Nina WarkenCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Statusfrage syrischer Flüchtlinge und zum Familiennachzug
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Menschen im Land schauen heute in ihrer ganz überwiegenden Zahl mit dem Wunsch nach Berlin, dass wir den Zustrom an Asylsuchenden ordnen und begrenzen. Das ist verständlich. Die Kommunen leisten Großartiges bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Sie sind, ebenso wie die vielen Ehrenamtlichen von DRK, Feuerwehr, THW, Helferkreisen etc., am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Dem Anliegen, den Flüchtlingsandrang zu ordnen und zu begrenzen, müssen wir Rechnung tragen.
Es ist Zeit, zu handeln.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja, dann machen Sie es doch!)
Die Koalition ist sich dieser Situation sehr bewusst. Sie handelt.
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie jammern nur!)
Mit dem in kürzester Zeit beschlossenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz und der Vereinbarung der Parteivorsitzenden von vergangener Woche haben wir zwei Schritte in die richtige Richtung gemacht. Weitere Schritte müssen und werden folgen. Dabei sollte man keinen Weg von vornherein ausschließen, schon gar nicht, wenn man wie Sie, liebe Kollegen von der Opposition, keine eigenen Vorschläge hat.
Ich möchte die Gelegenheit heute auch nutzen, einige Dinge klarzustellen.
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie jammern nur!)
Es geht hier nicht um eine pauschale Beschränkung der Rechte der Flüchtlinge aus Syrien. Es geht auch nicht darum, den Entscheidern politische Vorgaben zu machen. Nein, es geht darum, geltendes Recht anzuwenden. Es geht darum, wieder zur Einzelfallprüfung, zu individuellen Entscheidungen, zur Anwendung objektiver Kriterien
(Volker Beck (Köln) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht darum, die Kanzlerin zu demontieren!)
und zu den Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention zurückzukommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sollten keine Gruppe privilegieren und bei keiner Gruppe pauschal auf die Durchführung von Anhörungen verzichten und im schriftlichen Verfahren entscheiden. Für diesen Weg hatte man sich vor rund einem Jahr entschieden. Das wird in der aktuellen Debatte oft vergessen – unter dem Druck der steigenden Zugangszahlen und unbearbeiteten Anträge.
(Rüdiger Veit [SPD]: Ist ja bis heute nicht besser geworden!)
Das mag damals richtig gewesen sein; aber eine geänderte Lage erfordert ein Umdenken.
(Beifall bei der CDU/CSU – Rüdiger Veit [SPD]: Die Lage ist ja eher schlimmer!)
Der aktuelle Zustrom von Menschen aus Syrien ist ein komplett anderer, er ist um ein Vielfaches größer und unkontrollierter.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das spricht dafür, das alte Verfahren beizubehalten!)
Eine nicht unbeachtliche Zahl kommt dabei bereits aus sicheren Drittstaaten zu uns. Es ist davon auszugehen, dass etwa 30 Prozent derer, die behaupten, sie kämen aus Syrien, tatsächlich keine Syrer sind.
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Woher haben Sie denn die Zahl? – Sönke Rix [SPD]: Was ist das denn für eine Zahl?)
Wenn jetzt also über eine Änderung gesprochen wird, ist dies schon aus Sicherheitsinteressen geboten.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Wir sollten daher wieder zu einem Verfahren mit einer Anhörung und einer Prüfung jedes Einzelnen, seiner Identität und der ihm zustehenden Rechte zurückkommen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck (Köln) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Identität wird auch heute schon festgestellt! – Zurufe von der LINKEN)
Ein Verfahren, das alle Antragsteller gleich behandelt und niemanden privilegiert. Ein offenes Verfahren, an dessen Ende die Entscheidung steht, ob Asyl, Flüchtlingsstatus oder subsidiärer Schutz gewährt wird. Der Schutzstatus darf sich nicht ausschließlich an einer oft auch nur behaupteten Staatsangehörigkeit orientieren.
(Rüdiger Veit [SPD]: Aber das muss ich doch sowieso prüfen!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um einem weiteren Vorwurf klar entgegenzutreten: Keiner möchte hier den Familiennachzug für alle Syrer grundsätzlich abschaffen.
(Richard Pitterle [DIE LINKE]: Nein, keiner hat die Absicht …! – Weitere Zurufe von der LINKEN!)
Wir – damit meine ich die Koalition – wollen eine Gesetzesänderung dahin gehend, dass man bei einer gewissen Personengruppe, nämlich den subsidiär Schutzbedürftigen, das Recht auf Familiennachzug für zwei Jahre aussetzt, ein Recht übrigens, das kein althergebrachtes ist, sondern das man dieser Gruppe in der jetzigen Form überhaupt erst vor wenigen Monaten im Rahmen einer Gesetzesänderung zugesprochen hat.
Eine veränderte Lage erfordert auch eine veränderte Politik. Gerade unserer Fraktion ist der Schutz von Ehe und Familie sehr wichtig.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Rüdiger Veit [SPD]: Heute ist der 11.11.! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Passt zum 11.11.!)
Wir sehen aber auch, dass wir jetzt schon kaum in der Lage sind, diejenigen, die zu uns kommen, gut unterzubringen und zu versorgen. Es ist auch ein Gebot der Menschlichkeit, die Angekommenen angemessen aufzunehmen.
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ihr seid Antichristen!)
Es ist daher richtig, heute über die Aussetzung des Familiennachzugs für die subsidiär Schutzbedürftigen zu sprechen. Das mag hart klingen, ist aber ehrlich gegenüber denjenigen, die bei uns um Aufnahme ersuchen.
Wir wären mit diesem Weg auch nicht alleine oder blieben hinter europäischen Standards zurück. Unsere derzeitige Praxis gibt es in keinem anderen Land der EU. Auch das ist für die Menschen ein Anreiz, gerade zu uns zu kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen dringend Mittel und Wege finden, unsere massiv unter Druck geratenen Kommunen zu entlasten,
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja, wir beschließen gleich den Haushalt!)
den Flüchtlingszustrom zu steuern und für unsere Asylpolitik die notwendige breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten.
Ein Wort noch, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den Diskussionen der letzten Tage: Ich wehre mich entschieden dagegen, dass man angesichts der Situation in unserem Land pauschal und a priori eine Welle der Empörung über pragmatische Vorschläge zur Bewältigung der Lage losbricht.
(Zuruf der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])
Es ist jetzt nicht die Zeit für Empörung und ideologische Debatten.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Was Sie machen, ist keine Ideologie? Jetzt ist wirklich die Büttenrede am Ende!)
Es ist Zeit, zu handeln. Wir brauchen eine Politik, die sich am Machbaren und an den tatsächlichen Verhältnissen in unserem Land orientiert. Dafür plädiere ich.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Mann, Mann, was wir alles aushalten müssen!)
Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt Michael Frieser.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6137553 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 135 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Statusfrage syrischer Flüchtlinge und zum Familiennachzug |