Frank SchwabeSPD - Klimakonferenz in Paris
Ich weiß nicht, um wie viele Minuten sich meine Redezeit verlängert.
(Heiterkeit)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Baerbock, es ist die Aufgabe der Opposition, Kritik zu üben und die Regierung voranzutreiben; das ist richtig und wichtig. Aber darüber darf nicht der von Ihnen erweckte Eindruck entstehen – er ist nach meiner Meinung falsch –, dass wir nicht gemeinsam für ein ambitioniertes, rechtsverbindliches Klimaabkommen eintreten; dafür tritt das ganze Haus – genauso wie die Ministerin und die Staatssekretärin – ein. Das ist das Ziel, das wir erreichen wollen. Ich bin sicher, dass wir es auch in Paris erreichen werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir könnten über all das reden, was auf der Welt schwierig ist. Wir könnten darüber reden, dass wir mittlerweile schon bei einer Temperaturerhöhung von 1 Grad Celsius angekommen sind. Wir könnten darüber reden, dass wir vor kurzem auf Initiative von Frau Höhn Klimazeugen aus dem Tschad und von den Philippinen in den Ausschuss eingeladen haben. Ich habe vor kurzem Bangladesch und Myanmar besucht und habe mich davon überzeugen müssen, wie schwierig die Lage für viele Menschen auf der Welt ist, wie viele Klimaflüchtlinge es gibt. Wir könnten darüber reden, welche Auswirkungen der Klimaschutz auf die Flüchtlingspolitik hat. Dazu gab es ein bemerkenswertes Interview von Frau Ministerin Hendricks. Wir bekommen dieses Thema in der Tat in einer ganz neuen Dimension auf die Tagesordnung; denn im Rahmen der Flüchtlingsdebatte wird klar – das war bei der Klimadebatte für diejenigen, die eingeweiht sind, schon immer klar –, dass das, was wir hier tun, wie wir hier leben, wie wir hier wirtschaften und wie wir hier miteinander umgehen, Auswirkungen auf andere Teile der Welt hat.
Am Ende ist es nicht nur eine moralische Verpflichtung – das wäre schon wichtig genug –, sondern auch eine Frage von Eigennutz, alles zu tun, damit Menschen in anderen Teilen der Welt ordentlich leben können, damit auch wir hier ordentlich leben können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Wir stehen jetzt kurz vor der Konferenz von Paris. Ich, der ich mit meinen 45 Jahren mittlerweile ein Klimaveteran bin – ich nehme jetzt an der neunten Klimakonferenz teil –,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Klimaveteran“! Urgestein!)
muss sagen: Eigentlich war die Analyse immer, dass die Konferenzen zu wenig gebracht haben. Es gab solche Minister und solche. Je nachdem, ob man in einer Regierungskoalition war oder in der Opposition, hat man das als Politiker etwas anders dargestellt. Aber am Ende waren wir immer der Meinung, dass es nicht genug gebracht hat. Es gab manchmal radikale Vorstellungen. Ich erinnere mich an den Minister Gabriel, der auch einmal gewisse Vorstellungen hatte. Man kann sich jetzt denken, wie er manchmal auf solchen Konferenzen auftritt.
Das können wir alles lassen, das macht keinen Sinn. – Es stimmt, es war eigentlich immer zu wenig vor dem Hintergrund der Herausforderungen, die wir haben.
Trotzdem – das will ich heute sagen – kann man sich das Ganze auch einmal optimistisch anschauen und fragen: Was hat sich eigentlich in den letzten Jahren wirklich bewegt? Es hat sich eben ganz viel bewegt. Man muss keine optimistische Sichtweise haben, sondern schlichtweg eine realistische. Dann stellt man fest, dass es wirklich eine Revolution gegeben hat, die sich vielleicht evolutionär dargestellt hat; aber eine Revolution war bei der Frage des Klimaschutzes und der Frage, wie wir zukünftig Energie erzeugen und wirtschaften.
Barbara Hendricks hat die politische Lage angesprochen. Auch da muss ich sagen, Frau Baerbock: Dass China sich bewegt hat, liegt nicht nur an Deutschland, aber einen kleinen Anteil daran haben wir schon.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich erinnere an die Kooperationen, zum Beispiel im Rahmen des Emissionshandels. Es gibt dort wichtige Veränderungen. Auch die USA sind ganz wichtig und in der Tat – auch das hat die Ministerin gesagt – Kanada. Endlich haben wir eine andere Regierung in Kanada, die sich sicherlich ganz anders und progressiver verhalten wird.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber mit der Regierung in Kanada haben Sie nun wirklich nichts zu tun!)
Ich finde im Übrigen, dass wir auch die Frage der Ölsande noch einmal auf die internationale und europäische Tagesordnung bringen müssen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Was sich aber vor allem verändert hat, ist die ökonomische Lage. Wir haben eine drastische Trendwende weltweit in der Frage der erneuerbaren Energien. Wir haben eine Verfünfzigfachung der Solarstrommenge zwischen 2004 und 2014. Wir haben alleine im Bereich der Windkraft einen Zubau in China von 23 Gigawatt im letzten Jahr. Damit könnten wir alle Atomanlagen in Deutschland von heute auf morgen ersetzen. Mittlerweile wird weltweit wesentlich mehr in erneuerbare Energien investiert als in fossile Energieträger und Atomenergie zusammen.
Wir haben die sogenannte Divestmentdebatte, also den Abzug von Investments aus fossilen Energieträgern. Der norwegische Pensionsfonds ist mehrfach genannt worden, aber es ist auch die Rockefeller-Stiftung zu nennen. Wir haben jetzt ganz aktuell den Beschluss des Stadtrats von Münster, dass die beiden städtischen Fonds ab 2016 kein Geld mehr in Kohle, Gas und Öl investieren sollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Josef Göppel [CDU/CSU])
Es ist die zentrale Veränderung in den letzten Jahren und vielleicht im letzten Jahrzehnt, dass wir ganz andere ökonomische Rahmenbedingungen haben und es deswegen den Staaten viel leichter fällt, zu Verabredungen zu kommen. Deswegen: Die Wegrichtung stimmt – das ist zweifellos so –, und trotzdem müssen wir einige Dinge in Paris diskutieren, zum Beispiel die Frage, wie der Ambitionssteigerungsmechanismus konkret aussehen soll. Das muss konkret und verbindlich sein und muss Auswirkungen auf die Europäische Union haben.
Ich finde auch, dass wir darüber, wie man mit Entwicklungsländern in der Frage von „loss and damage“, also den Schäden, die es schon gibt, umgehen kann, diskutieren müssen. Da müssen wir einen Schritt weiterkommen. Dann geht es in der Tat darum, in Deutschland und in Europa die Dinge umzusetzen. Ich bitte noch einmal – ich habe es mehrfach hier schon getan – darum, dass das ganze Haus Umweltministerin Hendricks unterstützt. Sie hat uns ehrlich gemacht in der Frage, wo wir bei der Zielerreichung stehen. Alle müssen mithelfen, alle Kabinettsmitglieder, aber auch alle Mitglieder des deutschen Parlaments, damit wir unsere Klimaschutzziele in Deutschland erreichen.
Vielen Dank und ein herzliches Glückauf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der Wahlen bekanntgeben. Zuerst: Wahl eines Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abgegebene Stimmen 583, ungültige Stimmen keine, gültige Stimmen damit 583. Mit Ja haben gestimmt 430, mit Nein haben gestimmt 109, Enthaltungen 44. Damit ist der Abgeordnete Roland Claus gewählt.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dann kommen wir zum Ergebnis der Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abgegebene Stimmen 579, ungültige Stimmen 3, gültige Stimmen 576. Mit Ja haben gestimmt 476, mit Nein 79, Enthaltungen 21. Der Abgeordnete Dr. Dietmar Bartsch hat damit 476 Stimmen erhalten, und die erforderliche Mehrheit wurde auch hierbei erreicht.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt hat der Kollege Matern von Marschall, CDU/CSU-Fraktion, als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort. – Bitte schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6143261 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | Klimakonferenz in Paris |