Karamba DiabySPD - Studienchancen für Flüchtlinge
Herr Präsident! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Grünen greift ein hochaktuelles Thema auf, das uns dauerhaft beschäftigen wird. Es geht um die Bildungschancen der nach Deutschland geflüchteten jungen Menschen. Wir stimmen völlig darin überein, dass ein Ruck durch unsere Bildungslandschaft gehen muss.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind fest davon überzeugt, dass die Integration der Asylsuchenden eine historische Aufgabe ist. Jeder zehnte ist im Kitaalter. Jeder dritte ist im schulpflichtigen Alter. Hinzu kommen Tausende junger Menschen, die eine Ausbildung brauchen oder studieren könnten. Für diese Aufgabe muss unser Bildungssystem fitgemacht werden.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Gleichzeitig aber haben wir einen Flickenteppich in der Bildungslandschaft. Wir stellen fest: Jedes Bundesland, jede Hochschule geht anders mit der Integration von Asylsuchenden in das Bildungs- und Wissenschaftssystem um. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich deshalb für eine nationale Bildungsallianz ein.
(Beifall bei der SPD)
Angesichts der großen Herausforderungen wird deutlich: Wir müssen über neue Formen der Zusammenarbeit auch im schulischen und frühkindlichen Bereich nachdenken.
(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Sehr richtig!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für den Bildungsbereich gilt: Wir brauchen einen umfassenden und ganzheitlichen Ansatz, von der Kita über die Hochschule bis hin zur Weiterbildung. Die einzelnen Bausteine müssen gut miteinander verknüpft werden. Diese Herausforderungen im Bildungs- und Wissenschaftsbereich können nur gemeinsam bewältigt werden.
(Beifall bei der SPD)
Um es mit den Worten unserer Kanzlerin zu sagen: Wir brauchen hier pragmatische Lösungen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit bei der SPD)
Dafür muss der Bund aber die Länder und Kommunen tatkräftig unterstützen dürfen, und zwar dauerhaft; denn die Integration Eingewanderter ist eine Daueraufgabe. Die Frage ist nun: Wo muss der Bund tätig werden?
Erstens. Der Bund muss bei den Hochschulen tätig werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, hier sind wir durchaus bei Ihnen. Wir sind uns einig: Vielfalt ist eine Chance, besonders auch für unser Bildungssystem; denn Bildung und Wissenschaft brauchen den Austausch über Landesgrenzen hinweg. Nur ein internationales Bildungssystem ist modern, innovativ und dynamisch. Unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind bereits heute Zentren der Internationalität und stehen seit langem für eine gelebte Willkommenskultur.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Viele Hochschulen nehmen angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise eine Vorbildfunktion ein.
Mein Bundesland Sachsen-Anhalt plant zum Beispiel, in Sprach- und Vorbereitungskursen bis zu 600 studieninteressierte Flüchtlinge zu qualifizieren. Dafür werden knapp 5 Millionen Euro für drei Jahre zur Verfügung gestellt. – Ich nenne auch das Engagement von Studierenden. Viele engagieren sich ehrenamtlich, zum Beispiel in der Rechtsberatung. Ganz konkret: In einem Projekt in meinem Wahlkreis, an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, engagieren sich Studierende im Praxisprojekt Migrationsrecht. Die Studierenden bearbeiten reale Fälle von Asylsuchenden in Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen, Beratungsstellen und Wohlfahrtsverbänden. Das ist nur eines von unzähligen Beispielen für das Engagement an Hochschulen für Geflüchtete.
Wichtig ist auch: Der Bund wird die Hochschulen bei der Sprachförderung, der Studienberatung und der Feststellung der Zugangsberechtigung unterstützen.
(Beifall bei der SPD)
Hier bauen wir auf das Know-how des DAAD, der Alexander-von-Humboldt-Stiftung und anderer. Ich freue mich, dass die Verhandlungen mit diesen Organisationen bereits laufen. So stelle ich mir als Bildungspolitiker die Unterstützung durch den Bund vor.
Ein zweiter Punkt betrifft das pädagogische Personal an den Einrichtungen. Wir brauchen mehr Erzieherinnen und Erzieher und mehr Lehrende. Allein in diesem Schuljahr wurden laut KMK 3 000 zusätzliche Lehrkräfte eingestellt. Der Gesamtbedarf beläuft sich nach Schätzungen aber auf 10 000 bis 20 000 Lehrkräfte. Hier ist eine Unterstützung der Länder durch den Bund nötig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Drittens, Stichwort „Ganztagsschulen“. Eine ganzheitliche Bildung ist die Voraussetzung, um später einen Beruf erlernen oder auch studieren zu können. Ganztagsschulen bieten dafür gute Rahmenbedingungen. Dort können Kinder und Jugendliche besser sprachlich gefördert werden, und sie haben gute Möglichkeiten, Interessen zu entwickeln und Talente auszubauen. Sie können sich ausprobieren. Beim ersten Ganztagsschulprogramm haben wir gesehen: Es geht. Zusammenarbeit kann funktionieren. Deshalb sagen wir: Ein zweites Programm zum Ausbau der Ganztagsschulen ist bitter nötig.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Viertens. In die Bildungseinrichtungen kommen viele durch Krieg und Flucht traumatisierte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Der Bedarf an sozialpädagogischer und psychologischer Unterstützung ist stark gestiegen. Auch hier muss der Bund tätig werden dürfen. Wir brauchen zusätzliche Schulsozialarbeiter und Psychologen für Kitas, Schulen und Hochschulen.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Integration durch Bildung kann gelingen. Deshalb begrüßt die SPD-Fraktion die Richtung des vorliegenden Antrags.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie zu, wenn es so weit ist!)
Wir brauchen aber einen ganzheitlichen Bildungsansatz, der den gesamten Bildungsbereich umfasst. Für die SPD-Fraktion steht fest: Bund, Länder und Kommunen müssen dafür stärker zusammenarbeiten dürfen – und dauerhaft.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann lasst uns gemeinsam das Kooperationsverbot abschaffen! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie zu? Wunderbar!)
Abschließende Rednerin in dieser Aussprache ist die Kollegin Dr. Claudia Lücking-Michel von der CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6102681 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Studienchancen für Flüchtlinge |