Eberhard GiengerCDU/CSU - Bekämpfung von Doping im Sport
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Künast, zunächst einmal muss ich meiner Kollegin Frau Freitag recht geben: Mit Pauschalverurteilungen des Sports kommen Sie nicht weiter. Und was den Beifall in diesem Hause betrifft, wurde ich an Karl Valentin erinnert, der sagte: „Der Beifall wollte keinen Anfang nehmen.“
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht wollen wir ja auch keinen Beifall! Da machen wir ja was falsch, wenn wir Beifall kriegen!)
Das vorliegende Gesetz stellt einen bedeutenden Fortschritt im Kampf gegen Doping dar. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass der organisierte Sport offensichtlich doch nicht in der Lage ist, das Dopingproblem in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus zeigt sich aktuell – das wurde heute schon mehrfach erwähnt –, dass der Weltleichtathletikverband eine erschreckende Szenerie von nie dagewesenem Ausmaß generiert hat. Darin ist wohl nicht nur der ehemalige Präsident des Verbandes involviert, sondern auch gleich noch ein von der internationalen Anti-Doping-Agentur akkreditiertes Dopinglabor in Russland, nationale Fachverbände, Trainer und nicht zuletzt auch die dopenden Sportler selbst.
Eine derartige Erosion und Zerstörung der Ideale des Sports hat es meiner Meinung nach noch gar nie gegeben. Wie soll man im Kontext derartiger Abgründe für den Sport werben und junge Menschen für den Spitzensport gewinnen, um an internationalen Wettbewerben teilzunehmen? Nicht zuletzt stellt sich aber auch die Frage nach der Grundlage unserer Sportförderung. Mit dem vorliegenden Anti-Doping-Gesetz machen wir klar: Die Förderung rechtfertigt sich nur dann, wenn wir auch entschlossen gegen Doping vorgehen, und zwar national wie international.
Doping, Korruption und Manipulation sind längst internationale Phänomene und eine ernsthafte Bedrohung von Sport und Gesellschaft. Dem Doping sagen wir mit dem Gesetz jetzt den Kampf an, aber bestimmt nicht den Engagierten, die zur Aufklärung beitragen. Der Fall beim internationalen Leichtathletikverband offenbart: Ohne tiefgreifende Veränderungen und Konsequenzen läuft der Sport Gefahr, die eigenen Grundwerte zu zerstören.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Die Sportorganisationen sind deswegen aufgerufen, jetzt entschlossen zu handeln. Es hilft jedoch nicht, dabei nur auf andere Länder zu zeigen, nachlässige Verbände zu verurteilen oder bei überführten Sportlern den Kopf zu schütteln. Wie können wir international Aufklärung fordern, ohne hierzulande den Antidopingkampf weiterzuentwickeln?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die bekannten Dopingfälle verdeutlichen, dass hochprofessionell, verdeckt, vernetzt und mit enormer krimineller Energie vorgegangen wird. Dem kann der organisierte Sport nur schwer etwas entgegensetzen,
(Dagmar Freitag [SPD]: Doch! Schon!)
wobei der Glaube an die Selbstreinigungskräfte des Sports hier auch gar keine Rolle spielt. Deswegen brauchen wir das vorliegende Anti-Doping-Gesetz und das Strafrecht mit Ultima Ratio.
Der Sport nimmt in unserem Land eine wichtige Position und Vorbildfunktion ein. Die Integrität des Sports, die Gesundheit der Athleten und auch die Fairness und die Chancengleichheit gilt es – und in letzter Instanz auch mit dem Strafrecht – zu schützen. Ich kann die Grünen hier durchaus beruhigen: Bei der Auswahl der genannten Rechtsgüter hat der Gesetzgeber Ermessensspielraum eingeräumt. Wesentlich ist, dass der Bestimmtheitsgrundsatz und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Lieber Özcan Mutlu, die Evaluierung haben wir auch ins Gesetz aufgenommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Letzteres zeigt aber auch – zumindest was die Verhältnismäßigkeit bei der Abgrenzung der Zielgruppen betrifft –: Der Gesetzgeber hat sich bewusst auf die Spitzensportler konzentriert, und zwar im Testpool der Nationalen Anti Doping Agentur. Aber auch jene Personen sind vom Gesetz betroffen, die durch Spitzensport Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen. Schließlich ist es so, dass im Spitzensport durchaus hohe Preisgelder bei den Sportwettbewerben und dadurch auch Vermögensvorteile zu erzielen sind.
Wir sind also beim Adressatenkreis mit Augenmaß vorgegangen. Nicht einbezogen sind die Breitensportler, die Medikamentenmissbrauch betreiben. Sie werden von der Schiedsgerichtsbarkeit aber dennoch erfasst, aber nicht von der strafrechtlichen Seite. Damit es aber zu keinen Missverständnissen kommt: Wer, egal wo, mit anabolen Steroiden handelt, kann auch nach bisheriger Rechtsprechung belangt werden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf die Anträge der Opposition eingehen, da hier deutliche Unterschiede sichtbar werden. Ich frage mich, welches politische Signal die Grünen eigentlich mit der Ablehnung des Anti-Doping-Gesetzes verbinden, gerade mit Blick auf die Leichtathletik. Wie wollen Sie denn Dopingbetrug festmachen? Frei nach dem Motto: Legalisierung von Cannabis, dann auch Legalisierung von Dopingmitteln?
Lieber Özcan Mutlu, ich habe gestern von dir im Deutschlandfunk ein Zitat gehört. Das möchte ich hier kurz vortragen:
Wir können nicht auf der einen Seite für die Legalisierung von Cannabis einstehen
– das muss man ohnehin nicht –
und auf der anderen Seite den Besitz von leistungssteigernden Mitteln … unter Strafe stellen.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie mal den Rest vor!)
Das ist einfach ein Widerspruch in sich. Und deshalb finden wir: Das Recht auf Selbstschädigung eines Menschen – egal ob er Leistungssportler ist oder nicht –, das hat er, und da kann man nicht mit Gesetz dem irgendwie das Ganze verbieten.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie mal den Rest vor!)
Da stelle ich mir doch ernsthaft die Frage – das lässt mich total ratlos zurück –, wie das gemeint sein soll. Vielleicht kannst du mir nachher weitere Informationen darüber geben. Als Sportpolitiker müsste man zumindest wissen, dass privater Rausch und Manipulation im Spitzensport nicht das Gleiche sind.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielmehr muss man die Gesundheit der jungen Menschen in den Fokus nehmen.
Herr Kollege Gienger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mutlu?
Natürlich, gerne.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Er selber hat keine gestattet!)
Herr Kollege Gienger, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass es in diesem Deutschlandfunk - Interview um den Tatbestand der uneingeschränkten Besitzstrafbarkeit ging? Das ist für uns zu weitgehend. Deshalb habe ich auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht. Wenn Sie nur diesen einen Satz aus dem längeren Interview herausnehmen, ist das nicht anständig. Aber egal, ich wollte das einmal zur Klarstellung sagen. Nehmen Sie das zur Kenntnis, und sagen Sie, was noch so in dem Interview steht.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie den Rest des Interviews!)
Ich weiß nicht, ob ich das noch alles vortragen darf.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben jetzt zwei Minuten!)
Das liegt bei Ihnen.
Es ist für mich auf jeden Fall eindeutig. Wenn ich diesen Satz aus dem Interview betrachte, muss ich mir doch die Frage stellen dürfen, ob Sie demzufolge Dopingmittel legalisieren wollen.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Das liest sich hier so. Ich kann es bedauerlicherweise nicht anders interpretieren.
Die Vorschläge der Linken sind hingegen konkreter, nur sind sie bedauerlicherweise längst überholt. Die Finanzierung der NADA haben wir bereits sichergestellt. Einen unabhängigen Ombudsmann haben wir in Deutschland seit 2012, lieber André Hahn.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Nein! Er ist nicht unabhängig!)
Noch ein Punkt: Bereits nach geltender Rechtslage kann einem Arzt die Approbation entzogen werden, wenn dieser Doping unterstützt.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wie oft ist das passiert?)
Prävention wird durch NADA und die Verbände bereits betrieben.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wie oft ist das passiert?)
Insofern verstehe ich die Kritik der Linken nicht so recht. Eigentlich müssten sie dieses Gesetz doch unterstützen und mit wehender Fahne in der Hand dem Gesetz vorauslaufen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Mit einer roten Fahne!)
Das tun sie bedauerlicherweise nicht.
(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Mit einer roten Fahne, genau!)
Das vorliegende Anti-Doping-Gesetz wird in der Sportgerichtsbarkeit keine Widersprüche hervorrufen, sondern sie sinnvoll ergänzen und nicht beschneiden. Das haben wir schon mehrfach gehört. Auch in anderen Lebens- und Rechtsbereichen existieren staatliche Gerichte neben Schiedsgerichten. Die Sportschiedsgerichtsbarkeit haben wir im Anti-Doping-Gesetz gestärkt. Sie ist weiterhin zentral, wenn es darum geht, das internationale Regelwerk im Sport durchzusetzen und überführte Spitzensportler umgehend für einen Wettkampf zu sperren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
An dieser Stelle möchte ich mich ebenfalls ganz herzlich bei dem Justiz-, dem Innen- und dem Gesundheitsministerium ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit bedanken. Wie bereits angekündigt, werden wir zudem einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Korruption und Manipulation im Sport bald diskutieren. Dieses zweite wichtige Vorhaben befindet sich in der Verbändeanhörung. Ich denke, wir sind hier auf einem guten Weg.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Bevor der abschließende Redner, Kollege Grindel, das Wort hat, erteile ich das Wort zu einer Kurzintervention dem Kollegen André Hahn.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6148647 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Doping im Sport |