12.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 136 / Tagesordnungspunkt 15

Dagmar FreitagSPD - Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Gründung im Jahr 2011 ist die Republik Südsudan der jüngste Staat der Welt. Gleichzeitig ist es ein weiterer Staat auf dem afrikanischen Kontinent mit unendlichen Problemen, mit einer wirklich dramatischen politischen und humanitären Lage. Korruption, kaum oder fast nicht vorhandene staatliche Strukturen, ein verheerender Bürgerkrieg – all das hat zu der aktuellen, beklagenswerten Situation geführt. Ich füge hinzu: Das Ausmaß der Kriegsverbrechen ist wirklich unvorstellbar.

Immerhin, ein erster Lichtblick: Am 17. August 2015 unterzeichneten die Konfliktparteien aufgrund massiven internationalen Drucks ein 77-seitiges Friedensabkommen. Ich denke, Herr Minister Steinmeier, an dieser Stelle ist Ihnen für Ihren Einsatz für dieses Friedensabkommen ausdrücklich zu danken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Agnieszka ­Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber man muss leider auch feststellen, dass es erkennbar an der Bereitschaft zur Unterstützung der Vertragsinhalte mangelt. Vereinbarte Waffenstillstände werden gebrochen, zuletzt vor zweieinhalb Wochen. Zudem bedeutet die jetzt vorgenommene Zersplitterung der ursprünglich nur 10 Bundesstaaten in jetzt 28 einen erneuten Rückschritt. Im Übrigen verstößt auch das gegen den Geist des Friedensvertrages.

Es ist klar: Jahrelange kriegerische Auseinandersetzungen haben die Bevölkerung zutiefst traumatisiert und sie natürlich auch – wen wundert es? – zu einem gewissen Grade ihrer Friedensfähigkeit beraubt. Ein stabiler Friedensaufbau ist daher ohne die weitere Unterstützung der internationalen Gemeinschaft weder möglich noch vorstellbar.

Ich räume ein: UNMISS konnte den Bürgerkrieg nicht verhindern. Aber UNMISS bietet humanitären und militärischen Schutz für die vertriebene Zivilbevölkerung. Die Friedensmission UNMISS läuft – das wissen wir – seit 2011. Die Neuausrichtung des Mandates im Jahr 2014 machte den Schutz der südsudanesischen Zivilbevölkerung zum Kernelement der Mission. Erst vor wenigen Wochen, im Oktober 2015, wurde die Mission erweitert, und zwar, um die Implementierung des Friedensabkommens zu unterstützen.

Rund 4,5 Millionen der rund 12 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Landes sind in diesem Jahr auf Nahrungsmittelhilfen der Vereinten Nationen angewiesen. Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich betonen, wie wichtig die Sicherstellung der Finanzierung der humanitären Nothilfe ist. Doch es bedarf natürlich nicht nur einer vernünftigen finanziellen Basis. Nein, auch ohne eine ausreichende Sicherheit im Land sind zum Beispiel viele Hilfsmaßnahmen des World Food Programme überhaupt nicht möglich.

Wir wissen: Die Kindersterblichkeit im Südsudan ist extrem hoch. Hauptursache dafür ist Mangelernährung. Wir wissen auch um einen katastrophalen Bildungsstand im Land. Rund zwei Drittel der Erwachsenen im Land können nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben. Das heißt: Neben Sicherheit und Verteidigung müssen wir uns dafür einsetzen und Unterstützung leisten, dass der Staat auch in den Bereichen Gesundheitsversorgung und Bildung massiv investieren wird. Denn eines ist klar: Die vielen jungen Menschen im Land brauchen eine Perspektive, und ich füge ausdrücklich hinzu: im eigenen Land. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.

Es muss im Interesse der Weltgemeinschaft sein, dass dieses Land nicht noch stärker ins Chaos abgleitet,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

im Übrigen auch wegen der fragilen Stabilität in der gesamten ostafrikanischen Region. Das heißt auch: Das Engagement der Regionalorganisationen muss beachtet werden. IGAD zum Beispiel hat im Rahmen der Friedensverhandlungen durchaus dazu beigetragen, dass erste Schritte unternommen worden sind. Man muss allerdings hinzufügen: Zählbare Erfolge sind im Moment leider noch nicht zu verzeichnen. Das bedeutet natürlich, dass die Bemühungen nicht nachlassen dürfen, und auch im Land selber muss für Frieden und Stabilität gesorgt und geworben werden. Die internationale Gemeinschaft darf sich nicht zurückziehen. Vertrauen muss wieder aufgebaut werden, und die Umsetzung des Friedensabkommens muss überwacht und begleitet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eines ist klar – ich denke, da sind wir uns alle einig –: Der Schutz der Zivilbevölkerung muss oberste Priorität haben.

Das ist die richtige Stelle, um sich bei unseren Soldatinnen und Soldaten und Polizistinnen und Polizisten im Südsudan zu bedanken. Das ist ein Einsatz, der wichtig und unverzichtbar ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn gerade das deutsche Personal besetzt wichtige Schlüsselpositionen.

Wir müssen nicht nur gemeinsam dafür werben, sondern auch unseren Beitrag dazu leisten, dass der Konflikt im Südsudan nachhaltig beigelegt werden kann. Dazu – das ist jedenfalls unsere Überzeugung – brauchen wir die Fortsetzung der internationalen Unterstützung im Rahmen der UNMISS-Friedensmission. Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus diesem Grunde bitte ich um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Jan van Aken von der Fraktion Die Linke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6144198
Wahlperiode 18
Sitzung 136
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS)
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