Jan van AkenDIE LINKE - Panzerlieferung nach Katar
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Heil, Sie kennen die Zahlen nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Tatsächlich hat Sigmar Gabriel in der ersten Hälfte dieses Jahres Rüstungsexporte im Wert von 6,5 Milliarden Euro genehmigt – 6,5 Milliarden Euro in einem halben Jahr, genauso viel wie im gesamten Jahr 2014! Und Sie sagen, das sei restriktiv. Ich lache mich tot.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dann kommt immer Ihre Entschuldigung: Na ja, bei den 6,5 Milliarden Euro war ein U‑Boot für Israel mit dabei. – Das U‑Boot für Israel hat 300 Millionen Euro gekostet. Ich ziehe das ab, wie Sie wollen. Dann bleiben immer noch 6,2 Milliarden Euro übrig. Wenn sich das fortsetzt, schaffen Sie es in diesem Jahr auf über 10 Milliarden Euro. Das hat vor Ihnen noch nie eine Regierung geschafft. Das ist nicht restriktive Rüstungsexportpolitik, das ist der Rüstungsexporteur Nummer eins.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Sie sind ein Zahlenverdreher, Herr van Aken!)
Das zu dem, was Sie gesagt haben.
Herr Heil, ich glaube, Sie haben mir vorhin nicht zugehört. Ich habe gesagt: Ja, es kann gut sein, dass am Ende jemand zahlen muss. – Aber es geht doch um die Abwägung: Wollen wir hier Geld verlieren, oder sollen die Menschen im Jemen ihr Leben verlieren?
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Hubertus Heil (Peine) [SPD]: War das mein Argument?)
Ich finde, bei dieser Abwägung sollte es um die Menschenleben im Jemen gehen und nicht um eine Schadensersatzklage. Da haben sie eine falsche moralische Entscheidung getroffen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Das war nicht mein Argument!)
Noch einmal zu Ihnen, Herr Gabriel: Herr Gabriel, ich glaube Ihnen, dass Sie die Zahl der Rüstungsexporte verringern möchten.
(Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Das haben wir doch!)
Aber dann trauen Sie sich doch endlich einmal. Sie stellen sich hier hin und sagen, Ihre Aufgabe sei es, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Ja, das ist so. Ich garantiere Ihnen aber: In dem Moment, in dem Sie die Rüstungsexporte wirklich herunterfahren, wird Ihnen das deutsche Volk zujubeln; denn die große Mehrheit möchte keine Waffenexporte. Das wissen Sie genauso gut wie ich.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Also trauen Sie sich einmal: Lassen Sie es einmal auf eine Schadenersatzklage ankommen. Warum kneifen Sie denn den Schwanz ein? Nur weil jemand mit dem Gesetz wedelt? Versuchen Sie es doch einmal! Sie haben in Bezug auf den Jemen wunderbare Argumente. Dort hat sich die politische Situation total verändert. Es gibt dort Krieg, und Katar ist daran beteiligt; das wissen wir. Wir können das belegen. Ich finde, einmal können Sie es versuchen.
Die Briten haben das gemacht. Die Briten haben vor einigen Jahren, nachdem die Saudis ihre Außenpolitik geändert haben, tatsächlich einmal schon genehmigte Waffenexporte noch im Hafen gestoppt. Trauen Sie sich einmal! Beim Gefechtsübungszentrum haben Sie sich getraut, als alles schon geliefert war. Lassen Sie es doch einmal auf einen Prozess ankommen! Wenn dann in einem solchen Fall, in dem nur eine von zwei Genehmigungen erteilt ist, am Ende wirklich das Urteil kommt, dass Schadensersatz zu zahlen ist, dann machen wir es eben so, wie Frau Keul gesagt hat: Dann ändern wir das Kriegswaffenkontrollgesetz. Sie bekommen es gerichtlich und verfassungsrechtlich wasserdicht hin, dass solche Waffenexportgenehmigungen immer nur vorbehaltlich einer Änderung der politischen Situation erteilt werden. Das können Sie machen. Sie müssen es nur wollen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Da ich Ihnen glaube, dass Sie die Zahl der Rüstungsexporte reduzieren wollen, sage ich Ihnen: Wir werden hoffentlich in einem halben Jahr einmal zusammensitzen und gemeinsam, vielleicht auch mit einigen Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, daran arbeiten, wie Sie es wasserdicht und gerichtsfest hinbekommen, dass Sie eine Genehmigung auch einmal widerrufen können und eben keine Waffen direkt in den Krieg liefern. Das ist das Entscheidende. Ansonsten bleibe ich dabei: Das System, so wie es im Moment ist, funktioniert nicht.
Das Zweite, was ich gern mit Ihnen im Kriegswaffenkontrollgesetz ändern würde – da muss ich aber auch die Grünen noch überzeugen –, ist, dass Sie wenigstens ein generelles Exportverbot für Kleinwaffen erlassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Bleiben wir doch einmal auf dem Teppich! Wertmäßig sind Kleinwaffen total irrelevant; das sind zwischen 50 und 100 Millionen Euro. Das ist ganz wenig Geld, bedeutet aber ganz viel Tod. Da würde die Wirtschaftsmacht Deutschland kaum Geld verlieren, aber ganz viel Leben retten.
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Sollen die Peschmerga mit einem Erbsengewehr schießen? – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Kalaschnikow!)
Ringen Sie sich endlich dazu durch, Herr Gabriel! Ich finde die Argumente, die Sie seit Jahren dazu vortragen, immer noch schwach. Machen wir es gemeinsam!
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jan van Aken (DIE LINKE): Die Peschmerga sollen nicht mit Gewehren schießen! ISIS bekämpfen wir anders, Herr Willsch! Aber davon verstehen Sie schon mal gar nichts!).
Vielen Dank. – Das Wort zu einer Kurzintervention erhält der Abgeordnete Gabriel.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: „Sigmar Gabriel“ bitte!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/cvid/6144111 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | Panzerlieferung nach Katar |