traurigen Höhepunkt in dem Anschlag auf Henriette Reker, der ich von hier aus gratuliere. Ihr wünsche ich, sicherlich auch in Ihrem Namen, gute Besserung.
(Beifall im ganzen Hause)
Aber trotz des Anschlags auf die Demokratie und des Aufrufs zum Aufstand der Anständigen gingen nur 40 Prozent der Berechtigten zur Wahl. Bei vielen Bürgermeister- und Landratswahlen sah es noch viel schlechter aus. Ich fordere daher alle Landesparlamente auf, sich hierüber Gedanken zu machen. Den überfraktionellen Antrag, der in NRW zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt gestellt wurde, begrüße ich daher ausdrücklich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz der originären Zuständigkeit der Länder für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen ist sich der Bund seiner Verantwortung für die Kommunen bewusst, um gleichwertige Lebensverhältnisse in unserem Land zu fördern. Wir helfen daher, die Investitionskraft der Kommunen zu stärken, um den enormen Investitionsstau zu mildern, und setzen bei der finanziellen Unterstützung bewusst bei den Sozialkosten an. Dabei setzen wir nicht auf Gleichmacherei, sondern auf Chancengleichheit.
Bei allen finanziellen Unterschieden in der kommunalen Familie gibt es aber ein Thema, das alle gleich stark belastet: die Betreuung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen. Die Zahl der Armutsflüchtlinge, Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber hat sich in diesem Jahr explosionsartig entwickelt – in einem Umfang, den niemand vorhersehen konnte. Selbst wenn alle beschlossenen und eingeleiteten nationalen, europäischen und internationalen Initiativen erfolgreich wirken, müssen wir, wenn sich nicht noch mehr ändert, in der nächsten Zukunft mit anhaltend hohen Flüchtlingszahlen rechnen. Das ist ein Fakt.
Klar ist auch: Je mehr Flüchtlinge kommen, umso schwieriger und langsamer wird sich der Integrationsprozess gestalten. Denn eine schnelle Integration der bereits in Deutschland lebenden und der neu ankommenden Flüchtlinge setzt voraus, dass der Zustrom rasch und spürbar begrenzt wird. Man kann die Ressourcen, wenn sie denn überhaupt im Augenblick noch vorhanden sind, nur einmal einsetzen.
Mein Dank gilt daher zunächst einmal den Bürgermeistern, den Mitarbeitern in den Stadtverwaltungen, den Hilfskräften und den unzähligen ehrenamtlichen Helfern für ihre Arbeit. Wir packen gemeinsam an. Wir leisten humanitäre Hilfe in Not. Das ist Deutschland. Wir sind ein weltoffenes und attraktives Land, auf das wir stolz sein können.
Wir sind uns sicherlich einig: Der Hauptdruck liegt augenblicklich bei den Kommunen und ehrenamtlichen Helfern. Weil zurzeit zu viele Menschen auf einmal kommen, Asylverfahren deshalb noch zu lange dauern und Abschiebungen schwierig sind und dazu oft auch der politische Wille fehlt, steigt dieser Druck auf die Kommunen trotz großer Bereitschaft unaufhörlich.
Ich will trotz aller organisatorischen Probleme allen Bürgermeistern Mut machen, sich an die Spitze der Integrationsbewegung für die Schutzbedürftigen zu stellen. Wir müssen – da will ich den Bürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold, zitieren – die Menschen mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten sehen. Wir müssen zur Lösung dieser Herausforderung aber die Schlagzahl innen- und außenpolitisch erhöhen. Wir müssen Umsetzungsdefizite beseitigen. Das Familien-, das Arbeits- und das Bauministerium bitte ich, mit den Ländern die Integrationsaufgabe intensiver in den Blick zu nehmen.
Wir brauchen nicht nur Ideen, Beschlüsse und Absichtserklärungen, sondern vor allen Dingen spürbare Erfolge. Die Flüchtlingszahlen müssen kurzfristig sinken, und Abschiebungen müssen umgesetzt werden. Ich sage auch: Wir brauchen etwas mehr Ordnung im System. Gemeinsam müssen Bund und Länder daran arbeiten, dass Kommunen und ehrenamtliche Helfer Zuversicht und Mut behalten.
Unser Land war immer dann am stärksten, wenn die Herausforderung am größten war. Ich erwarte vom Gipfel ein starkes Signal für die Kommunen.
Schönen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat der Kollege Bernhard Daldrup für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6101294 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Nachtragshaushaltsgesetz, Entlastung der Kommunen |