Gabriele FograscherSPD - Kontrolle bundesnachrichtendienstlicher Tätigkeit
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Enthüllungen – Einzelheiten aus geheimen Unterlagen, Skandalträchtiges – über die Dienste in den Medien berichtet wird. Und so fällt es einem in diesen Tagen nicht gerade leicht, sich für die Nachrichtendienste in Deutschland und ihre Notwendigkeit für die Sicherheit in Deutschland und Deutscher im Ausland auszusprechen. Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst haben viel Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt.
Die Unfähigkeit des Verfassungsschutzes von Bund und Ländern und anderer Sicherheitsbehörden, die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds aufzudecken und Straftaten zu verhindern, beschäftigt bis heute den Bundestag und die Länderparlamente. Weil es viele Zweifel und ungelöste Fragen gibt, haben wir gestern den 2. Untersuchungsausschuss zum NSU eingesetzt. Als Konsequenz aus dem 1. NSU-Untersuchungsausschuss haben wir mit Reformen des Verfassungsschutzes begonnen. Zufrieden können wir damit aber noch nicht sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Veröffentlichungen von Edward Snowden im Sommer 2013, der Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre, Medien und Kontrollgremien des Bundestages decken immer neue Sachverhalte auf. Sie legen das teilweise problematische Agieren des BND und befreundeter Dienste offen. Schwere technische und organisatorische Defizite sind beim Bundesnachrichtendienst zutage getreten.
Unsere Antwort auf die Vorwürfe und Affären besteht in der Aufklärung der Defizite in den Strukturen und der Ursachen für die Fehlentwicklungen. Daraus müssen und werden wir Konsequenzen für die Reform und Neuausrichtung der Dienste ziehen und diese zügig umsetzen.
(Beifall bei der SPD)
Erste Schritte haben wir bereits unternommen. Wir haben die Geschäftsordnung des Parlamentarischen Kontrollgremiums verbessert, es personell aufgestockt und eine Task Force geschaffen, die Sachverhalte untersuchen kann, und die Einsetzung eines Sonderermittlers ermöglicht. Die Task Force arbeitet. Der Sonderermittler hat einen Bericht zum Komplex „Corelli“ vorgelegt. Mit diesen erweiterten Handlungsoptionen kann das Parlamentarische Kontrollgremium aktiver agieren, und die Qualität der Kontrolle hat sich verbessert.
Das reicht uns aber noch nicht. Deshalb wollen wir den Ständigen Beauftragten mit eigenem Arbeitsstab. Dieser soll sowohl für das Parlamentarische Kontrollgremium als auch für das Vertrauensgremium und die G10-Kommission arbeiten und diese unterstützen. Wir erwarten auch noch mehr selbstständige Information durch die Bundesregierung und die Nachrichtendienste über Vorkommnisse, die politisch brisant sind oder sein könnten.
Klar ist für uns: Der Bundesnachrichtendienst braucht eine neue gesetzliche Grundlage. Dafür haben wir bereits vor der Sommerpause Eckpunkte vorgelegt. Wir fordern: Bei Erstbeauftragung einer Maßnahme muss der BND-Präsident zustimmen. Weiter fordern wir: ausdrückliches Verbot der Wirtschaftsspionage; besonderen Schutz von EU-Bürgern, EU-Mitgliedstaaten und EU-Institutionen; ausdrückliches Verbot eines systematischen Ringtauschs zur Umgehung nationaler Restriktionen und deutliche organisatorische Maßnahmen, was heißt, dass einzelne Abteilungen kein Eigenleben mehr führen dürfen.
Die Linke macht in ihrem Antrag und in ihrem Gesetzentwurf zahlreiche Vorschläge, die mal mehr, mal weniger geeignet sind, die parlamentarische Kontrolle der Dienste zu stärken. Ich frage mich aber: Wozu der ganze Aufwand, wenn es – ich zitiere aus dem Antrag – nur als Übergangslösung auf dem Weg zur Abschaffung der Geheimdienste gedacht ist?
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir als Koalition wollen mit unseren Vorschlägen die Dienste stärken, sie leistungsfähiger und zielgerichteter aufstellen und befähigen, die Herausforderungen der heutigen Zeit und der Zukunft bewältigen zu können.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6144377 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | Kontrolle bundesnachrichtendienstlicher Tätigkeit |