12.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 136 / Tagesordnungspunkt 11

Edelgard Bulmahn - Austausch von Informationen über Finanzkonten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Lieber Kollege Pitterle, eigentlich war das, was Sie uns unterstellt haben, schon bodenlos. Sie sagen, wir würden Steuerhinterziehung begünstigen.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ja!)

Ich finde es unfassbar, dass Sie uns unterstellen, wir würden den Lobbyisten der Steuerhinterziehung hier auch noch nachkommen. Ich habe Sie bisher immer für einen umgänglichen Menschen gehalten. Es hat mich schwer enttäuscht.

Das, was Sie, Frau Paus, gemacht haben, ist eine Unterstellung. Ich finde kaum Worte dafür.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie einmal nach!)

Es ist eine unfassbare Unverschämtheit. Die Gutachten, die man bestellt, bekommt man so wieder zurück.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie Steuerrechtler! Fragen Sie querbeet!)

Ich möchte Ihnen sagen: Ich habe mich mit diesem Gutachten sehr stark auseinandergesetzt. Wenn Sie es genau lesen würden, dann würden Sie sehen, dass viele Argumente weiterhin für eine Abgeltungsteuer sprechen. Im Übrigen: Wo ist eine Klage bis zum Verfassungsgericht gegangen? Wo ist vom Verfassungsgericht festgestellt worden, dass es sich hier um eine nicht verfassungsgemäße Besteuerung handelt? Man kann sehr viele Gutachten finden, die dafür sprechen, und auch andere, die dagegen sprechen. Deswegen bitte ich Sie, uns nicht zu unterstellen, wie Sie es getan haben, dass uns das Grundgesetz egal ist. Wir stehen auf dem Boden des Grundgesetzes. Dazu sind wir Parlamentarier in diesem Bundestag. Sie sollten sich für diese unglaubliche Frechheit entschuldigen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es tut mir leid, dass man in die Diskussion jetzt eine Schärfe über Gesetzentwürfe hereingebracht hat, die wirklich nicht notwendig ist, da wir eigentlich alle darin übereinstimmen, dass wir dieses Gesetz begrüßen. Es ist erfreulich, dass wir im internationalen Informationsaustausch eine Möglichkeit finden, Steuerhinterziehung, Steuervermeidung stärker einzuschränken. Ich möchte mich für das großartige Verhandlungsergebnis ganz besonders herzlich bei allen Verhandlungsführern bedanken, an der Spitze bei unserem Bundesfinanzminister Dr. Schäuble. Ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, ihm das auszurichten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Manfred Zöllmer [SPD])

Es ist schon gesagt worden, dass wir ab September 2017 mit vielen Staaten ganz hervorragende Austauschmöglichkeiten haben. Diese Möglichkeiten müssen nur noch entsprechend eingeführt werden und sich in der Praxis bewähren. Es ist ein Meilenstein bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung auf internationaler Basis erreicht worden. Wir haben damit auch eine Transparenz auf internationaler Basis erreicht, von der man vor Jahren noch nicht einmal geträumt hatte.

Was mir in diesem Zusammenhang ganz besonders wichtig ist, ist aber auch, dass tatsächlich gewährleistet bleibt, dass die automatische Übermittlung der Daten nur an Staaten erfolgen soll, die erklärt haben, die Unterlagen nur aus steuerlichen Gründen zu benötigen. Das muss streng beachtet werden; denn es wäre fatal, wenn mit den übermittelten Daten auch andere Ziele in diesen Staaten verfolgt werden könnten. Ich möchte nur an die intensiven Verhandlungen zum DBA mit China erinnern, wo wir insbesondere in Bezug auf die Todesstrafe erhebliche Probleme hatten.

Lassen Sie mich auf die Anträge der Opposition zu sprechen kommen. Sie von Bündnis 90/Die Grünen haben ein Gutachten bestellt. Darin ist zusammengefasst dargestellt, dass die Besteuerung der Kapitaleinkünfte nach § 32 d Absatz 1 EStG in Verbindung mit § 43 Absatz 5 EStG gegen gleichheitsrechtlich verankerte Vorgaben der Gleichbehandlung aller Einkunftsarten und der gleichmäßigen Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit verstoße. Gleichzeitig führt Ihr Gutachter aus, dass die Vorschriften auch einer besonderen Rechtfertigungsanforderung genügen müssen, wenn sie weiter angewendet werden können. Nun gebe es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, da die Besteuerung aufgrund der vorliegenden Erfahrungen und der Entwicklung bei der internationalen Bekämpfung der Steuerhinterziehung inzwischen als unverhältnismäßig zu beurteilen wäre.

Ich denke, dass der Gutachter, aber auch Sie mit Ihren Anträgen, eine Reihe von Sachverhalten, die durchaus immer noch für die Beibehaltung dieser Besteuerungsart sprechen, vermissen lassen. Zunächst einmal ist es doch in unser aller Interesse, dass durch die Abgeltungsteuer tatsächlich alle – ich betone: alle – inländischen Kapitalerträge aller Steuerpflichtigen erfasst werden. Bei diesem Verfahren werden Kapitalerträge von Millionen Konten in Deutschland in einem einfachen, administrativ leicht handhabbaren Verfahren erfasst, und neben der Steuer werden auch noch der Solidarbeitrag und sogar die entsprechende Kirchensteuer, wenn notwendig, abgeführt. Es gibt nachvollziehbare Berechnungen, dass das bei einem 25-prozentigen Steuersatz zu einer Besteuerung bis zu 61,5 Prozent der Nettoerträge führt, da dabei, wie es der Kollege Middelberg schon richtig dargestellt hat, keine Werbungskosten geltend gemacht werden können. Das liegt deutlich über dem, was Arbeitseinkommen heute zu versteuern haben.

Wie gesagt, ist durch das Besteuerungsverfahren ein vernünftiges, leicht administrierbares und transparentes System gebildet worden, durch das gewährleistet wird, alle Kapitalerträge entsprechend zu besteuern. Aus diesem Grund sollten wir warten, bis erste Erfahrungen aus den heute zu verabschiedenden Gesetzen vorliegen, Erfahrungen darüber, wie sich der internationale Informationsaustausch in der Praxis bewährt, bevor wir ein einfach handhabbares Verfahren letztendlich abschaffen.

Liebe Kollegen, Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Daten durch das strikte deutsche Steuergeheimnis geschützt bleiben müssten und sichergestellt werden müsse, dass sie nicht für andere Zwecke oder an anderer Stelle genutzt werden. Nun will ich niemandem unterstellen, dass er mutwillig das Steuergeheimnis in Deutschland verletzt. Aber die Erfahrungen mit Steuerhinterziehungsdaten prominenter Mitbürger haben doch gezeigt, dass das Steuergeheimnis so strikt auch nicht immer eingehalten wird. Deswegen, meine ich, sollte man sich in dieser Sache etwas zurückhalten. Man sollte auch bedenken, dass wir strenge Datenschutzvorschriften haben. Auch dies sollte Berücksichtigung finden.

Ich freue mich, wenn wir heute diese beiden Gesetzesvorhaben annehmen. Ich denke, damit werden In­stru­mente geschaffen, die uns im Kampf gegen Steuerhinterziehung wirklich helfen werden. Wir werden Ihre Anträge ablehnen.

Liebe Frau Paus, ich möchte Sie noch einmal bitten, über das nachzudenken, was Sie heute gesagt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Andreas Schwarz [SPD])

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Sarah ­Ryglewski von der SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6143568
Wahlperiode 18
Sitzung 136
Tagesordnungspunkt Austausch von Informationen über Finanzkonten
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