Mark HauptmannCDU/CSU - CETA-Abkommen
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Liebe Frau Dröge, Sie reden ja wirklich schnell.
(Zuruf von der LINKEN: Aber gut!)
Das kann Ihnen keiner absprechen. Aber richtig ist das trotzdem nicht. Wenn Sie sich anmaßen, zu sagen, wir sollten hier im Deutschen Bundestag doch einmal über CETA reden, antworte ich: Das machen wir, und das haben wir bisher auch schon gemacht. Deswegen nutzen wir diese Debatte natürlich auch gerne als Gelegenheit, das geradezustellen, was Sie im Hinblick auf die Empörungsindustrie der Anti-TTIP- und Anti-CETA-Bewegung gerade wieder gesagt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE] – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist eine Frechheit!)
– Nein, es ist keine Frechheit, es ist die Wahrheit.
(Zurufe von der LINKEN)
Frau Kollegin Dröge, Sie sind der gleiche Jahrgang wie ich. In den 1980er-Jahren war die Welt, die wir heute sehen, noch eine andere.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Da haben Sie Glück! Es gibt auch gute Dinge!)
Deutschland, Europa und die westliche Welt hatten wirtschaftlichen Kontakt zu ungefähr 800 Millionen Menschen. Heute beteiligen sich durch die Globalisierung fast 8 Milliarden Menschen an diesem Austausch. Nur Nordkorea glaubt, man müsse oder brauche sich nicht daran zu beteiligen.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Die sind wegen Hunger ausgeschlossen!)
Mit CETA und TTIP, die ja von Ihnen gerne in einem Atemzug genannt werden, beanspruchen wir, diese Globalisierung aktiv gestalten zu wollen, und wir wollen mit CETA und TTIP die Globalisierung mit westlichen Standards gestalten.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wow! Die Erde ist eine Scheibe! – Weiterer Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])
Das ist letztendlich der Grund, warum wir mit Kanada und warum wir mit den USA verhandeln.
Ich sage Ihnen, Herr Ernst, und auch Ihren Kollegen – und das wissen Sie ganz genau, weil auch Sie sich damit befassen und auch Ihr Horizont durchaus ausreicht, um die internationalen Bedingungen zur Kenntnis zu nehmen –: Wenn wir nicht handeln, wenn wir als Europäer mit den Amerikanern und den Kanadiern keine Regelung finden, wenn wir als westliches Wertebündnis keine Regelung finden,
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Papst Franziskus erzählt mal etwas über die westlichen Standards!)
dann machen es andere – China und andere Akteure –, und dann sind wir gezwungen, nach deren Standards zu handeln. Das kann nicht in unserem Interesse liegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, 40 Handelsabkommen verhandelt die EU bzw. hat sie schon verhandelt. Derzeit werden noch für 12 Handelsabkommen Verhandlungen geführt. Kollegin Dröge hat es richtig gesagt: Seit 2014 liegt ein konsolidierter Text für das Abkommen zwischen Europa und Kanada vor. Jetzt geht es eben darum, in diesem Prozess des Legal Scrubbing den Vertragstext in die einzelnen Sprachen zu übersetzen; denn nicht nur in Europa, sondern auch in Kanada werden mehrere Sprachen gesprochen.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: In Deutschland haben wir auch zwei Sprachen!)
Übrigens: 70 Prozent der kanadischen Bevölkerung sind für CETA.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Haben Sie die gefragt?)
Ich glaube, das ist ein deutlicher Beweis dafür, dass CETA nicht nur in den verschiedenen Mitgliedstaaten Europas von einer breiten Unterstützung getragen wird, sondern dass es eben auch in Kanada einen Willen gibt, mit Europa zusammen verschiedene Positionen in Einklang zu bringen.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Warum haben die eine Regierung gewählt, die dagegen ist? Warum haben die eine Regierung abgewählt, die dafür war? – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Warum haben sie dann die Regierung abgewählt?)
– Herr Kollege, wenn Sie eine Zwischenfrage stellen möchten, dann tun Sie das ruhig. Aber sich einfach nur zu empören, bringt nichts; denn Ihr Dazwischenbrüllen macht die Debatte nicht leichter. Sie sorgen mit Ihrem Dazwischenbrüllen lediglich dafür, dass die Debatte nicht versachlicht werden kann. Das ist letztendlich der Punkt, den wir hier anmerken: Wir müssen zu mehr Sachlichkeit zurückkommen.
Herr Kollege Hauptmann, nach dieser Aufforderung hat sich der Kollege Dehm sofort gemeldet. Gestatten Sie eine entsprechende Zwischenfrage?
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Schon im Freizeitlook!)
Gerne. Ich habe es ihm ja angeboten.
Wer nicht hören will, muss fühlen.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ein bisschen hemdsärmelig!)
Deswegen stelle ich die Frage, zu der Sie mich aufgefordert haben.
Wenn das mit den 70 Prozent Zustimmung so zutrifft, wie erklären Sie sich denn dann, dass die Kanadier eine Regierung zum Teufel gejagt haben, die für CETA war, und jetzt eine Regierung gewählt haben, die dagegen ist?
Herr Kollege, wir haben letzte Woche wieder Parlamentarier aus Kanada zu Gast gehabt. Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit den Kollegen in Kanada. Sowohl unsere Kollegen im kanadischen Parlament als auch 70 Prozent der Bevölkerung, wie ich es gerade gesagt habe, befürworten CETA. Das war das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der kanadischen Handelskammer.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Ja, die Handelskammer!)
Von daher zeigt das deutlich, dass innerhalb der Bevölkerung ein starkes Maß an Unterstützung da ist. Und diese Unterstützung sollten wir nutzen, auf beiden Seiten des Atlantiks.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte zurückkehren zu dem Prozess, den Sie angemahnt haben, nämlich dass wir Veränderungen bei CETA bräuchten und jetzt das Paket noch einmal aufschnüren müssten. Frau Kollegin Dröge, wir haben ein ausformuliertes und ausverhandeltes Programm. Wenn wir jetzt dieses Paket aufschnüren und in einem entsprechenden Prozess neu verhandeln, dann kommen wir nie zu einem Ergebnis.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Das will sie auch gar nicht!)
Sie wissen doch hoffentlich, dass auf der anderen Seite der Welt, nämlich in Asien, mit den Verhandlungen zur Transpazifischen Partnerschaft schon Fakten geschaffen werden.
(Zurufe des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])
Das heißt, die Welt um uns herum schläft nicht; Asien handelt. Es gibt weitere Abkommen mit ASEAN+6, also mit den ASEAN-Staaten plus China, Japan, Südkorea und anderen. All diese Länder werden in den nächsten Jahren globale Standards setzen, wenn wir als Europäer uns immer wieder zerstreiten, immer wieder Pakete aufschnüren wollen, immer wieder das bereits Verhandelte infrage stellen. Das kann nicht unser Anspruch sein.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie wollen nicht nachverhandeln!)
Vielmehr brauchen wir in Zukunft einen Startpunkt. Dieser Startpunkt für CETA ist jetzt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Warum mit Kanada? Kanada ist der zweitgrößte Flächenstaat der Welt, die elftgrößte Volkswirtschaft und einer der wohlhabendsten Staaten, aber vor allem einer unserer wichtigsten Wertepartner. Die EU-Direktinvestitionen in Kanada betrugen 136 Milliarden Euro und machten damit ungefähr 28 Prozent der Auslandsinvestitionen in Kanada aus. Für diese Investitionen brauchen wir natürlich auch Rechtssicherheit.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ist Kanada eine Bananenrepublik und kein Rechtsstaat, oder was? Unglaublich!)
Dann komme ich zu dem Punkt, den Sie immer wieder gerne ansprechen: Investor-Staat-Schiedsverfahren. Auch hier mahne ich Sie zu einer Versachlichung der Debatte. Wir als Deutsche haben doch den Investitionsschutz geradezu erfunden.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Aber nicht mit Kanada!)
1959 haben wir mit dem ersten Abkommen zwischen Deutschland und Pakistan
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Eben!)
quasi den Investitionsschutz für deutsche Unternehmen im Ausland erfunden. Insgesamt haben wir 140 Abkommen zum Investitionsschutz geschlossen.
Im Rahmen dieser Abkommen haben deutsche Unternehmer in 70 Fällen im Ausland gegen andere Staaten geklagt und ungefähr 50 Prozent dieser Fälle auch gewonnen. Drei Verfahren wurden gegen Deutschland geführt; eines endete mit einem Vergleich, in zwei Verfahren gibt es bisher noch keine Entscheidung. Das heißt einerseits, Deutschland hat bis jetzt noch nie einen Prozess verloren, hat aber auf der anderen Seite mit den Verfahren vor Schiedsgerichten dafür gesorgt, dass die Interessen unserer Unternehmen, die im Ausland investieren, gewahrt werden konnten. Deswegen sind wir der festen Überzeugung, dass Schiedsgerichtsverfahren notwendig sind, um ausländische Investitionen zu ermöglichen und bei Enteignungen, zu denen es in der Vergangenheit immer wieder gekommen ist, dass also ausländische Firmen von den jeweiligen Staaten enteignet wurden – -
Herr Kollege Hauptmann, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Lenkert?
Nein. Ich habe bereits eine Frage zugelassen. – Der Punkt ist somit, dass die Firmen nach einer Enteignung eine Entschädigung bekommen. Das wird letztendlich über Schiedsgerichtsverfahren geregelt. Deswegen sind sie unglaublich wertvoll. Es ist wichtig, dass wir es im Rahmen von CETA bei den vorgesehenen Schiedsgerichten belassen.
Auch Sie wissen, dass CETA ein moderner Vertrag ist. CETA sieht die Möglichkeit vor, die Anforderungen der Globalisierung in den nächsten Jahren zu berücksichtigen. Der Vertragstext ist also nicht in Stein gemeißelt, sondern kann in den nächsten Jahren noch Veränderungen erfahren. Das ist aus Sicht unserer Fraktion eine sehr moderne Vertragsgestaltung. Daraus ergibt sich aber auch, dass wir einen Startpunkt brauchen, um gemeinsam auf Grundlage unseres Wertefundaments für freien Handel und auch – liebe Kollegen der Grünen – für fairen Handel zu sorgen. Fairer Handel ist ohne Freihandel nicht möglich. Von daher werben wir für CETA und werben wir für TTIP.
Mit CETA schaffen wir letztendlich eine elementare Grundlage für mehr Freihandel. Wenn wir dem Antrag der Grünen folgten, dann würden wir diese Chance geradezu verpassen. Wir würden die Verhandlungserfolge, die bisher erzielt worden sind, gefährden und dafür sorgen, dass die weltweiten Standards sich nicht nach uns, sich nicht nach Europa, sich nicht nach dem transatlantischen Wertebündnis, sondern nach anderen Staaten richten.
Der globale Welthandel ist doch unsere Arena. Deutschland als Exportnation – wir sind Exportweltmeister! – ist darauf angewiesen, in dieser Arena handeln zu können. Mit Ihrem Antrag würde man den Exportweltmeister Deutschland vom Platz stellen.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Klaus Ernst [DIE LINKE]: So ein Quatsch! Ist ja unglaublich!)
Das können wir nicht gutheißen. Daher werben wir für CETA und für TTIP.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt der Kollege Klaus Ernst.
(Beifall bei der LINKEN )
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6148742 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | CETA-Abkommen |