Astrid FreudensteinCDU/CSU - Unterstützung von Flüchtlingen
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, wissen Sie, was ich an Ihrem Antrag wirklich beklemmend finde? Ich finde es beklemmend, dass Sie sich mit Ihren Vorschlägen offenbar jeder Verantwortung für die Menschen, die hier im Land leben, entledigen.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie in dieser schwierigen Situation in blanken Linkspopulismus verfallen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben offenbar nicht das geringste Interesse an der Lösung der Probleme, die wir haben.
(Sabine Zimmermann (Zwickau) [DIE LINKE]: Das wollen Sie uns beweisen, ja?)
Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele aus Ihren politischen Visionen nennen.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Wie hübsch!)
Jeder Asylsuchende, der einen Job gefunden hat, soll ein Bleiberecht bekommen – so steht es in Ihrem Antrag –, und zwar unabhängig davon, wie sein Verfahren ausgeht. Damit hebeln Sie ganz nebenbei unser Asylrecht aus, weil man keinen Asylantrag mehr stellen muss, wenn es ganz egal ist, ob er anerkannt wird oder nicht.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das ist schon einmal Quatsch!)
Alle Migranten, also auch abgelehnte Asylbewerber, sollen vom ersten Tag an vollen Zugang zur gesamten Ausbildungs- und Arbeitsförderung bekommen.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Was ist da schlimm? – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist übrigens eine DGB-Forderung! Da sind wir nicht allein!)
Und dann kommen Ihre Klassiker: Sie wollen, dass der Mindestlohn auf 10 Euro erhöht wird, und fordern wie immer höhere Steuern für Unternehmen. Meine Güte, ist das wirklich Ihr Ernst, meine Damen und Herren?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja! Was wollen Sie denn?)
Was treibt Sie an? Ich zitiere aus Ihrem Antrag:
Zuwanderung birgt die Chance, unser Land kulturell und wirtschaftlich zu bereichern. Diese Chance wollen … wir ergreifen …
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja! – Zuruf von der LINKEN: Das haben die Wirtschaftsweisen auch gesagt!)
Vielleicht müssen wir klarstellen, worüber wir eigentlich sprechen. Es handelt sich nämlich nicht um herkömmliche Zuwanderung.
Es kommen Menschen zu uns, die vor Krieg und Gewalt fliehen. Das hat sich keiner von uns gewünscht.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Aber Sie haben es provoziert!)
Diese Menschen mögen Analphabeten sein oder Akademiker; sie mögen jung sein oder alt; sie mögen etwas beitragen können oder nicht – es ist völlig egal: Ihnen gewähren wir Schutz.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Dabei geht es natürlich nicht darum, ob diese Menschen unser Land kulturell und wirtschaftlich bereichern können und wir deren Elend als unsere Chance begreifen. Das steht auch in keinem Asylparagrafen.
(Sabine Zimmermann (Zwickau) [DIE LINKE]: Nichts verstanden! Überhaupt nichts verstanden!)
Außerdem kommen Menschen zu uns, und zwar viele Menschen, die sich hier auf das Asylrecht berufen, die aber eben nicht vor Krieg und Verfolgung fliehen, die kein Recht auf Schutz in unserem Land haben und keine Bürgerkriegsflüchtlinge sind. Diese Menschen müssen und werden wir zurückschicken, und zwar wieder ganz unabhängig davon, ob sie Analphabeten oder Akademiker sind. Denn es muss doch klar sein, dass die Zuwanderungswelle, wie wir sie zurzeit erleben, nicht dazu geeignet ist, die Probleme hier im Land zu lösen.
Nehmen wir das Schlagwort „Fachkräftemangel“, das in diesen Wochen Konjunktur hat. Es ist im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen, die momentan zu uns kommen, gleich doppelt unangebracht. Wir haben zum einen keinen generellen Fachkräftemangel.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 600 000 offene Stellen!)
Es gibt Fachkräfteengpässe in einigen Branchen und in einige Regionen. Das Problem entsteht im Wesentlichen dadurch, dass die Bewerber nicht bereit sind, dort hinzuziehen, wo es die freien Stellen gibt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Max Straubinger [CDU/CSU]: Mit Flüchtlingen können wir diese Arbeitsstellen nicht besetzen, weil die Qualifikationen nicht da sind, ganz einfach!)
Wir haben es auch sicher nicht mit einem Zustrom von Fachkräften zu tun oder mit solchen, die es in absehbarer Zeit werden können. Ich greife als Beispiel Syrien heraus. Syrien ist ein Agrarland, das vor dem Krieg mit Erdöl, Oliven und Textilien gehandelt hat. Der Tourismus brachte Devisen ins Land. Die meisten Syrer kamen, wenn überhaupt, bei einem viel zu großen Staatsapparat unter, und der war korrupt. Viele Syrer haben die vergangenen Jahre in Flüchtlingslagern verbracht. Der Krieg hat ihnen die Jahre der Ausbildung und Bildung schlichtweg genommen. Es sind jedenfalls nicht die Fachkräfte, die mancherorts bei uns fehlen.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: 50 Prozent haben eine Ausbildung! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher wissen Sie das? Sie wissen nicht einmal, wie viele hier sind!)
Weil Sie zu wenig interkulturelle Kompetenz bei den Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit beklagen: Selbst wenn alle BA-Mitarbeiter fließend Arabisch, Dari oder Paschtu sprechen würden und wenn sie alle ein Studium der Ethnologie absolviert hätten, würde das nichts an der Tatsache ändern, dass für die allermeisten derer, die nun kommen, unser Arbeitsmarkt kurz- und mittelfristig unerreichbar ist. Warum schildere ich das alles? Ich tue das, um darzulegen, wie schwierig die Situation ist und dass es nicht damit getan ist, ein paar Sprach- und Integrationskurse anzubieten
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Damit kann man ja mal anfangen!)
sowie Kompetenzen und Qualifikationen zu suchen. In dieser schwierigen Situation müssen wir uns auf die konzentrieren, die hier Schutz brauchen. Sie, meine Damen und Herren von der Linken, kommen mit Ihren Vorschlägen daher und wollen das allen geben, und zwar unabhängig davon, ob sie Schutz brauchen oder nicht. Das ist der große Fehler Ihres Antrags.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich halte das auch für völlig unverantwortlich gegenüber den Menschen in unserem Land.
In einem Ziel sollten wir uns einig sein: Das Allerbeste, was wir erreichen können, wäre, wenn die, die jetzt Tag für Tag zu Tausenden kommen, so früh wie möglich in ihre Heimat zurückkehren könnten, um ihr Land wiederaufzubauen, und zwar gerne mit den Kenntnissen und den Erfahrungen, die sie hier bei uns in der Schutzzeit gesammelt haben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Bevor ich nun dem Kollegen Bartke das Wort erteile, möchte ich eine Delegation aus Kolleginnen und Kollegen des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments unter ihrem Vorsitzenden, Elmar Brok, herzlich begrüßen, die auf der Ehrentribüne Platz genommen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich begrüße außerdem den Generalsekretär der OSZE, Herrn Lamberto Zannier, und seine Delegation herzlich.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich wünsche Ihnen nicht nur bei diesem Besuch hier in Berlin viel Erfolg, sondern auch für Ihre wichtige politische Arbeit. Ich denke, gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, dass Europa beisammenbleibt.
Jetzt hat der Kollege Matthias Bartke für die SPD das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6142696 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | Unterstützung von Flüchtlingen |