Günter Krings - Bekämpfung von Doping im Sport
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon die Aussprache in der ersten Beratung zum vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport hat gezeigt: Wir sind uns erfreulicherweise zumindest darin einig, dass Doping im Sport nicht nur den Sport unmittelbar gefährdet, sondern auch die mit ihm verbundenen Werte; denn: Sport verbindet, und Sport vermittelt Werte wie Integrität und Fairness.
Wird im Sport betrogen, fühlen sich nicht nur die Konkurrenten betrogen, sondern auch wir, die wir als Zuschauer mitfiebern und sportliche Leistungen bewundern, ebenso wie junge Menschen, für die Sportler Idole sind, die in Sportlern Vorbilder sehen, die ihre Leistungen durch hartes Training und Verantwortungsbewusstsein erreichen und eben nicht durch den Gebrauch von illegalen Substanzen. Was wir alle, Leistungssportler, Freizeitsportler oder eben nur Zuschauer, im Sport nicht wollen, das ist Betrug und Unfairness.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Es ist richtig: Wir können Doping im Sport nicht gänzlich ausrotten. Das zu glauben, wäre naiv; das tut vermutlich auch niemand. Aber wir können das uns Mögliche tun, um Doping im Leistungssport einzudämmen und besser zu bekämpfen.
Der heute zur Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf ist mit seinen Strafvorschriften unter anderem an den selbst dopenden Leistungssportler adressiert; Breitensportler werden gerade nicht erfasst.
Zum Teil ist die Kritik geäußert worden, Strafrecht sei hier nicht das richtige Mittel, um gegen Doping vorzugehen, Sportler – so wurde gesagt – würden hierdurch kriminalisiert. Meine Damen und Herren, Leistungssportler, die Dopingmittel oder Dopingmethoden anwenden, sollen ja kriminalisiert werden. Das ist doch der Sinn des Strafrechts: als Ultima Ratio Täter eines sozial in hohem Maße als schädlich empfundenen Verhaltens mit strafrechtlichen Sanktionen zu überziehen. So sieht das im Rechtsstaat eben aus.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Das Sportrecht und seine Sanktionsmöglichkeiten haben natürlich weiterhin Geltung. Aber es hat sich in der Vergangenheit eben gezeigt, dass der Sport allein nicht in der Lage ist, wirkungsvoll gegen Doping im Leistungssport vorzugehen. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang die Bemerkung: Ohnehin scheint mir in diesen Tagen das Vertrauen der Öffentlichkeit in die bloßen Selbstregulierungskräfte im deutschen und im internationalen Sport ein wenig abzunehmen.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Richtig!)
Die Probleme mit einer sportinternen Dopingbekämpfung hängen zum einen mit dem Umstand zusammen, dass dem Sport die tauglichen Ermittlungsinstrumente fehlen. Dopingfälle können bisher im Wesentlichen nur verfolgt werden, wenn positive Dopingproben bereits vorliegen. Sachverhalte, die zum Beispiel den Besitz von Dopingmitteln betreffen, waren in der Vergangenheit faktisch bedeutungslos.
Wir brauchen das Strafrecht aus generalpräventiven Zwecken. Wir brauchen es aber auch aus Repressionsgründen. Ich verbinde mit den neuen strafrechtlichen Regelungen die Erwartung, dass das Entdeckungsrisiko für den dopenden Sportler und damit für seine Helfer deutlich gesteigert wird.
Es geht beim Doping im Sport eben nicht nur um den Einzeltäter, nicht nur um den einen dopenden Sportler, es geht auch nicht nur um den einen Dopingmittel verabreichenden Arzt, sondern es geht hier um kriminelle Strukturen, ja, auch um organisierte Kriminalität. Die Strafvorschriften im Entwurf des Anti-Doping-Gesetzes erlauben den staatlichen Ermittlungsbehörden die umfassende Sachverhaltsaufklärung über den Einzelfall hinaus. Hierdurch können Strukturen aufgedeckt und kann Doping nachhaltiger und besser bekämpft werden.
Die Sportgerichtsbarkeit – sie ist eben angesprochen worden – hat unstreitig ihre Berechtigung für Streitigkeiten im Sport, und sie wird diese Berechtigung auch behalten. Das will ich hier sehr klar erklären.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Sie sorgt für schnelle Verfahren und auch für schnelle, sachgerechte Entscheidungen in vielen Einzelfällen. Darüber hinaus ermöglicht sie, die Besonderheiten des Sports in ganz besonderer Weise zu berücksichtigen und gleichartige Fälle auch gleichartig zu behandeln, was wiederum der Fairness dient. Aber dem Sport selbst fehlen eben die Aufklärungsmöglichkeiten. Sportorganisationen fehlen die Aufklärungsmöglichkeiten, wie sie staatlichen Ermittlungsstellen zur Verfügung stehen. Deshalb brauchen wir beide: Sportgerichtsbarkeit und für die wirklich schweren Fälle als Ultima Ratio das Strafrecht.
Über die Besitzstrafbarkeit wurde bereits ausführlich gesprochen. Ich denke, allen hier, die sich ein wenig intensiver damit beschäftigt haben, ist inzwischen klar geworden, dass nur der Besitz mit der Absicht, das Dopingmittel auch anzuwenden, unter Strafe gestellt werden soll. Damit sind die immer wieder ins Feld geführten Fälle des Unterschiebens von Dopingmitteln – der Bundesjustizminister hat darauf hingewiesen – natürlich gerade nicht von der Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz erfasst.
(Dagmar Freitag [SPD]: Genau so ist es!)
Deswegen sind auch die geäußerten Befürchtungen Unsinn. Die Strafverfolgungsbehörden und letztlich das Gericht müssen den Vorsatz ersten Grades – so nennen die Juristen das – nachweisen. Andernfalls gibt es keine Verurteilung. Vor dem Hintergrund, dass mit dem Gesetzentwurf auch der mengenunabhängige Besitz unter Strafe gestellt ist, ist es auch gut, dass wir die Versuchsstrafbarkeit im Hinblick auf den Besitz hier herausgenommen haben.
Bei allem darf natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass es am allerbesten wäre, wenn es dieses Gesetzes überhaupt nicht bedurft hätte. Ich möchte deshalb ausdrücklich auch auf die Präventionsarbeit hinweisen, die schon heute geleistet wird, allen voran von den Sportverbänden und auch der NADA. Die Präventionsarbeit geht dabei gerade auf die jungen Sportlerinnen und Sportler zu. Diese jungen Menschen müssen klar und deutlich und, wo nötig, auch drastisch erfahren – möglichst nicht erst durch den Strafrichter –, was sie ihrem Körper, ja, was sie ihrer Seele durch Doping antun können.
Meine Damen und Herren, wie alle anderen gesellschaftlichen Bereiche stehen sportliche Aktivitäten natürlich unter dem Schutz unserer Privatautonomie, unter dem Schutz entsprechender Grundrechte. Damit steht der Sport aber natürlich nicht außerhalb unserer Rechtsordnung. Durch ein Gesetz gegen Doping im Sport leisten wir deshalb unseren offenbar notwendigen Beitrag, den Sport dabei zu unterstützen, sauber und attraktiv zu bleiben.
Ich freue mich, dass wir über dieses notwendige Gesetz heute abstimmen können. Dem integren Sportler und der integren Sportlerin, aber eben auch dem sauberen Sport insgesamt tut dieses Gesetz gut. Ich bitte Sie daher um Zustimmung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort erhält nun die Kollegin Renate Künast für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6148557 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Doping im Sport |