05.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 133 / Tagesordnungspunkt 14

Johannes RöringCDU/CSU - Artgerechte Tierhaltung

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden Anträge der Opposition setzen im Grunde die Dauerkritik an deutschen Bauernfamilien fort.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alte Leier! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: So ein Unsinn! Das glauben Sie doch selber nicht! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geh doch mal in die Diskussion, dann kriegst du auch mal mit, was die Stimmung ist! Das sollte der Bauernpräsident auch einmal tun!)

Sie haben wieder die gleiche Platte mit Verbotsankündigungen aufgelegt.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du weißt gar nicht, was läuft! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist deine Platte!)

Wenn man heute mit Bauernfamilien spricht, dann wird man damit konfrontiert, dass die Dauerkritik die Bauernfamilien wesentlich stärker schmerzt als die desolate Marktsituation, die wir ohne Zweifel im Moment haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie mauern sich ja ein! Was ist das denn?)

Menschen, die sich tagtäglich um ihre Tiere kümmern, darf man nicht unter Dauerkritik stellen. Das muss aufhören.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch das Letzte!)

Frau Tackmann, ich war ein bisschen amüsiert, als Sie das Thema „Deckelung der Großmastanlagen“ angesprochen haben. Es ist, glaube ich, 26 Jahre her, da habe ich mir in den neuen Bundesländern die Tierhaltung angeschaut. Ich habe dort gelernt, dass Pflanze und Tier getrennt wurden, dass es sogenannte Kombinate Industrielle Mast gab.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist ein Fehler gewesen! Das ist doch klar! Das ist jetzt albern!)

Frau Tackmann, in einem Versammlungsraum stand an der Wand der Slogan „Ohne Gott und Sonnenschein fahren wir die Ernte ein“.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das sind Märchen, die Sie erzählen! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte mal an die Zukunft denken und nicht an die Vergangenheit! – Zuruf von der CDU/CSU: So war das!)

Das ist nicht unsere Vorstellung von Landwirtschaft der Zukunft. Das ist auch nicht die Realität in den neuen Bundesländern; denn dort hat sich viel getan, es gab viele Verbesserungen.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ich weiß! Da kenne ich mich besser aus als Sie!)

Deswegen bekennt sich die Union ganz klar zur Nutztierhaltung in Deutschland; denn wir wollen weiterhin Tiere in Deutschland halten und auch deren Verarbeitung zu wertvollen Lebensmitteln, zu Wurst, zu Fleisch und zu Convenience-Produkten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das sind doch alles Pappkameraden, die Sie hier aufstellen!)

Tierhalter produzieren gemeinsam mit der verarbeitenden Industrie Lebensmittel von höchsten Standards und bester Qualität. Aber wir wollen Gutes noch besser machen. Selbstverständlich ist die Landwirtschaft zu Verbesserungen bereit. Mehr Tierwohl gibt es aber nicht zum Nulltarif. Ich muss ganz deutlich sagen: Die deutsche Landwirtschaft hat wirklich verstanden. Sie liefert. Sie will mitmachen und die Tierhaltung in ihren Ställen verbessern. Zum Beispiel zeugt die große Zahl der Schweinehalter, aber auch der Geflügelhalter, die sagen: „Wir machen mit und wollen das verbessern“ – sie stehen quasi in der Warteposition; aber der deutsche Handel ist nicht in der Lage,

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Weil der seinen eigenen Gewinn nicht antastet!)

das Geld dafür beim Verbraucher wiederzuholen –,

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn der Verbraucher das erst gar nicht erkennen kann, wieso soll er dann mehr zahlen?)

davon, dass die Tierhalter in Deutschland in diese Richtung weitergehen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann alle nur wirklich bitten, unterstützend zu wirken, damit wir den ersten Schritt hinkriegen: Tierhalter, Verbraucher und diejenigen, die in Vermarktung und Lebensmittelhandel tätig sind, müssen daran denken, dass Tierwohl Geld kostet. Das müssen wir bedenken, wenn wir die Tierhaltung in Deutschland halten wollen.

Die Bundesregierung und wir als Gesetzgeber waren nicht untätig. Ich will ganz deutlich darauf hinweisen, dass die Veränderung des Baugesetzbuches in der letzten Legislaturperiode eine deutliche Wirkung zeigt: Die Kommunen haben mehr Mitspracherecht, und die Tierhaltung ist stärker an die Fläche gebunden als vorher. Ich will auch deutlich machen, dass die Verbringungsverordnung dafür gesorgt hat, dass die Nährstoffsituation mittlerweile lückenlos erfasst wird. Dabei geht es um die Frage: Wo fällt was an, und wo geht es hin? Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben diese Verbringungsverordnung nämlich umgesetzt. Ich glaube, wir müssen auf diesem Weg sehr schnell weiter vorankommen.

Ich sage auch ganz deutlich: „Immer schneller, immer größer“ ist nicht unsere Devise. Wir wollen die Akzeptanz der Bevölkerung. Deswegen finde ich es gut, dass Bundesminister Schmidt einen Kompetenzkreis einberufen hat, um die Frage der Haltung ganz deutlich anzusprechen. Dabei geht es nicht nur um die Haltung der Tiere, sondern auch um die Haltung der Tierhalter, um die Haltung im Kopf. Das ist ein guter Hinweis.

Auch der Lebensmittelgipfel und die Dialogplattform sind wichtig – sie kommen –, um diese Themen anzusprechen: Sind die Kräfte des Marktes noch richtig verteilt, damit sichergestellt ist, dass die Bauernfamilien am Ende nicht zu kurz kommen, damit sie ihren Anteil von dem erhalten, was die Verbraucher bezahlen?

Wir haben Erfolge. Die Evaluierung des Arzneimittelgesetzes zeigt, dass die Menge der eingesetzten Arzneimittel deutlich zurückgeht. Wir bekommen Beratungshinweise für ein Benchmarking guter Betriebe, in Richtung Tierwohl. Wir werden von der Wirtschaft einen Tierwohlindex einfordern. Ich habe Signale erhalten, dass er eingeführt wird. Deswegen bin ich sehr guten Mutes, dass wir hierbei vorankommen.

Tierhaltungsregionen – das will ich noch einmal betonen – sind lebendige Regionen in Deutschland. Dort brummt es, dort boomt es. Dort geht die Anzahl der Landwirte nicht zurück, sondern dort gibt es nach wie vor eine große Anzahl von Landwirten.

Zum Schluss ein Appell: Wir haben gerade gehört, dass die Menschen in Darfur und im Südsudan sich nach einer Landwirtschaft, wie wir in Deutschland sie haben, sehnen. Bitte überdenken Sie, ob es wirklich Sinn macht, die Landwirtschaft, die Tierhalter, die Bauernfamilien in Wahlkämpfe hineinzuziehen, sie zum Thema von Wahlkämpfen zu machen.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Machen wir doch eine Enquete-Kommission! Haben wir vorgeschlagen!)

Ich glaube, das haben unsere Bauern in Deutschland nicht verdient. Zeigen Sie, dass die ersten Ansätze gut sind. Ich weiß, dass Minister Meyer in Niedersachsen und Minister Remmel in Nordrhein-Westfalen sehr offen sind für die Anliegen der Bauern und nach vorne gehen. Ich glaube, das ist auch hier möglich. Dieses Thema eignet sich wirklich nicht als Wahlkampfthema. Ich glaube, gemeinsam schaffen wir es, die Tierhaltung nach vorne zu bringen.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6102498
Wahlperiode 18
Sitzung 133
Tagesordnungspunkt Artgerechte Tierhaltung
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