Jens KoeppenCDU/CSU - Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten das Gesetz zur Neuregelung der Kraft-Wärme-Kopplung heute in erster Lesung. So haben wir noch zwischen der ersten und der zweiten Lesung Zeit, um einiges zu verändern.
Herr Kollege Post, ich bin nicht ganz so euphorisch und zufrieden wie Sie mit dem Entwurf des Ministeriums. Das sage ich auch in Ihre Richtung, Frau Staatssekretärin. Deswegen möchte ich sagen, dass wir mit der Novelle wahrscheinlich wichtige Potenziale verschenken und die KWK-Förderung teurer machen. Wenn wir uns einmal an den Ursprung des Gesetzes aus dem Jahr 2002 und die Novellierung im Jahr 2012 erinnern, so geht es in § 1, wie Sie es bereits erwähnt haben, um Energieeinsparung, Umweltschutz und die Erreichung der Klimaschutzziele. Deswegen wollen wir einen Anteil der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen von 25 Prozent erreichen, übrigens mit Wärme und mit Kälte. So steht es im Gesetzentwurf.
Ich möchte mich auf fünf Punkte konzentrieren. Ich könnte gut und gerne 20 Punkte benennen. Deswegen haben die fünf Punkte keinen Anspruch auf Vollständigkeit; denn ich habe nur diese 10 Minuten Redezeit. Diese fünf Punkte sind sehr wichtig. Frau Staatssekretärin, bitte nehmen Sie sie als Anregung mit in das Ministerium. An diesen Punkten werden wir in den nächsten Wochen bei Anhörungen in den Ausschüssen und bei den Beratungen in Koalitionsberichterstattergesprächen vielleicht noch etwas ändern. Wir müssen aufpassen, dass wir mit den Festlegungen, die wir jetzt getroffen haben, nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Das könnte nämlich passieren.
Erstens. Das 25-Prozent-Ziel steht im Koalitionsvertrag. Das ist richtig. Wir müssen uns klar an den ursprünglichen Bezugspunkt halten. Das haben Sie ganz klar gesagt. Das ist die Gesamtstrommenge. Wir können nicht akzeptieren, Frau Staatssekretärin, dass es jetzt an der regelbaren Nettostrommenge ausgerichtet wird; denn das ist definitiv eine Reduzierung. Wir müssen aufpassen, dass wir diese Kürzung nicht hinnehmen. Wenn wir das machen – das sage ich so deutlich –, wird das Gesetz ein KWK-Ausstiegsgesetz. Das wollen wir nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– Jetzt bin ich aber verunsichert.
(Klaus Mindrup [SPD]: Wir haben auch geklatscht!)
Da habe ich wahrscheinlich etwas falsch gemacht. Ich nehme alles zurück. Mal sehen, ob es so weitergeht.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle einig gegen die Bundesregierung! Sehr gut!)
– Sehr schön, wunderbar.
Zweitens. Dieser Punkt ist genauso wichtig. Es ist die Technologieneutralität. Da werden Sie wahrscheinlich nicht mehr klatschen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Die Technologieneutralität ist aber wichtig, weil wir mit der Förderung der KWK eine Technologie und keinen Brennstoff fördern. Deswegen brauchen wir die Brennstoffneutralität. Wenn wir uns auf Gas fokussieren – Herr Post, ich verstehe, was Sie damit meinen; ich bin auch für die Unterstützung der Stadtwerke; das ist gar keine Frage –, werden wir bei der Industrie-KWK nicht vorwärtskommen. Das ist dann ein Umstieg von einem fossilen Träger auf einen anderen fossilen Träger. Ich weiß nicht, ob das so sinnvoll ist. Erstens ist Gas teurer – das wissen Sie –, und zweitens sind die Auswirkungen auf das Erreichen der Klimaschutzziele minimal. Wir müssen die Gesamt-CO2-Bilanz – von der Gasförderung über den Transport bis hin zur Verbrennung – beachten. Sie alle wissen – Sie kennen die Studien –, wie viel Methan auf dem Weg von Russland nach Deutschland entweicht. Deswegen ist die Klimabilanz schon lange nicht mehr so gut, wie man es dachte. Ich empfehle hierzu die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Hier können Sie sehen, dass das nicht mehr so stark auseinanderklafft.
Geostrategisch ist das vielleicht auch etwas kritisch zu sehen. Gerade in der jetzigen Zeit machen wir uns immer mehr abhängig. Die Importabhängigkeit bei Gas darf in dieser Größenordnung nicht weiter steigen.
Die Bundesländer Nordrhein-Westfalen – nicht unsere Feldpostnummer –, Brandenburg, aber auch Sachsen sagen ganz klar: Wir brauchen die Brennstoffneutralität. Das sollten wir auch beachten. – Jetzt klatscht keiner mehr.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall des Abg. Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU] – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Wir schon!)
Der dritte Punkt: Benachteiligung der Industrie-KWK. Die Benachteiligung der Industrie-KWK durch dieses Gesetz ist eklatant. Sie alle wissen, dass Produktionsprozesse in der Industrie sehr stark auf Wärmezufuhr basieren, zum Beispiel in der Raffinerie, um Erdöl zu spalten usw., oder in der Stahlindustrie. Die Wärmezufuhr kann jedenfalls zurzeit, bis 2030, realistischerweise nicht über erneuerbare Energien erfolgen. Für die Wärmezufuhr – die Temperatur liegt häufig bei 300 Grad – werden jährlich 200 Terawattstunden Energie benötigt. Dafür reichen die erneuerbaren Energien zurzeit nicht aus. Hier bietet die KWK einen effizienten Weg. Nahezu 90 Prozent der industriellen Wärmeerzeugung werden zurzeit über KWK erreicht. Das ist ganz wichtig; denn durch die industrielle Eigenerzeugung von Energie über KWK – da kommen wir zur Einsparung – werden 18 Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermieden. Die Alternative wäre eine getrennte Erzeugung von Wärme und Strom. Das müssen wir unbedingt vermeiden. Das geht nicht; das ist unsinnig. Deswegen brauchen wir eine stärkere Förderung der Industrie-KWK.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich sehe es übrigens sehr kritisch, dass die KWK mit diesem Gesetz fast nur noch im Bereich der öffentlichen Versorgung gefördert werden soll und die Förderung der Industrie-KWK immer weiter zurückgeht. Dies stellt eine ungerechtfertigte Diskriminierung der industriellen Nutzung der KWK gegenüber der öffentlichen Nutzung der KWK dar. Ich sage damit nicht, dass die KWK im Bereich der öffentlichen Versorgung nicht gefördert werden soll – es ist gar keine Frage, dass sie gefördert werden soll –, aber es darf nicht vernachlässigt werden, dass die industrielle KWK darunter leidet.
Ich halte es auch nicht für zielführend – man muss schauen, ob man da etwas ändern kann –, dass es bei der Verknüpfung der Besonderen Ausgleichsregelung mit der KWK bleiben soll. Denn es sind zwei verschiedene Förderinstrumente: einmal das Erneuerbare-Energien-Gesetz und einmal das KWKG. Diese miteinander zu verknüpfen bedeutet, die Förderung der KWK weiter einzuschränken. Das halte ich nicht für sinnvoll. Wir sollten das im Berichterstattergespräch adressieren und versuchen, dort mit dem Ministerium übereinzukommen.
Zu der Betrachtung des Ministeriums hinsichtlich der Opportunitätskosten will ich jetzt nicht viel sagen. Es ist schwierig. Ich halte die Betrachtung für gewagt. Sie ist auch nicht ganz schlüssig. Ich frage adressiert an das Ministerium: Will man die industrielle KWK einschränken und damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie aufs Spiel setzen? Will man die erheblichen Potenziale, die die Industrie-KWK hat, wirklich nicht nutzen? Dann muss man das deutlich sagen. Wir wollen das nicht. Ich hoffe, wir sind uns in der Koalition einig, dass wir daran wirklich noch schrauben müssen.
Der vierte Punkt. Wir brauchen den Zubau von großen und kleinen KWK-Anlagen. Da sind wir uns wahrscheinlich einig.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Wenn wir allerdings an der Befristung bis zum Jahre 2020 festhalten, die jetzt in der Neuregelung vorgesehen ist, dann es wird zu keinem Neubau und zu keiner Modernisierung einer großen KWK-Anlage kommen; das wird dann nicht passieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie alle wissen, wie lange die Genehmigungsverfahren dauern: vier bis sechs Jahre, ohne dass man mit dem Bau überhaupt begonnen hat, ohne jemals einen Spaten in die Erde gestochen zu haben. Dann ist das Jahr 2020 erreicht, und es gibt keine Förderung mehr. Das Gesetz schafft keine Planungssicherheit. Dies bedeutet, dass die Betriebe keine neuen Bauprojekte mit großen KWK-Anlagen angehen. Das sollten wir vermeiden. Ich bin für eine generelle Streichung der Befristung. Wir können natürlich zu Hilfsinstrumenten greifen; aber eine generelle Streichung wäre mir persönlich lieber, weil wir so Planungssicherheit für Projekte im Bereich der Industrie-KWK schaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss ich wieder klatschen!)
Der fünfte Punkt: der Zubau von Klein-KWK- und Mikro-KWK-Anlagen mit einer Leistung unter 50 kW. Ich sehe eine Gefahr darin, die Dauer der Zuschlagszahlung auf 45 000 Volllaststunden zu senken. Diese Begrenzung wäre ein ganz vehementer Einschnitt und würde dazu führen, dass sich die kleinen und die Mikro-KWK-Anlagen nicht mehr lohnen. Ich weiß gar nicht, warum man diese Begrenzung vorgenommen hat. Das würde, wenn man es durchrechnet, für die Mikro-KWK, die ganzjährig im Einsatz sind, eine Kürzung der Zuschlagszahlungen um fast die Hälfte bedeuten. Das sollten wir vermeiden. Diese Anlagen erbringen zwar nicht die großen Leistungen, aber sie sind sehr wichtig. Sie sind in den Markt eingeführt worden und müssen jetzt noch weiter nach vorne kommen und zur Serienreife gebracht werden. Damit diese Anlagen preisgünstiger werden, sollten wir bei 60 000 Volllaststunden bleiben. Das halte ich für sehr wichtig.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Alles in allem: Wenn wir uns einig sind, dann können wir das Thema in einer Anhörung oder in den Berichterstattergesprächen beraten und das Ergebnis gemeinsam an das Ministerium adressieren. Wenn wir die entsprechenden Punkte beachten, dann wird es kein, wie befürchtet, „KWK-Ausstiegsgesetz“, sondern dann wird es ein Instrument zur Förderung einer sehr effektiven und klimafreundlichen Technologie. Wenn wir das in den nächsten Wochen gemeinsam schaffen, dann wäre ich sehr froh.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei vier von fünf Punkten stimme ich zu!)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Julia Verlinden für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6107732 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 134 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes |