06.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 26 + ZP 2

Norbert Lammert - Regelung der Sterbebegleitung

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26.   – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Michael Brand, Kerstin Griese, Kathrin Vogler, Dr. Harald Terpe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Karl Lauterbach, Burkhard Lischka und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung (Suizidhilfegesetz)

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Renate Künast, Dr. Petra Sitte, Kai Gehring, Luise Amtsberg und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Thomas ­Dörflinger, Peter Beyer, Hubert Hüppe und weiteren Abgeordneten eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten ­Katja Keul, Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Brigitte Zypries, Matthias W. Birkwald und weiterer Abgeordneter

Keine neuen Straftatbestände bei Sterbehilfe

Wir schließen, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der heutigen Debatte eine längere, gründliche, sorgfältige parlamentarische Beratung zum Thema „rechtliche Rahmenbedingungen für Sterbebegleitung bzw. Sterbehilfe“ vorläufig ab. Viele werden die Vermutung teilen, dass die öffentliche Debatte damit sicher nicht zu Ende sein wird.

Ich will aber, weil dies ja auch für die nicht ganz einfachen Verfahrensfragen von Bedeutung ist, daran erinnern, dass wir die parlamentarische Befassung mit dem Thema nicht mit der Einbringung von Gesetzentwürfen begonnen haben, sondern mit einer Orientierungsdebatte, die uns wechselseitig über die vielfältigen Aspekte dieses Themas aufklären und für die denkbaren Lösungsalternativen sensibilisieren sollte, mit dem Ergebnis, dass aus dieser Befassung des Plenums vier Gesetzentwürfe entstanden sind, die sich auch als konkurrierende Lösungen verstehen. Es hätten prinzipiell auch mehr oder weniger Gesetzentwürfe sein können als die vier, die dann nach intensiver Befassung verschiedener, besonders engagierter Kolleginnen und Kollegen am Ende tatsächlich entstanden sind.

Diese vier konkurrierenden Gesetzentwürfe zur Sterbebegleitung liegen heute in zweiter und dritter Lesung zur Beratung und Entscheidung vor. Sie sind jeweils von fraktionsübergreifenden Gruppen eingebracht worden. Der Bundestag muss sich also für einen dieser Gesetzentwürfe entscheiden, oder er kann gegebenenfalls alle vier Gesetzentwürfe ablehnen. Weiterhin liegt ein Antrag vor, der eine gesetzliche Regelung ausdrücklich nicht für erforderlich hält.

Nach intensiven Beratungen der Gruppen untereinander ist eine Einigung über die Abstimmungsreihenfolge dieser Gesetzentwürfe nicht zustande gekommen. Es gibt aber ein Einvernehmen aller Initiatoren, auch in Verbindung mit den Parlamentarischen Geschäftsführern aller Fraktionen, auf dem Wege eines Stimmzettelverfahrens die notwendigen Abstimmungen über diese Gesetzentwürfe durchzuführen. Dieses Verfahren haben wir in der Vergangenheit bei ähnlichen Fragen bereits angewendet.

Der Ältestenrat hat sich gestern noch einmal sehr intensiv mit den damit verbundenen Verfahrensfragen, den damit auch verbundenen Implikationen befasst und ist übereingekommen, dem Bundestag – dem Verfahrensvorschlag der Initiatoren, also der Gruppen, folgend – die Durchführung eines Stimmzettelverfahrens zur Entscheidung vorzulegen.

Wir weichen damit von dem im Gesetzgebungsverfahren sonst üblichen Verfahren ab, nämlich die Vorlagen der Reihenfolge nach abzustimmen und über jeden einzelnen Gesetzentwurf gesondert zu befinden. Für diese Abweichung von der Geschäftsordnung ist gemäß § 126 unserer Geschäftsordnung eine Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Bundestages erforderlich.

Sollte dieser Verfahrensvorschlag nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit finden, werde ich – wie gestern im Ältestenrat vereinbart und von allen Beteiligten akzeptiert – einen Vorschlag für eine Abstimmungsreihenfolge dieser Gesetzentwürfe vorlegen, über den wir dann auch abstimmen würden, weil es beinahe absehbar ist, dass auch das nicht jedem einleuchtet und andere Präferenzen vorhanden sein könnten, um sicherzustellen, dass wir auf dem einen oder anderen der beiden denkbaren Verfahrenswege heute jedenfalls zu einem Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens kommen können.

Bevor wir zur Abstimmung über das vorgeschlagene Stimmzettelverfahren kommen, möchte ich Ihnen dieses skizzieren, damit auch jeder weiß, auf welche Abstimmungsprozedur er sich am Ende unserer Debatte einzustimmen hat: Alle vier Gesetzentwürfe werden auf einem Stimmzettel gleichzeitig zur Abstimmung gestellt, verbunden mit der Möglichkeit, mit „Nein gegenüber allen Gesetzentwürfen“ oder mit „Enthaltung gegenüber allen Gesetzentwürfen“ zu stimmen. Dabei kann nur ein Kreuz gemacht werden. Eine dieser Optionen – entweder einer der vorliegenden Gesetzentwürfe oder keiner der Gesetzentwürfe oder Enthaltung – kann jeweils angekreuzt werden.

Die erforderliche Mehrheit für einen Entwurf ist erreicht, wenn dieser mehr Jastimmen als die anderen Vorlagen erhält, zuzüglich der Neinstimmen.

Falls kein Entwurf im ersten Durchgang dieses Stimmzettelverfahrens die Mehrheit erhält, kommt es in einem zweiten Abstimmungsgang zur Abstimmung über die beiden bestplatzierten Gesetzentwürfe. Dieser würde wiederum mithilfe eines Stimmzettelverfahrens durchgeführt. Dabei gibt es wieder die Möglichkeit, einen der verbleibenden Gesetzentwürfe anzukreuzen oder mit Nein oder Enthaltung zu votieren.

Erhält auch im zweiten Abstimmungsgang keiner der beiden Gesetzentwürfe die erforderliche Mehrheit, müsste anschließend über den Gesetzentwurf mit dem besseren Ergebnis abgestimmt werden. Das erfolgt mit unseren üblichen Namensstimmkarten. Würde in dieser namentlichen Abstimmung der verbleibende Gesetzentwurf nicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten, wäre er damit in zweiter Beratung abgelehnt. Damit entfiele nach unserer Geschäftsordnung die dritte Beratung.

Wird einer dieser Gesetzentwürfe in zweiter Beratung angenommen, folgt unmittelbar die dritte Beratung, in der ebenfalls namentlich abgestimmt wird. Über die in zweiter Beratung ausgeschiedenen Gesetzentwürfe wird nach der Logik dieses Verfahrens nicht weiter abgestimmt.

Der Antrag, den die Kollegin Keul zusammen mit anderen Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fraktionen eingebracht hat, wird nur abgestimmt, wenn keiner dieser vier Gesetzentwürfe eine Mehrheit erhalten hat. Im anderen Fall hat er sich einvernehmlich erledigt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Vorschlag aller vier Gruppen, auch mit der Empfehlung des Ältestenrates, über die vier Gesetzentwürfe abweichend von unserer Geschäftsordnung in einem Stimmzettelverfahren Beschluss zu fassen. Es ist vereinbart, dass wir das in einer namentlichen Abstimmung tun. Dafür brauchen wir, wie bereits erläutert, eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder.

Achten Sie bitte darauf, wenn Sie Ihre Stimmkarten holen, dass Sie eine Stimmkarte in der Hand halten, die Ihren Namen trägt.

Ich darf nun die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen besetzt? – Das ist offenkundig der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung.

Darf ich fragen, ob alle im Raum anwesenden Kolleginnen und Kollegen ihre Stimmkarte abgegeben haben? – Ich sehe jedenfalls keine gegenteiligen Anzeigen. Dann schließe ich damit die namentliche Abstimmung. Ich bitte um Auszählung.

Wir unterbrechen kurz, bis das Ergebnis der namentlichen Abstimmung ermittelt ist, weil davon der weitere Verfahrensgang abhängt.

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen.

Darf ich noch einmal darum bitten, Platz zu nehmen? Herr Kollege Sensburg, vielleicht beispielhaft für die anderen Antragsteller? Das bringt uns dann gleich eine erhebliche Verbesserung der Übersicht hier im Plenum.

Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Anwendung des Stimmzettelverfahrens unter Abweichung von der Geschäftsordnung bekannt: abgegebene Stimmen 583. Mit Ja haben gestimmt 522, mit Nein haben gestimmt 61, Enthaltungen gibt es keine. Damit ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder für die Abweichung von der Geschäftsordnung nicht nur erkennbar erreicht, sondern deutlich überboten.

Ich will das gerne zum Anlass nehmen, mich noch einmal ausdrücklich bei allen gestern Beteiligten, bei den Vertretern der Gruppenanträge und allen Mitgliedern des Ältestenrates, zu bedanken für das erkennbare gemeinsame Bemühen, einen Verfahrensweg zu finden, der es uns erspart, die schwierige und ernsthafte Debatte über die Sache mit einer Verfahrensauseinandersetzung zu belasten, sodass wir jetzt zügig in die inhaltliche Beratung eintreten können.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist eine Debattenzeit von insgesamt 135 Minuten vorgesehen, die wie in vergleichbaren Fällen nach dem Stärkeverhältnis der Initiativen verteilt werden soll. Darüber hinaus gibt es die Vereinbarung, wiederum wie in vergleichbaren Fällen, dass die Kolleginnen und Kollegen, deren Redewunsch in diesem Zeitrahmen nicht berücksichtigt werden kann, in einem einer Redezeit von fünf Minuten entsprechenden Umfang ihre Reden zu Protokoll geben können. Ich darf Sie zu beiden Vereinbarungen fragen, ob Sie damit einverstanden sind. – Das ist offenkundig der Fall. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst dem Kollegen Michael Brand.

Einen kleinen Augenblick noch, Herr Kollege Brand. – Ein Hinweis noch, damit nicht zwischenzeitlich Irritationen entstehen: Gegen Ende der Aussprache werden die Stimmzettel verteilt oder in den Fächern verfügbar sein, die Sie für den späteren Abstimmungsgang verwenden können. Das werden wir dann noch einmal erläutern. Da trägt jeder seinen Namen ein, sodass wir auf diese Weise ein namentliches Stimmverfahren haben. Ich sage das nur, damit wir in der Zwischenzeit hier nicht möglicherweise verzweifelt umherirrende Kollegen haben, die nach dem Stimmzettel suchen, den es sicher gibt.

So, bitte schön, Herr Kollege Brand.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6104956
Wahlperiode 18
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Regelung der Sterbebegleitung
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