Mathias MiddelbergCDU/CSU - Austausch von Informationen über Finanzkonten
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Obwohl wir hier in diesen Tagen auch viele andere wichtige Themen zu besprechen haben, sollten wir dieses Feld der Steuerpolitik und der Finanzpolitik nicht aus den Augen verlieren; denn wir gehen hier heute einen ganz grundlegenden Schritt in Sachen Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Bekämpfung der illegalen Steuervermeidung. Den gehen wir höchstwahrscheinlich – da setze ich die Zustimmung aller einmal voraus, die wir gestern in der Ausschussberatung hatten – gemeinsam und in wesentlicher Übereinstimmung. Ich finde, das ist heute ein Tag, den man feiern kann.
Den Auftakt hat das im Oktober letzten Jahres genommen, als 51 Staaten die Vereinbarung über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Berlin – in unserem Bundesfinanzministerium – unterschrieben haben, wesentlich initiiert durch unser Finanzministerium, durch Wolfgang Schäuble an der Spitze. Aber auch weitere Länder waren maßgeblich daran beteiligt: Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, aber eben auch wir Deutsche.
Wenn man verfolgt hat, wie lange es gedauert hat und wie mühsam es war, sich über die EU-Zinsrichtlinie zu verständigen, dann ist es bemerkenswert, wie schnell wir es geschafft haben, uns über diesen internationalen und automatisierten Austausch von Daten über Finanzkonten in Europa auch weit über Europa hinaus zu verständigen. Ich finde, das ist ein höchst bemerkenswertes Ergebnis.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ab 2017 werden die Steuerbehörden in den Unterzeichnerstaaten – es waren zuerst 51, jetzt sind es schon 74, und 96 Staaten haben sich politisch schon fest dazu bekannt, dass sie dieses Abkommen unterstützen – in einem automatisierten Verfahren Kontoinformationen von den in ihrem Staat ansässigen Banken erhalten und untereinander austauschen. Das ist – ich habe es eben gesagt – ein maßgeblicher und grundlegender Schritt zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Länder, die dieses Abkommen unterzeichnet haben und dieses Abkommen dann exekutieren, stehen in Zukunft als Fluchtort, als Ort, wo man Kapitalvermögen verstecken kann, nicht mehr zur Verfügung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ab 2018 gilt das auch für die Schweiz. Die Schweiz wird dieses Abkommen ein Jahr später exekutieren. Wir können uns an viele Debatten erinnern, in denen wir uns hier über Steuerhinterziehung und Steuerbetrüger – ich will jetzt keine Namen mehr nennen, aber es waren prominenteste Namen dabei – unterhalten haben. Das wird in Zukunft nicht mehr der Fall sein. In Zukunft werden wir solche Fälle nicht mehr haben. Fälle dieser Art können sich bei dieser neuen Rechtslage nicht wiederholen. Das ist ein ganz großer Erfolg für Deutschland, für Europa und weit darüber hinaus, und es ist ein ganz grundlegender Beitrag für mehr Steuergerechtigkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Zu den Anträgen der Opposition nur so viel: Wir können bei aller Einigkeit heute im Kern diesen freundlichen Anträgen leider die Zustimmung nicht erteilen. Es bedarf keiner schrankenlosen Transparenz über alle Kapitaleinkünfte und auch keiner vollständigen Auflösung unseres Bankgeheimnisses. Die Finanzbehörden – das ist entscheidend – werden in Zukunft die Informationen über Kapitaleinkünfte im Ausland durch den Informationsaustausch umfassend erhalten. Im Inland werden Kapitaleinkünfte bereits heute durch die flächendeckende Kapitalertragsteuer erfasst. Schlupflöcher bestehen da nicht;
(Beifall bei der CDU/CSU)
denn die Kapitalertragsteuer wird automatisch durch die Banken erhoben und in anonymisierter Form an die Finanzverwaltung abgeführt.
Darüber hinaus haben Sie die Abschaffung der Abgeltungsteuer beantragt.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Hierüber kann man durchaus einmal grundsätzlich diskutieren; das ist gar keine Frage. Allerdings sollte man darüber erst dann diskutieren, wenn wir den Informationsaustausch auch wirklich haben, und nicht schon dann, wenn wir ihn beschließen. Wenn wir feststellen, dass er von sämtlichen Unterzeichnerstaaten wirklich exekutiert wird, dann macht es Sinn, in diesem Kontext auch über die Abgeltungsteuer zu diskutieren. Dann haben wir eine tatsächliche Handlungsalternative. Unter dieser Prämisse stehen im Übrigen auch alle rechtlichen Betrachtungen, die Sie uns wahrscheinlich gleich vorhalten werden. Wenn es nämlich diese Alternative in der Tat noch nicht gibt, machen diese rechtlichen Bewertungen wenig Sinn.
Es gilt, was Wolfgang Schäuble – im Übrigen unter Bezugnahme auf seinen Vorgänger Steinbrück – gesagt hat:
Die Abgeltungsteuer ist mit dem Argument eingeführt worden ...: 25 Prozent von X ist mehr als 45 Prozent von nix.
Wolfgang Schäuble hat hinzugefügt:
Solange man die Informationen nicht hat, ist eine Abgeltungsteuer in der Abwägung der Argumente – pro und kontra – zumindest eine mit guten Argumenten versehene Lösung.
Diese Einschätzung war und ist richtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
An dieser halten wir so lange fest, bis wir den Informationsaustausch wirklich exekutieren. Wir sollten deshalb nicht den zweiten vor dem ersten Schritt tun und deshalb in diesem Punkt noch zuwarten.
Im Übrigen – das sei an dieser Stelle schon angemerkt –: Wenn wir darüber diskutieren, zu einer normalen Besteuerung überzugehen, dann müssen wir natürlich auch über die Kompensationstatbestände reden, die damals zusammen mit der Abgeltungsteuer eingeführt wurden.
(Dr. Philipp Murmann [CDU/CSU]: Genau!)
Dann müssen wir nämlich über den vollständigen Werbungskostenabzug reden. Auch müssen wir über das Teileinkünfteverfahren bei der Körperschaftsteuer reden. Wenn, dann ist das ein Paket, aber keine getrennte Veranstaltung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Abschließend möchte ich gern eine Bemerkung zu dem Änderungsantrag machen, den Bußgeldrahmen, den das BMF auf 5 000 Euro gesetzt hat, zu verhundertfachen. Also, es lag der Antrag vor, den Bußgeldrahmen zu verhundertfachen. Wir in der Koalition haben uns darauf verständigt, dass wir den vorgesehenen Bußgeldrahmen verzehnfachen. Das halten wir für absolut angemessen und zureichend. Sie müssen sich vor Augen halten, meine Damen und Herren: Dieser Bußgeldrahmen betrifft gerade auch kleine Fälle. Betroffen ist der normale Sachbearbeiter in einem Finanzinstitut, der Fehler macht. Ihn wollen wir nicht mit einem Bußgeld von 500 000 Euro praktisch kriminalisieren. Auch da muss man eine Grenze setzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Lothar Binding (Heidelberg) [SPD])
– Genau, das ist richtig. Vielen Dank an Lothar Binding für den freundlichen Hinweis. Das wäre mein nächster Punkt gewesen. – Auch das muss man sehen: Jeder Fall, bei dem ein Fehler gemacht wird, wird demnächst mit 50 000 Euro bebußt. Wenn es also Fälle fehlerhafter Angaben gibt, dann gibt es in der Regel noch mehr solcher Fälle. Das summiert sich. Dadurch kommt es zu ganz anderen Bußgeldsummen. Wenn es hier um systematisch falsche Angaben geht, so wie das in der Ausschussberatung von einigen, – ich sage einmal, – beispielhaft vorgetragen wurde, dann wird in aller Regel strafbares Verhalten vorliegen. Dann gibt es Betrugssachverhalte oder auch Untreue. Das führt zu einem ganz anderen Strafrahmen, zum Beispiel zu Freiheitsstrafen.
Ich glaube, wir haben den vorliegenden Gesetzentwurf insgesamt sehr gut gestaltet. Wir gehen einen Riesenschritt in Sachen mehr Steuergerechtigkeit. Ich sage an dieser Stelle ganz persönlich, dass ich mich für die tolle Vorarbeit meines Kollegen Uwe Feiler, der in den letzten Monaten an der Arbeit gehindert wurde, sehr herzlich bedanke.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich stehe nur deshalb an dieser Stelle, weil du leider verhindert warst. Ich wünsche dir weiterhin allerbeste Besserung und danke dir für deine Arbeit. Ich bedanke mich auch bei allen anderen, auch beim Bundesfinanzministerium, für die hervorragende Zusammenarbeit.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Richard Pitterle von der Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6143475 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | Austausch von Informationen über Finanzkonten |