Philipp MurmannCDU/CSU - Gründung der Asiatischen Infrastrukturbank
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen heute den Gesetzentwurf zu dem Übereinkommen zur Gründung der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank – kurz: AIIB – verabschieden. – Über den Namen werde ich noch das eine oder andere Mal stolpern, wofür ich schon jetzt um Entschuldigung bitte.
Meine Fraktion unterstützt jedenfalls ausdrücklich, dass die Bundesregierung die Gespräche dazu schon frühzeitig aufgenommen und am 29. Juni dieses Jahres das Übereinkommen unterschrieben hat, um als Gründungsmitglied von Anfang an bei dieser Bank dabei zu sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Mit der Gründung der AIIB entsteht neben der traditionellen Weltbank und der Asian Development Bank nun eine weitere multinationale Entwicklungsbank, bei der Deutschland ein Mitglied ist. Es ist aber eine ganz besondere Bank; denn auch die Veränderungen in der Weltwirtschaft spiegeln sich in dieser Bank wider. China drängt als besonders starke Wirtschaftsmacht in Asien natürlich darauf, auch eine prägende Kraft im Bereich der Entwicklungsbanken zu sein. Nachdem es bei der Neuordnung der Weltbank nicht zu einer Einigung gekommen ist, haben sich die Chinesen entschieden, diesen Weg der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank zu gehen, und ich denke, es ist wichtig, dass wir mit dabei sind. Das ist auch eine Chance, die Chinesen auf diese Weise in die internationale Finanzarchitektur einzubinden. Ich denke, die AIIB ist eine gute Chance. Deswegen unterstützen wir die Gründung dieser Bank ausdrücklich.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Auch geostrategisch ist das für uns Deutsche sicherlich interessant; denn neben China sind auch Russland und Indien prägende Mitglieder dieser Bank, die gemeinsam mit den regionalen Partnern, die ja immerhin 20 Prozent an dieser Bank halten, die Projekte abstimmen und natürlich auch Standards erheben und durchsetzen, auf die ich nachher noch kurz zu sprechen kommen möchte. Auch diesen Ansatz unterstützen wir ausdrücklich.
Deutschland hat immerhin knapp 4,5 Prozent an dieser Bank. Wir müssen dafür 900 Millionen Dollar Eigenkapital einlegen. Wir danken dem Haushaltsausschuss ganz besonders, dass er diese Mittel bereitstellt, davon die ersten 360 Millionen schon im Haushaltsjahr 2016 und weitere je 180 Millionen 2017, 2018 und 2019. Was ich nicht ganz verstehe: Die Linke will sich enthalten, wenn ich es richtig gelesen habe. Im Haushaltsausschuss haben die Linken allerdings dagegengestimmt und wollten das Geld nicht bereitstellen. Das ist natürlich äußerst enttäuschend, muss ich sagen.
(Christian Petry [SPD]: Es gibt noch Unterschiede!)
Es wird auf Dauer spannend sein, ob sich in einer späteren Phase auch die Amerikaner an dieser Bank beteiligen werden; denn ein Element dieser neuen Bank ist, dass zusätzlicher Wettbewerb entsteht. Wettbewerb, glaube ich, belebt auch hier das Geschäft, und es ist für die internationale Finanzstruktur sicherlich gut, hier einen weiteren Spieler zu haben.
Im Gouverneursrat der Bank, der auch das operative Direktorium bestimmt, werden wir mit einem direkten und einem stellvertretenden Sitz vertreten sein. Natürlich wäre es erstrebenswert – und wir können die Bundesregierung nur dazu ermuntern –, auch einen Sitz im Direktorium selbst zu halten, das mit zwölf Plätzen sehr knapp bemessen ist. Da wir nur zu den kleineren 20 Prozent gehören, ist natürlich noch nicht ausgemacht, wer am Ende diese Rolle spielt. Aber dort Einfluss zu nehmen, wäre sicherlich auch für uns wichtig.
Ziel der AIIB ist es, die in Asien dringend benötigte Finanzierung von Infrastruktur voranzutreiben und damit auch eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in die Region zu bringen. Die Art dieser Investitionstätigkeit hat den großen Vorteil, dass dadurch auch zusätzliches privates Kapital mobilisiert werden kann. Das wiederum ist auch eine gute Chance für unsere KfW oder auch andere Banken, sich an diesen Projekten zu beteiligen und dann auch deutsche Anbieter in diese Projekte einzubinden. Auch das finden wir gut und unterstützen es außerordentlich.
Die AIIB soll sich insbesondere auf große Infrastrukturprojekte konzentrieren. Das können Kraftwerke sein, Flughäfen, Bildungsinfrastruktur, Krankenhäuser, und ganz besonders – das ist in Asien wichtig – in ländlichen Räumen, weil diese in Asien häufig unter einer besonderen Strukturschwäche leiden. Ich kann da aus eigener Erfahrung berichten, da ich drei Jahre in Malaysia gelebt habe.
Malaysia ist schon seit Mitte der 90er-Jahre ein sehr aufstrebendes Land und hat auch davon profitiert, dass frühzeitig in die Infrastruktur investiert wurde. Es war nicht nur ein erfolgreicher Rohstofflieferant und ist es noch heute, sondern ist inzwischen auch eine wichtige Handelsnation geworden. Viele deutsche Unternehmen haben Malaysia als Produktionsstandort entdeckt. Insofern haben sich diese Investitionen auch ausgezahlt.
Nun leidet Malaysia wie viele andere Länder in der Region unter den niedrigen Rohstoffpreisen, auch unter der Wachstumsschwäche Chinas. Insofern ist es jetzt besonders wichtig, die staatlichen Möglichkeiten zur Infrastrukturfinanzierung auch durch eine Asian Infrastructure Investment Bank zu unterstützen. Auch das, glaube ich, ist eine wichtige Rolle der AIIB.
Ich möchte ein weiteres Beispiel nennen: Indonesien, das drittgrößte Land dieser Welt, wird in den kommenden fünf Jahren ungefähr 450 Milliarden Dollar Kapital zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten benötigen. Einen solchen Bedarf kann keine Entwicklungsbank alleine stemmen. Dafür brauchen wir eine Symbiose der Banken. Die Asian Infrastructure Investment Bank, die Weltbank und auch die Asian Development Bank müssen solche Projekte gemeinsam stemmen. Deswegen finde ich es auch gut, dass der designierte Präsident der AIIB, Herr Jin Liqun, gesagt hat, dass die ersten Projekte bereits zwischen der Asian Development Bank, der Weltbank und der AIIB in der Diskussion sind, um sie gemeinsam zu finanzieren.
Dieses Vorgehen ist doch eine gute Absicht. Ich finde, das muss uns auch motivieren, dafür zu kämpfen, dass die Standards nicht nur verbessert, sondern eben auch eingehalten werden; denn wenn wir solche Projekte gemeinsam finanzieren, ist natürlich die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dabei gemeinsame Standards gesetzt und die dann auch eingehalten werden.
Drei Punkte möchte ich noch kurz nennen.
Erstens. Die Statuten sind natürlich noch nicht final beschlossen. Wir haben das auch im Finanzausschuss diskutiert und uns deswegen entschieden, einen besonderen Passus aufzunehmen und der Regierung mit auf den Weg zu geben. Darin fordern wir sie auf, möglichst hohe Standards einzufordern, mindestens Weltbankniveau. Das gilt für die Umwelt-, Sozial-, Arbeits-, Menschenrechts- und auch Governance-Standards. Das gilt aber auch für die Etablierung eines effizienten Monitoringsystems. Das gilt für die Standards in Bezug auf die Rechenschaftspflicht und Transparenz der AIIB. Und das gilt auch für einen unabhängigen Beschwerdemechanismus. Natürlich erwarten wir auch, dass wir als Deutscher Bundestag nach Beitritt zur Asian Infrastructure Investment Bank den jeweiligen Jahresbericht umgehend zur Kenntnis übermittelt bekommen, lieber Herr Staatssekretär.
Zweitens. Diese Bank – auch das ist mir wichtig – ist natürlich für die deutsche Wirtschaft eine große Chance. Ich möchte da ein kurzes Beispiel nennen. In Asien haben wir das überragende Phänomen der Landflucht. Viele Menschen streben in die großen Städte. Dafür ist es eben besonders wichtig, öffentliche Infrastruktur bereitzustellen, auch im ländlichen Raum. Für die deutschen Unternehmen sehe ich da großes Potenzial. Sie sind häufig schon vor Ort präsent. Sie können Projekte planen. Sie können Projekte auch umsetzen. Überhaupt haben unsere Unternehmen den großen Vorteil, dass sie nicht nur in der Lage sind, Produkte zu entwickeln, sondern dass sie diese Produkte auch weltweit vermarkten können. Insofern bietet auch hier die AIIB ein großes Potenzial.
Drittens: die allgemeine Rolle von Entwicklungsbanken. Gerade wir in Deutschland wissen: Wir würden ohne die Unterstützung der Weltbank und der Alliierten damals nach dem Zweiten Weltkrieg heute nicht dastehen, wo wir stehen. Schon der Name der KfW spricht eine deutliche Sprache: Kreditanstalt für Wiederaufbau. Genau diese Rolle der Entwicklungsbanken ist eben auch für Asien besonders wichtig.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine etwas kühne These wagen. Wir erleben im Moment eine Völkerbewegung, die vielleicht noch größer ist als die nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele Menschen verlassen ihre Länder, nachdem die demokratischen Bewegungen in vielen Ländern Afrikas gescheitert sind. Sie machen sich nun auf den Weg zu Frieden und Wohlstand und kommen nicht nur nach Europa. Auch in Asien gibt es solche Bewegungen.
Deswegen die These: Die Finanzierung von Infrastruktur vor Ort kann auch in solchen Ländern helfen, diese Völkerbewegungen einzudämmen und die Flucht zu begrenzen. Deswegen hoffe ich – das vielleicht als kleine Hypothese –, dass wir in einem Jahr oder zwei Jahren über eine MEIIB sprechen, einer Middle East Infrastructure Investment Bank, die dazu beiträgt, Infrastruktur in diesen Ländern wieder aufzubauen und den Menschen dort eine Bleibeperspektive zu geben.
Jetzt komme ich aber wieder zu unserer Bank. Ich möchte Sie herzlich bitten, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, und danke Ihnen für die intensiven und guten Beratungen der letzten Tage. Mein Dank geht auch an die Bundesregierung. Wir wünschen ihr viel Erfolg bei den weiteren Verhandlungen über diese Bank.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Axel Troost für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6102853 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 133 |
Tagesordnungspunkt | Gründung der Asiatischen Infrastrukturbank |