13.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 27

Maria MichalkCDU/CSU - Stärkung der pflegerischen Versorgung

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In der Tat möchte ich wirklich damit beginnen. Ich war dabei, als wir vor mehr als 20 Jahren über die Pflegeversicherung als letzte notwendige Säule in unserer sozialen Absicherung diskutiert und sie nach einer intensiven Diskussion eingeführt haben. Wir haben eine Pflegeversicherung, wir haben gut ausgebildete Fachkräfte, immer mehr Menschen engagieren sich in der ambulanten Pflege für ihre Lieben. Dass wir analysieren, was gut läuft und nicht gut läuft, das zeichnet dieses Parlament aus. Dass wir heute das größte Reformpaket in dieser wichtigen Versorgungssäule vorlegen, ist sozusagen die Krönung.

Deshalb will ich in der Tat Herrn Bundesminister ­Gröhe, seinen Staatssekretärinnen, Herrn Laumann und dem ganzen Team im Haus herzlich danken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

– Ja, mit Beifall sollte man hier nicht sparen. – Die Opposition hat es ja schon bekräftigt: Niemand hat geglaubt, dass wir es schaffen. Wir haben es geschafft.

Wir Menschen können durch einen Unfall, durch Krankheit oder einfach nur durch das Alter pflegebedürftig werden, jeder von uns. Alter heißt aber nicht automatisch: pflegebedürftig. Deshalb gibt es eine Verbindung zu all den guten Gedanken, die wir beim Präventionsgesetz ausgetauscht haben. Aktives Altern hilft vielleicht, Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. Die gute Vorlage aus dem Haus haben wir im parlamentarischen Beratungsprozess an vielen Stellen nachgebessert. Das war ein Prozess, der im guten Einvernehmen abgelaufen ist.

Liebe Kollegin Zimmermann, Sie haben uns hier vorgerechnet, was die Zuzahlung für jemanden mit dem künftigen Pflegegrad 2 bedeutet, der sich entscheidet, in ein Pflegeheim zu gehen. Dabei haben Sie aber unterlassen, darauf hinzuweisen, dass wir im Rahmen des parlamentarischen Beratungsprozesses festgelegt haben, dass der jetzt übliche Abschlag von 20 Prozent beim Zuschuss wegfällt. Man erhält den vollen Pflegesatz. Insofern gibt es eine Wahlfreiheit zwischen ambulant oder stationär.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben für pflegende Angehörige – das wurde schon gesagt; aber man kann es nicht oft genug sagen – weitere Verbesserungen in den Gesetzentwurf geschrieben. Wenn man jemanden, der den Pflegegrad 5 hat, zu Hause voll pflegt, dann macht die Anrechnung in der Rentenversicherung einen ganzen Punkt aus. Das ist eine Gleichstellung mit der außerhäuslichen Arbeit und eine große Stärkung der sozialen Absicherung pflegender Angehöriger.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Frau Michalk, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Zimmermann zu?

Ja, gerne. – Bitte schön.

(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Aber sachlich bleiben!)

Vielen Dank, Frau Michalk. – Wir haben von zwei unterschiedlichen Dingen geredet. Sie haben von dem Fall geredet, dass jemand in ein Pflegeheim gehen möchte, begutachtet wird und man bei der Begutachtung zu dem Ergebnis kommt, dass diese Person nicht in ein Pflegeheim gehen sollte, die Person es aber doch tut.

Ja.

Dann muss man 20 Prozent dieser Kosten zusätzlich tragen. Davon habe ich aber gar nicht geredet.

Es ist zwar gut, dass Sie diese Regelung abgeschafft haben; das ist anzuerkennen.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: War das jetzt etwa ein Lob?)

Aber das hat nichts damit zu tun, dass eine Frau, wie ich in diesem Zusammenhang erwähnt habe, eine Nettorente von 1 700 Euro beziehen müsste, um überhaupt selbstständig einen Pflegeheimplatz bezahlen zu können. Ich wollte nur deutlich machen, dass Pflege auch nach Ihrem Gesetzentwurf immer noch vom Geldbeutel abhängig ist. Mehr wollte ich gar nicht sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kollegin Zimmermann, ich habe das schon richtig verstanden. Meine Antwort sollte Ihnen und auch der Öffentlichkeit zeigen, dass wir die Solidarität in der gesamten Gruppe sehr wohl beachten und da für Verbesserungen gesorgt haben. Was den Fakt betrifft, den Sie jetzt noch einmal skizziert haben, haben Gutachter untersucht, um welche Größenordnung es dabei geht. Sie wissen, dass wir über einen längeren Zeitraum Modellprojekte durchgeführt haben – es gab über 2 000 Begutachtungen im ambulanten und stationären Bereich –, in deren Rahmen die Veränderungen und die Frage der Vor- und Nachteile sehr genau analysiert wurden.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Sagen Sie doch einfach: Sie hat recht!)

Es gibt dazu ein positives Gutachten. Das können Sie nicht unter den Tisch fallen lassen.

Außerdem ist wohl noch ein Gedanke wichtig: Unser gesamtes soziales Sicherungswesen ist vom Grundgedanken der Solidarität getragen. Wenn jetzt in dem einen oder anderen Fall – das hängt immer von der persönlichen Konstellation ab – jemand, der den Pflegegrad 2 hat, vielleicht eine etwas höhere Zuzahlung zu leisten hat als nach dem bisherigen Begutachtungssystem, dann darf man nicht verkennen, dass die größere Anzahl derjenigen, die die Pflegegrade 3, 4 und 5 haben und in Zukunft im stationären Bereich versorgt werden, eine Entlastung erfährt. Durch den gleichen Zuzahlungsbetrag über alle Pflegegrade hinweg wird die Solidarität im System weiter gestärkt. Das war uns ein Herzensanliegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Dynamisierung in diesem Gesetzentwurf eine Rolle spielt. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass jeder, der heute begutachtet ist, eine Pflegestufe bzw. einen Pflegegrad hat und Leistungen bezieht, Bestandsschutz bis an sein Lebensende genießt. Jeder hat natürlich das Recht, sich neu begutachten zu lassen. Allerdings sagen wir: In den Fällen, in denen der MDK, der die Begutachtung durchführt, eine Wiederholungsbegutachtung befürwortet, sollte diese für zwei Jahre ausgesetzt werden, damit genug Zeit ist, bei der Antragstellung kein Stau entsteht und die Neubegutachtungen in aller Ruhe erfolgen können. Wir haben jetzt noch ein Jahr und drei Monate Zeit für die Vorbereitung, um sicherzustellen, dass diese Verbesserungen zum 1. Januar 2017 – nachdem wir ohne Hektik und nach intensiver Beratung über alles diskutiert haben – sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich wirken können. Gerade in diesem Bereich können wir uns nämlich keine Oberflächlichkeiten leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD])

Deshalb bin ich so dankbar, dass wir diesen Gesetzentwurf gemeinsam in aller Ruhe beraten konnten.

Ich habe eine Gepflogenheit: Wenn ich ein Thema bearbeite, gebe ich mir immer ein Motto. Das ist so meine Arbeitsphilosophie. – Bei dieser Gesetzesberatung habe ich mir rückblickend auf das, was ich schon vor 20 Jahren gedacht habe, einen Spruch von Friedrich Schiller an meinen Schreibtisch gehängt. Er hat folgenden wunderbaren Satz gesagt:

Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben. Bewahret sie! Sie sinkt mit euch, mit euch wird sie sich heben.

Ich finde, wir haben mit dieser Gesetzesberatung und mit dieser großen Reform diesem Anspruch wirklich Genüge getan.

Ich freue mich, danke Ihnen für die Zusammenarbeit und bitte um Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Sabine ­Zimmermann, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6146499
Wahlperiode 18
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Stärkung der pflegerischen Versorgung
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