Lars KlingbeilSPD - Netzneutralität
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Möglichkeit, ein weiteres Mal über das wichtige Thema Netzneutralität hier im Parlament zu diskutieren. Konstantin von Notz, vielen Dank für das engagierte Streiten zu später Stunde. Aber ich will dir schon noch ein paar Sachen sagen. Wenn du hier behauptest, die Regierung verramsche die Netzneutralität über den Umweg Europa, dann frage ich mich: Was ist aus den Grünen geworden, die eigentlich für Verhandlungsprozesse in Europa stehen?
Das kann man doch nicht aberkennen. Dass das nicht bedeutet, nationale Interessen rigoros durchzusetzen, sondern dass wir mit 28 Staaten in Europa verhandeln und nicht immer zu 100 Prozent das bekommen, was wir wollen, das müsstest du als Grüner doch anerkennen. Das ist in Europa manchmal schwieriger, als es auf nationalstaatlicher Ebene der Fall wäre.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt es blockiert!)
Das Zweite, was ich sagen will, ist: Schau einmal in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition. Darin steht die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität, so wie wir das jetzt in Europa durchgesetzt haben.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pustekuchen!)
Du weißt, wenn ich alleine hätte entscheiden können, hätte ich das anders gemacht,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
aber es ist im Koalitionsvertrag festgehalten, dass wir in engen Grenzen Spezialdienste zulassen wollen. Man kann der Politik vieles vorwerfen, aber dass man das umsetzt, was im Koalitionsvertrag steht, sollte man der Politik nicht vorwerfen.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, wenn es schlecht ist! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Da steht etwas Falsches drin!)
Das hat, glaube ich, auch etwas mit Konsequenz zu tun.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir haben jetzt in Europa die Einigung erzielt. Ohne die deutsche Bundesregierung hätte es keine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität gegeben. Wenn man sich die Gemengelage in Europa anschaut, dann sieht man: Wir hatten genug Staaten in Europa, die keine gesetzliche Verankerung, sondern weiterhin das freie Spiel des Marktes wollten. Es ist gut, dass die Bundesregierung am Ende einen Kompromissvorschlag vorgelegt hat.
Herr Oettinger als zuständiger Kommissar hat gesagt, es dürfe Abweichungen von der gesetzlich vorgeschriebenen Netzneutralität geben. Er hat einige Kriterien dafür genannt. Ich will aus einigen Interviews zusammenstellen, was er gesagt hat.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nein! Das haben wir schon so oft gehört!)
Er hat gesagt, es müsse eine technische Notwendigkeit dafür geben, er hat gesagt, es müsse ein öffentliches Interesse geben, und er hat gesagt, es müssten vor allem ausreichend Bandbreite und Kapazität vorhanden sein, und das bedeutet wesentlich mehr als 50 Mbit.
Jetzt bin ich einmal gespannt, welche Leistung das am Ende überhaupt betreffen wird. Ich rate zu etwas mehr Gelassenheit. Wir haben jetzt die Regelung, und wir werden sehen, wie das Ganze von den nationalen Regulierungsbehörden umgesetzt wird. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es am Ende sehr wenig Abweichungen von der Netzneutralität geben wird.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie naiv ist das denn!)
Ich glaube übrigens auch – ein Argument, das wir immer hören –, dass das automatisierte Fahren die Netzneutralität nicht aufbricht.
Am Ende will ich eines sagen: Ich glaube, dass der Telekom-Chef der ganzen Debatte einen Bärendienst erwiesen hat.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wohl wahr!)
Wir alle werden aufmerksam schauen, was da passiert. Herr von Notz, ich will zum Schluss noch sagen: Ich habe gelesen, dass der Kollege Jarzombek sich kritisch geäußert hat. Auch ich habe mich kritisch geäußert. Von den Grünen habe ich zu der Telekom-Debatte nichts gelesen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hast du nichts gelesen?)
Vielen Dank fürs Zuhören.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6144589 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 136 |
Tagesordnungspunkt | Netzneutralität |