Katarina BarleySPD - Regelung der Sterbebegleitung
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir stimmen heute über vier Gesetzentwürfe ab, drei davon im Bereich des Strafrechts, einer im Bereich des Zivilrechtes; das haben wir schon gehört.
Auch ich werde mich zunächst mit dem Gesetzentwurf Brand/Griese auseinandersetzen, weil ich ihn für hochproblematisch halte. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Es geht immer um die Kriminalisierung der Ärzte. Auch ich unterstelle nicht, dass die Autoren das wollen. Aber schauen Sie sich bitte einmal den Wortlaut an.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Reden Sie doch über Ihren!)
Über den Begriff der Geschäftsmäßigkeit hat die Kollegin Brigitte Zypries bereits etwas gesagt. Es gibt aber noch einen anderen Punkt. Das Problem liegt in der Formulierung, dass einem anderen geschäftsmäßig Suizidbeihilfe geleistet wird. Das muss in der Absicht geschehen, die Selbsttötung eines anderen zu fördern. So steht es im Gesetzentwurf. Darauf habe ich die Verfasser dieses Gesetzentwurfs sehr frühzeitig hingewiesen. Das heißt, bestraft wird die auf Wiederholung angelegte Suizidbeihilfe, aber ausgeführt worden sein muss sie nur an einem anderen . Das ist der entscheidende Punkt; denn spätestens beim zweiten Mal muss geprüft werden, ob Geschäftsmäßigkeit vorliegt. Womöglich genügt es sogar schon, wenn Sie einen Arzt haben, der öffentlich bekundet, dass er Sterbehilfe richtig findet, dass er bereit ist, das zu tun. Dann haben Sie einen ersten Verdachtsfall. Ich will nicht sagen, dass derjenige dann verurteilt wird; aber ganz sicher wird in diesem Fall die Staatsanwaltschaft tätig. Das muss sie, weil es dem Gesetzeswortlaut entspricht. Daran kommen Sie nicht vorbei.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Ich vermute, dass Sie mit dem Element der Absicht diejenigen herausnehmen wollten, die Palliativ- und Hospizmedizin betreiben. Das ist auch gut und richtig so. Aber diejenigen Ärzte, die ganz bewusst sagen: „In diesem Einzelfall möchte ich meinem Patienten helfen; ich sehe die existenzielle Not, in der er sich befindet, und wir haben gemeinsam im ArztPatientVerhältnis alles versucht, alle Möglichkeiten der Behandlung, alle Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung besprochen; wir sind gemeinsam der Meinung, dass es keinen besseren Weg gibt“, treffen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf. Ich halte das für fatal, weil wir dann keine Ärzte mehr finden, die sich so für ihre Patienten einsetzen.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Grundsätzlich muss ich sagen: Bis auf den Gesetzentwurf Sensburg, dem ich ganz grundsätzlich nicht zustimmen kann, merkt man allen Gesetzentwürfen an, dass die Autoren bestimmte Einzelfälle im Kopf hatten, die sie regeln wollten, die sie erlauben oder verbieten wollten. Das ist nie gut, wenn man ein Gesetz macht. Wenn man ein Gesetz schafft, um einen konkreten Fall, den man vor Augen hat, zu regeln, dann besteht die Gefahr, dass man damit auch Fälle erfasst, die man nicht erfassen möchte. Das kann man nicht immer verhindern. Aber weil das so ist, muss man auf dem Gebiet des Strafrechts ganz besonders vorsichtig sein und darf zu diesem scharfen Schwert schlichtweg nicht greifen.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Mit Blick auf die Uhr will ich zum Entwurf Hintze/Reimann nur noch wenige Sätze sagen. Es wird immer gesagt, er sei verfassungswidrig, weil wir nicht die Gesetzgebungskompetenz haben. Ich halte das für falsch. Aus welchen Gründen?
Erstens. Ich glaube, dass damit nicht wir unsere Zuständigkeiten überschreiten, sondern dass die Ärztekammern ihre Kompetenzen bei weitem überschritten haben.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Das Standesrecht ist dazu da, die Rechtssituation der Ärzte untereinander sehr niedrigschwellig zu regeln – da geht es um Werbung und solche Dinge –; aber es ist definitiv nicht dazu da, um ein Thema zu regeln, mit dem sich der Deutsche Bundestag anderthalb Jahre lang beschäftigt hat und bei dem wir das Abstimmungsverhalten zu einer Gewissensentscheidung erklären.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Aber Sie muten es ihnen zu!)
Zweitens. Es gibt im BGB ein Beispiel dafür, dass das geht. Die §§ 630 a BGB ff. enthalten ganz ausführliche Regelungen zum Verhältnis von Arzt und Patienten, dazu, was Ärzte tun müssen, worüber sie informieren müssen, was sie dokumentieren müssen. Das alles steht schon im BGB; das ist überhaupt nicht das Problem.
Aus den Gründen, die ich Ihnen genannt habe, stimme ich für den Entwurf Hintze/Lauterbach. Wenn er nicht durchkommen wird, werde ich zu allen Entwürfen, die sich auf dem Gebiet des Strafrechts bewegen, Nein sagen.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Dr. Maria Flachsbarth das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6107229 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Regelung der Sterbebegleitung |