05.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 133 / Tagesordnungspunkt 11

Hermann FärberCDU/CSU - Änderung agrarmarktrechtlicher Bestimmungen

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Warten Sie noch ganz kurz, Herr Kollege. – Ich bitte Sie, jetzt ein bisschen Rücksicht zu nehmen. Diejenigen, die sich noch unterhalten möchten, tun das bitte außerhalb des Saales. Denn der Kollege Färber hat es verdient, dass wir ihm zuhören. – Danke schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf zur Umsetzung des neuen Agrarmarktrechts der Europäischen Union. Die von der EU beschlossene Verordnung zur gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte umfasst insgesamt 183 Seiten des EU-Amtsblattes. Sie besteht aus 207 Erwägungsgründen, 232 Artikeln und 14 Anhängen. Dazu kommen noch zahlreiche Durchführungsverordnungen und delegierte Rechtsakte. Meine Damen und Herren, Sie sehen: Entbürokratisierung bei der europäischen Agrarpolitik ist und bleibt dringend notwendig.

Aber nun zum Inhalt: Die Reform der gemeinsamen Marktordnung geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass in einem globalisierten Markt, wie wir ihn haben, direkte Interventionsmechanismen wie staatliche Mengenregulierung nicht zufriedenstellend funktionieren. Sie mussten auch in der Vergangenheit immer wieder geändert und nachjustiert werden, und letztlich waren diese staatlichen Regelungen immer zu langsam oder nicht spezifisch genug, oder es wurde das eigentliche Ziel durch politische Kompromisse am Ende verfehlt.

Die Milchmengenregelung ist nur ein Beispiel dafür: Trotz mehr als 40 Änderungsverordnungen in 30 Jahren wurde nie das erreicht, was man sich zuvor davon erhofft hatte. Deshalb gilt grundsätzlich auch für Lebensmittel: In normalen Zeiten ist der Markt der beste Mechanismus zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Diese Orientierung am Markt ist richtig und wichtig. Trotzdem muss die Politik im Fall von Marktstörungen noch Möglichkeiten zum Eingreifen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das setzen wir heute um. Es gibt Marktstörungen, die nicht auf Überproduktion oder normalem Nachfragerückgang beruhen. Im Gesetzentwurf sind solche Fälle ausdrücklich genannt. Es handelt sich zum Beispiel um Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung von Tierseuchen oder Marktstörungen, die auf einem akuten Vertrauensverlust bei den Verbrauchern infolge von Risiken für die menschliche, tierische oder pflanzliche Gesundheit zurückzuführen sind. Wir alle kennen solche Fälle der Berichterstattung über Risiken, zum Beispiel über EHEC-Bakterien bei Biosprossen oder vermeintliche Risiken wie Dioxinfunde in Eiern. In den Medien wird von einem Einzelfall berichtet. Der Verbraucher verallgemeinert dies, und die gesamte Branche kann ihre Produkte über einen gewissen Zeitraum hinweg nahezu gar nicht mehr verkaufen, und das, obwohl die weit überwiegende Zahl der Erzeuger überhaupt nicht von dem konkreten Problem betroffen ist. Ein anderer Fall, bei dem die EU-Kommission schon tätig geworden ist, sind die russischen Sanktionen im Agrarsektor. Auch hier liegt eine Marktstörung vor.

Dass Politik in solchen Fällen reagieren kann, ist aus zwei Gründen wichtig. Zum einen ist jedem klar: Die Versorgung mit Lebensmitteln muss auf jeden Fall gesichert werden. Zwar ist es für unsere Wirtschaft auch schädlich, wenn etwa Zulieferteile für Autos nicht rechtzeitig geliefert werden können. Aber die Ernährung unserer Bevölkerung hat noch immer einen wesentlich höheren Stellenwert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aus diesem Grund sind hier Sicherheitsnetze für den Ausnahmefall unverzichtbar.

Die Landwirtschaft in Deutschland genügt den weltweit höchsten Standards, was Umweltschutz und Qualität der Lebensmittel angeht. Darum halten wir an unserem Leitbild der bäuerlichen Landwirtschaft fest, das getragen ist von den Landwirten und ihren Familien vor Ort. Das wollen wir dauerhaft sichern. Dazu benötigen wir politische Handlungsmöglichkeiten in Krisenfällen, auch zur Sicherung dieser von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung gewünschten bäuerlichen Struktur. Wir können diese Strukturen und das damit zusammenhängende Landschaftsbild nur dann erhalten, wenn die Produktion in unserem Land bleibt und nicht ins Ausland verlagert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein wichtiger Ansatz im Gesetz ist die Möglichkeit, dass in Krisenfällen nicht nur der Staat handeln darf, sondern auch Agrarerzeugerorganisationen Absprachen treffen dürfen. So können sie sich zum Beispiel auf Marktrücknahmen oder die kostenlose Verteilung der Produkte einigen und gemeinsame Absatzfördermaßnahmen oder Qualitätsanforderungen beschließen. Das Wichtigste ist: Dazu können sie zeitlich befristet vom Kartellverbot freigestellt werden. Diese Einbindung der direkt Betroffenen in die Problembewältigung ist nur zu begrüßen.

Die Unionsfraktion stimmt deshalb dem vorliegenden Gesetzentwurf zu, und wir bitten auch Sie um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt geben: abgegebene Stimmen 577. Mit Ja haben gestimmt 461, mit Nein 60, Enthaltungen 56. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Nächste Rednerin ist die Kollegin Karin Binder, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6102084
Wahlperiode 18
Sitzung 133
Tagesordnungspunkt Änderung agrarmarktrechtlicher Bestimmungen
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