Marina KermerSPD - Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer intensiven und gestaltungsreichen Verhandlungszeit liegt heute der Entwurf eines Krankenhausstrukturgesetzes auf dem Tisch. Das ist ein Grund, Danke zu sagen. Ich sage Danke für die sachliche, zielorientierte und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Ihnen, Herr Bundesminister Gröhe, mit Ihnen, Frau Staatssekretärin Widmann-Mauz, und mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition.
Unser Gesundheitssystem steht auf einem bewährten und guten Fundament. Um bildlich zu sprechen: Das Fundament hält. Das Haus, das darauf steht, wackelt; es entspricht nicht mehr den Standards. Die Betriebskosten sind hoch. – Wir sind an einem Punkt angekommen, wo die Entscheidung zu treffen ist, Jahr für Jahr immer höhere Kosten zu tragen oder einmal so zu investieren, dass unser Haus modernisiert und damit zukunftssicher wird.
Mit dem Krankenhausstrukturgesetz werden wir in eine zukunftsfeste Krankenhausversorgung investieren, ebenso in zukunftssichere Strukturen, auch in den ländlichen Regionen. Wir werden den Pflegenotstand beheben, und zwar – ich wiederhole es gern – mit dem Pflegestellen-Förderprogramm in Höhe von insgesamt 660 Millionen Euro, einem Pflegezuschlag in Höhe von 500 Millionen Euro jährlich ab 2017 und einem Infrastrukturfonds. Mit dem Mehr an Pflegepersonal in den Krankenhäusern wird die Versorgungsqualität am Bett steigen und den Patientinnen und Patienten zugutekommen. Das sind die großen Stellschrauben. Hinzu kommen zur Feinjustierung noch viele kleinere Stellschrauben wie die Verbesserungen beim Sicherstellungszuschlag oder bei der Notfallversorgung. Wir stimulieren Qualitätsverbesserung durch Qualitätszu- und -abschläge. Außerdem dämmen wir Wildwuchs bei Mengenentwicklungen ein.
Im Zentrum unserer Planungen stehen dabei immer die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten. Ihre Interessen zu stärken und zu verbessern, ist zentrales Anliegen unseres Gesetzes; denn die Menschen vertrauen darauf, dass sie heute und in Zukunft erreichbare und bestmögliche medizinische Versorgung in unseren Krankenhäusern bekommen. Deshalb erfährt die Qualität als gleichberechtigtes Kriterium für die Krankenhausplanung eine Aufwertung und spielt zukünftig eine bedeutende Rolle.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Werden die Leistungen durch ein Krankenhaus qualitativ nicht oder nicht ausreichend erbracht, hat das Konsequenzen: Das betroffene Krankenhaus bleibt nicht im Krankenhausplan.
Wir haben uns auf die zu erwartenden Rahmenbedingungen vorausschauend eingestellt.
Insgesamt steigt der Anspruch an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten werden vielfältiger und komplizierter. Die Patientinnen und Patienten werden älter und damit anfälliger für eine Häufung von zeitgleichen Erkrankungen.
Deshalb sagen wir Ja zu einer flächendeckenden Grundversorgung und Nein zum Beispiel zu Hirnchirurgie in jedem Kreiskrankenhaus. Dafür ist weder Fachpersonal ausreichend verfügbar, noch gibt es in der Fläche genügend Fälle, um ausreichend Erfahrungen zu sammeln und damit Qualität zu sichern.
Genau darum zögern wir nicht, das Instrument der Mindestmengen im Interesse der Qualitätssicherung für unsere Patientinnen und Patienten strenger als bisher anzuwenden. Wenn ein Krankenhaus zukünftig dagegen verstößt, werden die Behandlungskosten nicht mehr erstattet.
Allerdings bedeuten viele Operationen nicht automatisch bessere Qualität. Es darf nicht sein, dass den Patientinnen und Patienten neue Gelenke nur der Gelenke wegen eingesetzt werden. Eine Operation darf nur dann erfolgen, wenn sie medizinisch notwendig ist, und nicht, weil eine Krankenhausbilanz ausgeglichen werden muss.
Wir alle wollen nicht, dass Ärztinnen und Ärzte derartigen Fehlsteuerungen und einem Fallzahlenleistungsdruck ausgesetzt sind.
Wir alle wollen nicht, dass Patientinnen und Patienten zu Geldautomaten werden.
Apropos Geld. Ja, Herr Dr. Terpe, ein Problem können wir mit dem Krankenhausstrukturgesetz nicht lösen; denn das liegt nicht in der Hand des Bundes.
(Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)
Die Länder kommen ihren Zahlungsverpflichtungen an die Krankenhäuser nicht ausreichend nach; das haben wir gehört.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können sie nicht!)
Wir wissen, dass in fast allen Bundesländern die Finanzdecke dünn ist. Trotzdem darf man die Zukunft der stationären Versorgung nicht aus dem Blick verlieren. Der Bund stellt dafür mit dem Infrastrukturfonds – er wurde heute schon mehrfach erwähnt – 500 Millionen Euro zur Verfügung. Wenn also strukturelle Veränderungen nötig sind und die Länder Akutpflegeabteilungen umwandeln wollen, müssen sie nicht die gesamten Kosten tragen, sondern die Mittel nur zur Hälfte gegenfinanzieren. Die Länder werden unter Beweis stellen müssen, dass sie ihrem Gestaltungsauftrag auch nachkommen.
Wir beraten in dieser Woche nicht nur das Krankenhausstrukturgesetz. Heute haben wir bereits das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung beschlossen, und morgen stehen die Regelungen zur Sterbebegleitung auf der Tagesordnung. Wie auch immer die Patientinnen und Patienten ihre persönliche Entscheidung für die letzten Lebenstage fällen: Wir wollen dafür sorgen, dass das Leben dort zu Ende gehen kann, wo die Menschen es wollen – auf der Palliativstation im Krankenhaus, im Hospiz oder zu Hause.
Nicht alle Regionen in Deutschland werden umstrukturieren müssen, aber die, die Bedarf haben, bekommen die Infrastrukturförderung. Und niemand braucht Sorge zu haben, dass nötige Krankenhausbetten abgebaut werden.
Zusätzlich zu den drei bereits genannten wichtigen Unterstützungsmaßnahmen wird eine Expertenkommission eingesetzt; darauf wurde schon Bezug genommen.
Gute Pflege meint nicht nur gut ausgebildete Fachkräfte, sondern Pflegerinnen und Pfleger, die ihren Beruf aus Überzeugung für die Arbeit am Menschen ausüben. An der fachlichen Qualifikation besteht auch jetzt kein Zweifel, aber es fehlt an der notwendigen Zeit für Zuwendung in der Krankenpflege. Genau deshalb kommt der Pflegezuschlag vor allem den Krankenhäusern anteilig zugute, die bereits heute nicht am Pflegepersonal sparen, sowie den pflegeintensiven Bereichen wie Kinderstationen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir wollen zukünftig Engpässe bei der pflegerischen Versorgung verhindern. Das ist zentrale Aufgabe der Expertenkommission.
Ich komme zum Schluss. Mehr Geld für Pflegepersonal, Hilfe für die notwendigen Strukturanpassungen in den Ländern, Stärkung der Qualität und mehr Transparenz für die Patientinnen und Patienten und die Weiterführung des Hygiene-Förderprogramms sind die zentralen Punkte unseres Gesetzes.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Super!)
Unser Gesetzentwurf beruht auf einem breiten Konsens der Ländervertreterinnen und ‑vertreter, der Gewerkschaften und der Krankenhausvertretungen. All jenen, die an unserem Kompromiss mitgearbeitet haben, danke ich für die Unterstützung. Ebenso danke ich für die Kritik der Kolleginnen und Kollegen aus den Reihen der Opposition. Beides zusammen macht dieses gute Gesetz erst möglich. Ich lade Sie daher ein: Stimmen Sie dem Gesetz allumfassend zu!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Als letztem Redner in der Aussprache erteile ich das Wort dem Abgeordneten Lothar Riebsamen, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6101878 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung |