05.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 133 / Tagesordnungspunkt 14

Dieter StierCDU/CSU - Artgerechte Tierhaltung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute wiederholt zwei Oppositionsanträge, nämlich erstens den Antrag der Linksfraktion vom 24. Juni 2014 und zweitens den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 14. Januar dieses Jahres, beide zur Zukunft der Tierhaltung in Deutschland.

Meine Damen und Herren, bevor ich näher auf diese beiden Anträge eingehe, will ich zu Beginn meines Redebeitrags abermals die Leistungen der Beschäftigten in der deutschen Landwirtschaft würdigen, insbesondere derer, die in der Tierhaltung 365 Tage im Jahr und ungeachtet der Frage, ob Werktag, Sonntag oder Feiertag ist, tätig sind und ihre Tiere versorgen, damit unsere Ernährungsgrundlage gesichert ist. Dafür will ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich will das insbesondere auch mit Blick auf die aktuelle Situation in Deutschland, in Europa und in der Welt tun, in der wir gegenwärtig vermehrt wahrnehmen, dass ein Leben in Frieden mit einem sicheren Dach über dem Kopf und ohne Hunger beileibe nicht überall selbstverständlich ist. Ich wünsche mir, dass wir uns das gelegentlich in Erinnerung rufen, wenn wir über Maß und Schnelligkeit der weiteren Verbesserung von Standards in unserem Land diskutieren, wie das heute wieder der Fall ist.

Ich möchte ebenfalls betonen, dass wir in unserem demokratischen Gemeinwesen selbstverständlich vieles fordern können, dabei aber immer auch die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Branche, über die wir reden, im Auge haben sollten.

In meinem Heimatland Sachsen-Anhalt lag die Bruttowertschöpfung im Jahr 2014 im Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft inklusive Fischerei je Erwerbstätigen bei 47 100 Euro – in Deutschland lag sie bei rund 30 600 Euro –; das entspricht 154 Prozent des Bundeswerts. Bei den Lohnkosten des primären Sektors ist dies ähnlich: Die Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmer lagen mit 26 114 Euro in meinem Heimatland über dem Bundeswert von 21 560 Euro, damit bei 121 Prozent des Bundeswerts. Ich nenne Ihnen diese Zahlen, damit Sie sehen, warum es mir nicht leichtfällt, Anträgen zur Veränderung von Betriebsstrukturen schnell und ohne kritische Reflexion zu folgen.

Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Linken, fordern die Einführung von regionalen Bestandsobergrenzen. Festzustellen ist hier zunächst, dass die Konzentration der Tierhaltung und damit auch die Erhöhung der Tierdichte pro Hektar, insbesondere in der Veredlung, in Deutschland kein flächendeckendes, sondern ein eher regionales Phänomen ist. Deshalb kann eine bundeseinheitliche Regelung nach meinem Dafürhalten nicht Ziel sein, sondern die Dinge sind nach meiner Meinung durch verantwortungsvolle Wahrnehmung des Planungsrechts vor Ort zu entscheiden.

Nicht die Größe der Bestände ist entscheidend, sondern die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter, das Management der Anlage und die Situation vor Ort. Auch große Tierbestände sind für professionelle Betriebsinhaber tierschutzgerecht handhabbar und von ihnen zu meistern. Kontrollergebnisse belegen immer wieder, dass aufgefundene Mängel in keinem Zusammenhang mit der Bestandsgröße stehen.

Der Antrag ist auch deshalb entbehrlich, weil die Bundesregierung mit der Novelle zum Baugesetzbuch bereits einen wirkungsvollen Beitrag zur Stärkung der flächengebundenen Tierhaltung geleistet hat.

Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, fordern eine Abschaffung der Privilegierung im Außenbereich für Tierhaltungsanlagen sowie eine strikte Flächenbindung: zwei Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche. Ich stelle Ihnen die Frage: Wenn Sie Tierhaltung im Außenbereich einer kommunalen Bebauung nicht mehr zulassen wollen, wo soll sie denn in unserem Land überhaupt noch hinpassen? Dann müssen Sie hier auch deutlich sagen, dass Sie die landwirtschaftliche Tierhaltung immer weiter einschränken wollen. Das unterscheidet uns; denn das wollen wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht.

Ich spreche mich ebenfalls zum wiederholten Mal und deutlich gegen eine Ausweitung des im Antrag der Linken geforderten Verbandsklagerechts aus. Es ist nicht zielführend. Vielmehr glaube ich, dass die Behörden in unserem Land aufgrund der geltenden Gesetze durchaus in der Lage sind, verantwortungsvoll zu entscheiden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gleichwohl sind wir uns alle einig, dass wir für die gesellschaftliche Akzeptanz der Tierhaltung weitere Verbesserungen erreichen wollen und das auch können. Die Große Koalition arbeitet engagiert an der Erreichung dieses Ziels. Ich erinnere daran, dass wir in den Agrarhaushalt beträchtliche Summen für die Tierschutzforschung eingestellt haben. Ich erinnere an die Tierwohl-Initiative von Bundesminister Christian Schmidt. Ich bedanke mich, Herr Staatssekretär, auch bei der Bundesregierung für die engagierte Zusammenarbeit. Davon, dass verbindliche Freiwilligkeit, die ja manchmal auch kritisiert wird, durchaus funktioniert, konnten wir uns erst heute Morgen beim Parlamentarischen Frühstück – viele von Ihnen waren dabei – beim Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft überzeugen. Die Geflügel-Charta 2015 ist in Kraft – freiwillig und durch Selbstverpflichtung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, leider erlaubt mir die vorgegebene Redezeit hier keine längeren Ausführungen. Ihre Anträge sind im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft ausführlich beraten worden. Dieser Ausschuss hat dem Hohen Haus die Ablehnung dieser beiden Anträge empfohlen. Ich darf Sie herzlich bitten, der Ausschussempfehlung Folge zu leisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt Dr. Kirsten Tackmann.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6102469
Wahlperiode 18
Sitzung 133
Tagesordnungspunkt Artgerechte Tierhaltung
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