13.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 137 / Tagesordnungspunkt 28

Dagmar FreitagSPD - Bekämpfung von Doping im Sport

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rede der Kollegin Künast erlaube ich mir zunächst, zur Sachlichkeit zurückzukehren.

(Beifall bei der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir ja gleich sehen!)

Deutschland bekommt ein Anti-Doping-Gesetz, nach rund zwei Jahrzehnten – nennen wir es einmal so – anhaltender, kontroverser und teilweise auch ziemlich verletzender Diskussionen in Sport und Politik, mit und unter Juristen. Einheitliche Linien waren in keinem der drei genannten Bereiche zu erkennen. Es gab überall Befürworter und auch erbitterte Gegner.

Wenn ich mich recht erinnere: Allein die bloße Erwähnung des Begriffes „Anti-Doping-Gesetz“ trieb manchen Vertreter des organisierten Sports über Jahre geradezu auf die berühmte Palme, aber – das ist, glaube ich, auch der Kollegin Künast entgangen – nicht alle, längst nicht alle. Es hatte sich nämlich mittlerweile auch bei Verbandsvertretern die Erkenntnis durchgesetzt, dass allein mit Kontrollen im Training und im Wettkampf der Kampf gegen Doping nicht zu gewinnen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Verabschiedung des heutigen Gesetzentwurfes findet in unserem Land in der Tat ein Paradigmenwechsel statt. Liegt ein Verdacht vor oder gibt es entsprechende Hinweise, steht demnächst eben nicht nur, wie bisher, das Umfeld der Sportler im Fokus, sondern der Sportler gerät auch selbst in den Fokus staatlicher Ermittlungen, sofern er der definierten Zielgruppe angehört.

Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf erreichen, dass alles getan wird, um saubere Sportlerinnen und Sportler zu schützen. Das alleine ist die Motivation.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Eberhard Gienger [CDU/CSU])

Herr Staatssekretär Krings hat bereits darauf hingewiesen: Natürlich ist dieser Gesetzentwurf kein Allheilmittel, aber er ist aus unserer Sicht ein ganz unverzichtbarer Baustein in diesem großen Puzzle des Kampfs gegen Doping.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wollen wir denn wirklich weiterhin tatenlos zusehen, wie Betrüger im Sport – ob als Aktive oder, Frau Kollegin Künast, auch als korrupte Funktionäre, wie jetzt im Internationalen Leichtathletikverband – dem Sport mit seinen so wunderbaren Werten, wie Fairness, Respekt und Völkerverständigung, schaden und ihn vor die Hunde gehen lassen? Wir wollen das jedenfalls nicht.

Ich muss sagen: Vor diesem Hintergrund wirkt es geradezu absurd, dass der erbittertste Widerstand über Jahre ausgerechnet von der Spitze des organisierten Sports in Deutschland gekommen ist.

Frau Künast, ich sage Ihnen: Das, was Sie gerade gemacht haben, geht nicht. Sie haben eine Pauschalverurteilung des Sports vorgenommen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört!)

– Ich höre immer zu, wenn Sie reden, Herr Kollege ­Mutlu; das gilt immer besonders, wenn jemand von der Fraktion Die Grünen redet.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was? Das muss jetzt auch nicht sein!)

Frau Kollegin, diese Pauschalverurteilung des Sports war eine Beleidigung für alle, die im Sport für Integrität und Sauberkeit kämpfen. Die gibt es nämlich auch. Schade, dass Sie sie offensichtlich nicht kennen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir über Doping reden, dann reden wir eben nicht über eine lästige oder lässliche Begleiterscheinung im Sport. Nein, wir reden mittlerweile nämlich über eine Industrie ungeahnten Ausmaßes, unbestritten über eine Form von organisierter Kriminalität und über unzählige Menschen, die auf der einen oder anderen Seite involviert sind. Auf der einen Seite sind die Hersteller, die Dealer, die Verabreicher, die Konsumenten, die Athleten mit ihren erbeuteten Siegen, Medaillen, Prämien und im Idealfall auch fetten Sponsorenverträgen, und auf der anderen Seite sind die Forscher in den Laboren, die Dopingjäger der nationalen Antidopingagenturen – Russland im konkreten Fall einmal ausgenommen –, die Kontrolleure und eben die sauberen Athleten, die um Siege, Medaillen, Prämien, emotionalste Momente und vielleicht auch fette Sponsorenverträge betrogen wurden.

(Beifall bei der SPD)

Die diesem Gesetzentwurf zugrundeliegenden strafrechtlichen Regelungen werden die unbestrittenen Möglichkeiten des Sports zu schnellen Sanktionen des Sports nicht schwächen und schon gar nicht aushebeln; denn es sind nicht vergleichbare Verfahren. Daher bleibt es auch in Zukunft so: Der Sport bleibt bei seinen schnellen Sanktionen und der Staat bei seinen gegenüber dem Sport natürlich unbestritten überlegenen Ermittlungsmethoden. Kurzum: Jeder soll das machen, was er am besten kann.

Auch auf staatlicher Seite sehe ich noch ein wenig Luft nach oben; denn auch hier braucht es Experten. Diese findet man ganz zweifellos in Anti-Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaften.

(Beifall bei der SPD)

Und da muss ich schon darauf hinweisen, dass leider nur 2 unserer 16 Bundesländer hier ernst machen, nämlich der Freistaat Bayern und das Bundesland Baden-Württemberg. Sie sind sozusagen einsame Vorreiter in der Riege der Bundesländer.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war schon immer so!)

Ich appelliere daher an die Bundesländer, uns im Kampf gegen Doping zu unterstützen und ihren Teil dazu beizutragen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe eingangs darauf hingewiesen: Wir haben mehr als zwei Jahrzehnte um solch einen Gesetzentwurf gerungen. Ich finde, es ist an der Zeit, Dank zu sagen, Dank an alle, die zum Zustandekommen des Gesetzentwurfs beigetragen haben. Da darf ich insbesondere Justizminister Heiko Maas erwähnen, der schon zu Beginn seiner Amtszeit klargemacht hat, dass er so ein Gesetz möchte.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke auch meiner Fraktion, meiner Arbeitsgruppe und insbesondere dem Sprecher der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz, unserem Kollegen Johannes Fechner, der uns ebenfalls nach Kräften unterstützt hat. Ein weiterer Dank geht an die Minister de Maizière und Gröhe. Es war eine Gemeinschaftsaktion. Vielen Dank an alle, die dazu beigetragen haben, auch dem Koalitionspartner, der nach Anlaufschwierigkeiten nun mit im Boot sitzt. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)

Ich bin fest davon überzeugt, es wird für Doper in unserem Land etwas ungemütlicher. Das ist doch wirklich eine gute Nachricht. Ich bin sicher, irgendwann finden auch Bündnis 90/Die Grünen das gut.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Özcan Mutlu für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6148570
Wahlperiode 18
Sitzung 137
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Doping im Sport
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta