12.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 136 / Tagesordnungspunkt 10

Sebastian HartmannSPD - Schutz besonders gefährdeter Flüchtlinge

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Menschen machen sich auf den Weg nach Europa. Sie sind auf der Flucht. Sie erreichen Deutschland, und sie erreichen damit nicht nur einen Raum des Rechts und der Freiheit, sondern auch einen Raum der Sicherheit. Sie erreichen Deutschland. Deswegen möchte ich an den Anfang meiner Ausführungen stellen, dass sich natürlich nicht aus dem Umfang der Zuwanderung oder des Einreisens ergeben kann, dass sich eine Grenze des Rechtsstaates oder der Geltung des Rechts ergibt. Dieser eine Gedanke wird sich mit dem anderen nicht vereinbaren lassen.

Es muss genauso klar sein, wie wir das von allen, die zu uns kommen, einfordern, dass wir in Deutschland auch in den Gemeinschaftsunterkünften, in den Erstaufnahmeeinrichtungen keine rechtsfreien Räume schaffen, meine Damen und Herren, und zwar für niemanden.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Als Staat und Gemeinschaft müssen wir uns der Verantwortung bewusst sein, die wir für diejenigen tragen, die zu uns geflohen sind und nun in Gemeinschaftsunterkünften leben. Ich bin den Grünen für ihren Antrag dankbar, da sie darin ein paar Punkte aufgreifen, die wir teilen, auch partei- und fraktionsübergreifend. Noch interessanter als der Antrag der Grünen ist jedoch die zugrundeliegende Studie, die zitiert worden ist, die es allerdings sehr bezeichnend auf den Punkt bringt. Darin heißt es:

Die Ergebnisse bieten keine abschließende Bearbeitung des Themas Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften, sondern werfen auf der Grundlage des explorativen Charakters der Untersuchung erste Schlaglichter auf ein relativ unbearbeitetes Feld.

Das ist genau die Spannkurve, in der wir uns befinden: Auf der einen Seite erleben wir enormes ehrenamtliches Engagement von freiwilligen Helferinnen und Helfern, die in der Prävention arbeiten, die Sicherheit bieten, die betroffenen Menschen helfen, egal ob Männern oder Frauen bzw., anders ausgedrückt, all denjenigen, die in den Einrichtungen von Gewalt betroffen sind. Das ist ehrenamtliches Engagement. Auf der anderen Seite gibt es einen unteilbaren Bereich, der die Sicherheit betrifft, und dieser Bereich ist nicht privat, sondern hier hat der Staat seine Aufgabe zu erfüllen. Das müssen wir als Gemeinschaft organisieren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zu unserer vornehmsten Verpflichtung gehört auch die Umsetzung des gemeinsamen europäischen Asylsystems, dass Schutzsuchende – ich zitiere – „eine gleichwertige Behandlung bei Verfahrensgarantien und Aufnahmebedingungen sowie einheitlichen Schutzstatus“ erhalten sollen, so weit das Zitat des ehemaligen Innenministers Hans-Peter Friedrich. Das muss doch die Maßgabe sein, wenn wir uns an die Umsetzung dieser Richtlinie machen.

Es ist auch nicht so, dass es zu dieser Richtlinie ohne tatkräftiges Mittun Deutschlands gekommen ist. Genauso werden wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten – hier schließe ich mich ausdrücklich den Worten der Kollegin Gülistan Yüksel an – darauf achten, dass es zu dieser Umsetzung kommt.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Punkt ist wichtig: Es ist sehr schwierig, einerseits Verfahren vereinfachen und es ermöglichen zu wollen, dass vor Ort Hilfe geleistet wird, und gleichzeitig sofort wieder die nächste Rahmenbedingung und die nächste verbindliche Regelung vorzugeben. Hier hilft auch die Übergangsfrist nicht; denn wir müssen vor Ort dafür sorgen, dass die Helfenden auch helfen können.

An dieser Stelle möchte ich sehr ausdrücklich auch denjenigen danken, die vor Ort in vielen Freizeitstunden ehrenamtliche Hilfe leisten. Sie begleiten die von Gewalt Betroffenen, die traumatisiert und hierher geflohen sind. Danke schön an all diejenigen für die geleistete Arbeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein großes Bundesland wurde angesprochen. Es gibt ein weiteres großes Bundesland, nämlich meine Heimat Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen ist genau an diesem Punkt vorangegangen. Wir haben schon im Dezember 2014 konkrete Vereinbarungen getroffen und für das Haushaltsjahr 2015 einen Fonds in Höhe von 900 000 Euro aufgelegt, mit dem genau an diesen Stellen vor Ort Schulungsprogramme und Hilfeleistungen finanziert werden, sodass diejenigen, die in den Einrichtungen ehrenamtliche Hilfe leisten, die die Betreuung übernehmen und die mit den betroffenen Frauen zusammenarbeiten, diese Hilfe auch konkret leisten können.

Darum gilt der Dank auch den Ländern, die willig sind, daran zu arbeiten und das umzusetzen, was wir als Nationalstaat im europäischen Rechtsrahmen gemeinsam vereinbart haben; denn ohne die Länder und ohne die Kommunen wird es genauso wenig gehen wie ohne die zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Ein Dankeschön an Nordrhein-Westfalen und ein Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die hier mitwirken.

Danke schön.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6143413
Wahlperiode 18
Sitzung 136
Tagesordnungspunkt Schutz besonders gefährdeter Flüchtlinge
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine