Florian PostSPD - Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist Freitagnachmittag. Da finde ich es beachtlich, dass mehrere Kollegen wieder den Weg zu uns gefunden haben. Es handelt sich ja auch um ein wichtiges Thema im Bereich der Energiewende: die Kraft-Wärme-Kopplung.
Die Kraft-Wärme-Kopplung ist ein wichtiger Baustein bei der Energiewende. Derzeit werden bereits 56 Millionen Tonnen CO2 durch den Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung eingespart. Das macht deutlich, dass die Kraft-Wärme-Kopplung auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Bei der Brücke, die zwischen den Sektoren „Strom“ und „Wärme“ geschlagen wird, zeigt sich die besondere Effizienz der Kraft-Wärme-Kopplung und auch ihre Systemdienlichkeit.
Große Herausforderungen liegen vor uns, wenn wir einen immer höher werdenden Anteil erneuerbarer Energien in das Stromnetz integrieren wollen. Erneuerbare Energien sind vielfach vom Wetter abhängig. Wir brauchen also auch in Zukunft noch flexible Kraftwerke, um auf Bedarfe schnell reagieren zu können. Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung sind bestens geeignet, komplementär eingesetzt zu werden.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es handelt sich also um eine sehr flexible Technologie, die gerade in Verbindung mit Speichern sehr großes Potenzial entfaltet.
Kraft-Wärme-Kopplung übernimmt in einem Strommarkt mit zunehmender Volatilität die wichtige Systemaufgabe, hier Systemdienstleistungen zu erbringen, und natürlich – ich habe es schon erwähnt – schützt es unser Klima und hätte hier auch noch deutlich höhere Potenziale. Die CO 2-Einsparungspotenziale liegen nach einem Gutachten, das dem Gesetzentwurf zugrunde liegt, bei 86 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Derzeit werden bereits 56 oder 57 Millionen Tonnen eingespart.
Momentan ist es aber vordergründig wichtig, dafür zu sorgen, dass diese Technologie nicht aus dem Markt verschwindet, nicht verdrängt wird. Genau das würde aber passieren, wenn wir jetzt nicht handeln. Ich möchte es deutlich sagen: Nach meinem Dafürhalten ist es bedauerlich, dass es uns nicht gelungen ist, bereits vor der Sommerpause hier zu Potte zu kommen. Ich hoffe sehr, dass es uns jetzt im besten Einvernehmen gelingt, dafür zu sorgen, dass keine weiteren Verzögerungen eintreten und dass das Gesetz wirklich spätestens zum 1. Januar 2016 in Kraft tritt.
Besonders problematisch ist die Lage in der öffentlichen Versorgung, verbunden mit Fernwärmenetzen. Auch hier ist die Novellierung dringendst geboten, weil bereits einzelne Versorger überlegen, vor allen Dingen Stadtwerke, ihre Fernwärmenetze wegen zunehmender Unwirtschaftlichkeit vom Netz zu nehmen.
Das Ministerium hat nun einen Entwurf vorgelegt, der in seiner grundsätzlichen Aussage in meinen Augen zu begrüßen ist. Er enthält auch Forderungen, die die SPD-Fraktion schon seit langem gestellt hat. Besonders hervorzuheben ist die Verdoppelung des Förderdeckels von 750 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro. Dadurch können gerade Bestandsanlagen der öffentlichen Versorgung gefördert werden, und es kann verhindert werden, dass sie vom Netz gehen. Dies ist momentan unumgänglich, weil die derzeitigen Rahmenbedingungen alles andere als einfach sind; die Betonung liegt hierbei auf „derzeitig“. Die Bestandsförderung soll von der Bestimmung her ja nur befristet gelten; denn wir haben ja noch weitere energiepolitische Gesetzesvorhaben in der Pipeline, die durch die damit einhergehenden Veränderungen auf dem Strommarkt dazu führen sollen, dass dann der wirtschaftliche Betrieb dieser Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen eben auch wieder möglich ist.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaube ich nicht!)
Es gibt noch weitere positive Punkte. Die Direktvermarktung, die angestrebt wird, und auch die Aussetzung der Förderung bei negativen Strompreisen sind zu begrüßen, genauso wie die Erhöhung der Förderung von Wärmenetzen und -speichern, damit die Kraft-Wärme-Kopplung wirklich ihr volles Flexibilitätspotenzial entfalten kann.
Es ist auch richtig, dass die Umlagesystematik verändert wird, da momentan die privilegierte Strommenge größer ist als die nicht privilegierte. Daher halte ich es auch für folgerichtig, die Systematik an die Systematik der EEG-Umlage anzupassen.
Aber der Gesetzentwurf enthält auch einige zu kritisierende Punkte, die wir hier im parlamentarischen Verfahren noch diskutieren müssen. Ich trete hier hinsichtlich einiger Punkte für eine Änderung ein. Das fängt schon mit dem § 1 an. Wir haben auch im Koalitionsvertrag das Ausbauziel der Kraft-Wärme-Kopplung beschlossen: Bis 2020 soll der Anteil der Nettostromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen 25 Prozent an der Gesamtstromerzeugung betragen. Wenn es so bliebe, wie es jetzt im Entwurf steht, dass sich der Anteil nur auf die regelbare Stromerzeugung beziehen soll, führte das dazu, dass kein weiterer Zubau in der Kraft-Wärme-Kopplung erfolgt. Der Grund liegt in dem immer größer werdenden Anteil der Stromerzeugung im Bereich der erneuerbaren Energien. Damit wäre dann das Ziel schon erreicht, und es erfolgte kein weiterer Zubau. Das wollen wir nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Man kann natürlich über eine zeitliche Streckung des Ziels diskutieren. Hier wäre mein Vorschlag, dass man durchaus über das Jahr 2025 diskutieren kann. Aber auf keinen Fall darf die Bezugsgröße „regelbare Stromerzeugung“ lauten, sondern es muss sich an der Gesamtstromerzeugung orientieren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Jens Koeppen [CDU/CSU])
Ein weiterer Knackpunkt ist die Behandlung von Eigenstrom. Hier kommt vielfältig Kritik vonseiten der Industrie. Die Industrie wirft uns an dieser Stelle vor, dass wir mit dem Gesetzentwurf eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur öffentlichen Versorgung herbeiführten. Diese Kritik weise ich ausdrücklich zurück, weil eben ungleiche Sachverhalte auch keine gleiche Behandlung rechtfertigen. Auch Anlagen der öffentlichen Versorgung werden ja strompreisgeführt und können dadurch Systemaufgaben im Markt übernehmen. Deswegen macht es durchaus Sinn, diese Technologie mit öffentlichen Geldern der Stromverbraucher zu fördern. Wärmegeführte industrielle Eigenerzeugungsanlagen sind dazu nur sehr begrenzt in der Lage. Aus diesem Grund weise ich diese Kritik zurück.
In einem Gutachten, das das BMWi in Auftrag gegeben hat, wurde errechnet, dass die Eigenstromanlagen auch wegen der Privilegierung bei anderen Umlagen die Schwelle der Wirtschaftlichkeit erreichen. Da jede Anlage und jedes Unternehmen unterschiedlich ist, ist es eben nicht möglich, jeden Einzelfall im Gesetz zu berücksichtigen. Es soll auch kein Industrieförderungsgesetz werden, sondern in erster Linie ein Klimaschutzinstrument bleiben. Aber natürlich sehe ich ein, dass es für die Industrie von zentraler Bedeutung ist, dass darauf geachtet wird, dass zumindest die EEG-Privilegierung auch in Zukunft erhalten bleibt, um Investitionssicherheit und Rechtssicherheit für die Unternehmen herzustellen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6107709 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes |