Erich IrlstorferCDU/CSU - Stärkung der pflegerischen Versorgung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz hat der Gesetzgeber die Leistungen der Pflegeversicherung ab dem 1. Januar 2015 deutlich ausgeweitet. Dieses Gesetz war ein Vorgriff auf das Zweite Pflegestärkungsgesetz, das wir heute beraten und beschließen. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, das Kernstück dieses Gesetzentwurfes, stellt eine neue Grundlage für die Pflege in Deutschland dar – ganz subtil in Bezug auf die Neuausrichtung der Pflege an der Selbstständigkeit der Gepflegten, aber auch ganz offenkundig beispielsweise im Rahmen der neuen Pflegebegutachtung.
Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass es viele Neuerungen gibt, sodass ich mich auf einige wenige Punkte konzentriere.
Meine Kernaussage ist, dass die Pflege in Deutschland deutliche Verbesserungen braucht, und zwar nicht nur die Einführung oder Erweiterung einzelner Leistungen. Wir brauchen vielmehr eine strukturell angelegte Pflegereform. Ich glaube, das gelingt uns mit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs. Ich meine damit nicht nur die großen Linien mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs mit all seinen Konsequenzen, sondern auch eine Reihe kleinteiliger Maßnahmen, die sich ganz konkret auf die Versorgungsangebote vor Ort auswirken werden. Das aktive Gestalten der Versorgungsstrukturen, aber auch das Schaffen von Freiräumen in der Versorgung sind Markenzeichen der Pflegepolitik der Union. Das liegt nicht nur im Interesse der Versicherten, sondern es ist auch im Sinne der Beitragszahler, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich möchte beispielhaft drei gesetzliche Neuerungen erläutern, die Ausdruck dieser Politik sind.
Erstens: das Thema Wohngruppen; mein Kollege Erwin Rüddel hat es bereits angesprochen. Ziel des Wohngruppenzuschlags ist die Förderung neuer Wohnformen für Pflegebedürftige als Alternative zum Heim. Es liegt in der Natur der Sache, dass neue Wohnformen oft vergleichbar mit altbewährten Konzepten der vollstationären, teilstationären und ambulanten Pflege sind. Allerdings müssen sie – das ist wesentlich – einen Mehrwert für die Versicherten und somit für die Menschen aufweisen. Neue Wohnformen können sich beispielsweise durch eine stärkere Selbstbestimmung der Bewohner auszeichnen. Deshalb begrüßen wir neue Wohnformen wie Wohngruppen ausdrücklich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, allein durch hohe Kosten für die Sozialversicherung ohne greifbare Unterschiede zu einem Pflegeheim dürfen sich Wohngruppen allerdings nicht auszeichnen. Denen, die die Förderung der Wohngruppen missbrauchen, treten wir deshalb mit diesem Gesetz entgegen. Wenn nötig, werden wir auch in weiteren Gesetzen nachjustieren. Das ist keine Drohung, sondern ein ernstgemeinter Hinweis.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Zweitens. Die Entscheidung, welche Versorgungsangebote in Deutschland bestehen sollen, ist Aufgabe der Pflegepolitik. Pflege ist kein Geschäft wie jedes andere und darf es auch nicht sein. In der klassischen vollstationären Versorgung nehmen wir den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff zum Anlass, um die Personalausstattung zu analysieren und im erforderlichen Maß anzupassen. Ein fundiertes Personalbemessungssystem wird entwickelt und erprobt; starre Personalschlüssel werden nicht vorgegeben. Damit setzen wir an den Personalstrukturen, einem Kern der pflegerischen Versorgung, an. Mit diesem Gesetz stoßen wir ihre Anpassung an die Versorgung an. Wesentlich ist, dass wir hier nicht stehen bleiben, dass es weitergeht. Beim Pflegeberufegesetz, das gerade beraten wird, planen wir echte Verbesserungen. Wir sind ja um eine Steigerung der Attraktivität dieser Berufe bemüht. Ich denke, das sowie die digitale Dokumentation sind Kernelemente der Zukunft.
(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Das sind Verbesserungen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Jawohl!)
Drittens. Auch die Beratungsangebote, die Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen helfen sollen, werden mit diesem Gesetz reformiert. Wir stellen die Weichen, damit die Pflegeberatung in Deutschland noch besser verfügbar ist und vor allem mehr genutzt werden kann. Künftig müssen die Pflegekassen allen, die einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung stellen, innerhalb von zwei Wochen aktiv eine Pflegeberatung anbieten. Angehörige erhalten erstmals einen eigenständigen Anspruch auf Pflegeberatung. Pflegekassen und Länder werden die verschiedenen Beratungsangebote vor Ort aufeinander abstimmen und so die Beratungsstrukturen stärken. Das ist uns wichtig.
Zum Schluss möchte ich sagen: Wir werden die Umsetzung der Pflegereform und die damit verbundenen Aufgaben nur meistern können, wenn wir gemeinsam an der Umsetzung arbeiten. Ich rufe die Pflegeheime, die Pflegedienste, die Kassen, die Länder und natürlich auch uns Bundespolitiker zur konstruktiven Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort auf, damit wir diese Reform vollständig umsetzen.
(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Damit werden wir die Pflege in Deutschland auf ein neues Fundament stellen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Tino Sorge für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6146579 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der pflegerischen Versorgung |