12.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 136 / Tagesordnungspunkt 17

Lars KlingbeilSPD - Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn die Zeit schon fortgeschritten ist, halte ich die Diskussion hier im Deutschen Bundestag über eine weitere Beteiligung der Bundeswehr am Mandat in Darfur für sehr wichtig. Ich möchte mich auch gleich zu Beginn dieser Diskussion bei all denen bedanken, die in den letzten Jahren für die Bundesrepublik Deutschland in Darfur waren, egal ob als Helfer in den NGOs, ob als Polizisten oder als Soldatinnen und Soldaten. Wir haben viele Menschen dorthin entsandt. Ich denke, wir alle können dankbar sein für den Einsatz, den sie dort geleistet haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die Vereinten Nationen haben die Situation in Darfur vor wenigen Jahren als eine der schrecklichsten humanitären Katastrophen bezeichnet. Wenn wir uns die Zahl der Opfer anschauen, dann sehen wir, dass es seit 2003 in diesen Auseinandersetzungen über 300 000 Tote gegeben hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben gestern Abend mit einem Zapfenstreich und heute Morgen mit einer großen parlamentarischen Debatte „60 Jahre Bundeswehr“ gefeiert. Ich finde, bei einer Mission wie UNAMID sollten wir uns immer wieder bewusst machen: Wir haben eine Parlamentsarmee. Wir als Parlamentarier sind es, die die Soldatinnen und Soldaten in den Auslandseinsatz schicken. – Selbst wenn es im aktuellen Mandat nur sieben Soldatinnen und Soldaten sind: Trotzdem gehört eine solche Diskussion in das Parlament, hier in den Deutschen Bundestag. Wir müssen uns unsere Verantwortung bewusst machen. Es ist richtig, dass wir über jeden Einsatz der Bundeswehr hier im Parlament diskutieren und auch namentlich darüber abstimmen.

(Beifall bei der SPD)

Ein Weiteres, was auch eng mit diesem Einsatz zusammenhängt, ist: Es gilt, uns noch einmal bewusst zu machen, wie sehr die Welt im Umbruch ist. Ich erinnere mich daran: Vor sechs Jahren, als ich Mitglied des Deutschen Bundestages wurde, war die außen- und sicherheitspolitische Diskussion eine Nebendebatte. Heute reden wir eigentlich nur noch über die Außen- und Sicherheitspolitik. Wenn wir uns die weltpolitische Lage anschauen – die Ukraine, Syrien, der Nahe Osten, aber auch Afrika –, dann sehen wir, wie brachial die weltpolitische Lage auf einmal auch in unseren Fokus gerückt ist. Es ist unsere Verantwortung als Parlament, die entsprechende sicherheitspolitische Diskussion zu führen. Wir tun das gerade im Rahmen des Weißbuch-Prozesses. Ich finde aber, wir müssten hier im Parlament noch viel stärker sicherheitspolitische Diskussionen führen in der Art, wie es heute Morgen der Fall war. Das gehört auch zu unserer Verantwortung als Parlamentarier.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Situation in Darfur ist seit 2003 fragil. Wir haben dort nicht die Fortschritte, die wir uns wünschen. Nein, viel zu häufig gibt es sogar Rückschritte vor Ort. Wir sehen, dass unterschiedliche ethnische Gruppen, Rebellengruppen und Regierungen sich immer wieder in Kämpfen befinden. Aber es ist richtig, dass wir uns dort engagieren. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass 4,4 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Allein 2 Millionen Kinder in Darfur sind unter­ernährt. Und in der Region sind 2,6 Millionen Menschen als Binnenflüchtlinge unterwegs.

Ich will nur zwei weitere Zahlen nennen, die verdeutlichen, wie wichtig unser Engagement in Afrika ist. Bis 2050 wird sich die Bevölkerungszahl in Afrika auf 2,4 Milliarden Menschen verdoppeln. Von diesen 2,4 Milliarden Menschen im Jahr 2050 wird 1 Milliarde unter 18 Jahren sein. Wir können doch heute schon absehen, dass viele dieser Menschen versuchen werden, ein besseres Leben zu führen, als das heute in Afrika der Fall ist. Wenn wir in diesen Tagen ausführlich über Fluchtursachen reden, dann müssen wir uns hier im Parlament bewusst machen, wie wichtig Frieden und Stabilität auf dem afrikanischen Kontinent sind, wenn wir wollen, dass die Menschen dort vernünftig leben können. Wir müssen ihnen eine Perspektive bieten. Deswegen ist unser Engagement auf dem afrikanischen Kontinent so wichtig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Marieluise Beck (Bremen) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine militärische Stabilisierung der Region kann nicht funktionieren. Eine Gesamtstrategie ist wichtig. Ich will auch hier ein paar Fakten nennen, damit man einfach sieht, wie umfassend das Engagement der Bundesregierung ist. Allein im Jahr 2015 haben wir 7,1 Millionen Euro in humanitäre Hilfe investiert. Am Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre, das vom Auswärtigen Amt gefördert wird, wurden über 300 Polizisten ausgebildet. Das BMZ finanziert über einen Regionalfonds unterschiedlichste NGOs, die an der Sicherung der Wasser- und Gesundheitsversorgung arbeiten. Und 16 Millionen Euro fließen vonseiten der Bundesregierung in Projekte, die die berufliche Bildung und Ausbildung in der Region fördern sollen. Hier sieht man, wie unterschiedlich der Ansatz ist. Ich glaube, nur eine solche gemeinsame Strategie im Sinne einer Gesamtstrategie kann erfolgreich sein.

Das Mandat, über das wir heute entscheiden, ist ein gemeinsames Mandat der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union und verfolgt drei Ziele: zum Ersten den Schutz von Zivilpersonal und zivilen Helfern, zum Zweiten die Erleichterung bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe und zum Dritten die Unterstützung bei der Vermittlung zwischen den Konfliktparteien. Insgesamt sind es 16 000 Soldatinnen und Soldaten und 1 500 Polizistinnen und Polizisten, die dort unterwegs sind. Noch einmal: Das Mandat sieht vor, dass es bis zu 50 deutsche Soldatinnen und Soldaten sein können. Aktuell sind sieben Soldaten und ein Polizist vor Ort, die vor allem die Stäbe unterstützen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will noch einmal betonen: Ich glaube, dass Militär in dieser Region keinen Frieden bringen kann. Aber Militär und Bundeswehr können eine wichtige Unterstützung bieten, wenn es darum geht, auf dem steinigen Weg politischer Verhandlungen ökonomischen Aufbruch und soziale Stabilität herzustellen. Die Bundeswehr kann helfen, dort einen Rahmen zu setzen. Deswegen halten wir als SPD-Fraktion es für richtig, dass wir heute das Mandat um ein weiteres Jahr verlängern.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir auch!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich freuen, wenn wir das mit einem deutlichen Signal hier im Parlament tun

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Frau Beck auch!)

und damit auch den Soldatinnen und Soldaten, auch wenn es nur wenige sind, ein klares Signal geben, dass wir ihre Mission richtig finden und sie unterstützen. Noch einmal: Wir wünschen ihnen alles Gute für diese Mission.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Kathrin ­Vogler das Wort.

(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt fehlen nur noch Sie! Dann sind wir einstimmig!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6144395
Wahlperiode 18
Sitzung 136
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID)
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