Bernd WestphalSPD - CETA-Abkommen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Klaus Ernst, wir haben heute einen Antrag der Grünen auf der Tagesordnung, der sich mit CETA beschäftigt, also mit dem schon ausgehandelten Abkommen der EU mit Kanada; darüber haben wir zu diskutieren. Sie haben hier eben eine ganze Zeit über TTIP und über Transparenz gesprochen. Da gehe ich ja mit. Aber das hat nichts mit diesem Tagesordnungspunkt zu tun.
(Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Am Thema vorbei!)
Von daher: Thema verfehlt, setzen, sechs.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Aber die sind sinnverwandt!)
Der Antrag der Grünen fasst noch einmal die Kritik zusammen, die die Fraktion an dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada hat.
Herr Kollege Westphal, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ernst?
Selbstverständlich.
(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: So kommst du heute nie zu dem Geburtstag deiner Frau! – Heiterkeit)
Bernd – wir sind ja per Du; ich darf das so sagen –, ich habe doch deutlich dargestellt – deshalb habe ich sehr wohl zum Inhalt gesprochen –, dass dieses Parlament bei CETA, also bei dem Handelsabkommen mit Kanada, in keiner Weise beteiligt war. Ich habe die Position des Präsidenten des Deutschen Bundestages angeführt, der gesagt hat: Dann müsste man so ein Abkommen eigentlich ablehnen. Er kann sich nicht vorstellen, dass so zugestimmt wird. Daher habe ich doch bitte schön zum Thema gesprochen.
Ich habe auch zum Thema gesprochen, Kollege Westphal, lieber Bernd, als ich gesagt habe: Bei diesen Abkommen geht es im Kern darum, dass dereguliert werden soll. Genau das ist ja in CETA enthalten. Auch der Investorenschutz ist in CETA enthalten. Genau darüber diskutieren wir. Ich habe zum Schluss noch einmal darauf hingewiesen,
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Das wird nicht besser, wenn es wiederholt wird!)
dass, wenn wir den Investorenschutz bei CETA bekommen, wir ihn automatisch mit Amerika bekommen, weil sehr viele amerikanische Unternehmen in Kanada sind. Sie können das Abkommen nutzen, um europäische Staaten zu verklagen. Daher habe ich doch bitte schön zum Thema gesprochen.
Mich würde interessieren: Wie seht ihr das? Seid ihr gegen CETA, wenn private Schiedsgerichte enthalten sind, oder seid ihr dafür? Diese Antwort seid ihr als Sozialdemokraten schuldig.
Ich bin ja erst am Anfang meiner Rede. Von daher komme ich gleich dazu.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Aber der Anfang war schon schlecht!)
Aber ich will zu der Frage Stellung nehmen.
(Rainer Spiering [SPD]: Er hat gar keine Frage gestellt! – Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])
– Jetzt musst du auch zuhören, wenn ich antworte. – Die Frage war ja, inwieweit der Bundestag beteiligt ist. Wir haben ja die Freihandelsabkommen auf europäischer Ebene delegiert. Das heißt, der Bundestag ist gar nicht Verhandlungsführer, auch nicht das Europäische Parlament, sondern die EU-Kommission. Dieser Vertrag musste erst einmal ausgehandelt werden. Er liegt jetzt vor und wird übersetzt. Wenn es ein gemischtes Abkommen ist – wir gehen davon aus, dass es so ist –, dann wird sich dieses Parlament damit beschäftigen. – So weit die Antwort auf Ihre Frage.
Die Verhandlungen zum Abkommen CETA sind seit dem 26. September 2014 abgeschlossen. Das sage ich, damit auch dies klar ist. Es ist im Grunde genommen schon verhandelt und liegt vor. Derzeit läuft die Rechtsförmlichkeitsprüfung, das sogenannte Legal Scrubbing, und dementsprechend auch die Übersetzung. Wahrscheinlich wird es im ersten Halbjahr 2016 in deutscher Sprache vorliegen. Wir sind einer Meinung, dass es sicherlich ein Anspruch ist, den Parlamentarier haben können, dass solch ein kompliziertes Vertragswerk in deutscher Sprache vorliegt.
Abgesehen davon bitte ich um mehr Vertrauen, was das Europäische Parlament betrifft. Auch dort gibt es klare Positionierungen. Ich bitte auch darum, den Kollegen Bernd Lange zu unterstützen, der eine hervorragende Arbeit macht, für Aufklärung sorgt und die Dinge darstellt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch in Kanada hat es Veränderungen in der Regierung gegeben. Der neue Premierminister Justin Trudeau – er ist seit dem 4. November dieses Jahres, also sehr frisch, im Amt – hat sich für dieses Freihandelsabkommen ausgesprochen. Nun muss sich auch die EU-Kommission den strittigen Fragen zuwenden. Wir haben gestern zumindest erreichen können – du hast die Verhandlungen und Gespräche mit der EU-Kommission erwähnt –, dass uns die für Handel zuständige Kommissarin Malmström versichert hat, dass sie der kanadischen Regierung die entsprechenden Punkte schriftlich mitgeteilt hat. Wir erwarten, dass wir zumindest hier Fortschritte erreichen werden.
Was die kanadische Seite angeht, hatten wir heute Morgen in der Diskussion mit der Botschafterin von Kanada noch einmal die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass wir, gerade was den Investitionsschutz angeht, eine Weiterentwicklung brauchen. Die Vorschläge, die die SPD im Hinblick auf einen Internationalen Handelsgerichtshof entwickelt hat, könnten hier aufgenommen werden, nicht in einem neuen Verfahren, sondern im Rahmen der Weiterentwicklung dieses Abkommens.
Ich will zwei inhaltliche Punkte ansprechen, die in dem Antrag der Grünen erwähnt werden. Sie, Frau Dröge, haben eben ausgeführt, was in Kapitel 10 und 11 des CETA-Abkommens hinsichtlich der Ausnahmen für die kommunale Ebene vereinbart ist und welche Vorbehalte die Anhänge I und II bezüglich der kommunalen öffentlichen Dienstleistungen enthalten. Im Antrag werden Bedenken geäußert, der CETA-Hauptausschuss könne die Negativliste verändern. Ich muss Ihnen sagen, dass das falsch ist. Das, was Sie in dem Antrag formulieren, ist widerlegt. Der Hauptausschuss hat keine Befugnis, die in Anhang I und II genannten individuellen Vorbehalte der Mitgliedstaaten im Bereich der Dienstleistungen eigenmächtig zu verändern; er kann lediglich Empfehlungen aussprechen. Deshalb ist das, was Sie auf Seite 6 Ihres Antrags formulieren, falsch; Dirk Wiese hat gleich sicherlich noch Gelegenheit, darauf näher einzugehen. Wir haben im GATS-Abkommen übrigens seit 20 Jahren solche Regelungen und bis heute keine Probleme damit.
Was die Vereinbarkeit mit dem Inhalt des Freihandelsabkommens angeht, ein zweiter inhaltlicher Punkt. Im Antrag wird einerseits Kritik daran geäußert, dass Mechanismen vorgesehen sind, die ein nachträgliches Verändern und Anpassen, also ein sogenanntes Living Agreement, verlangen. Andererseits kritisieren Sie, dass das Abkommen als gesetzgeberische Momentaufnahme einzementiert würde und dadurch präjudizierende Wirkung haben könnte, Stichwort „Urheberrecht“.
(Zuruf von der CDU/CSU: Widerspruch!)
Sie müssen sich schon entscheiden, für welche Variante Sie hier sprechen. Ich denke, man sollte die Möglichkeit haben, neue Erkenntnisse in ein Living Document einfließen zu lassen. Das erfüllt dieses Abkommen.
Die Diskussion über Freihandelsabkommen ist wichtig. Durch die breite Diskussion, die wir auch öffentlich führen, wird deutlich, dass es eine ganze Menge Chancen gibt, den Freihandel auch global voranzubringen. Wir müssen nur die Vorteile für uns, für unseren Standort erkennen. Manche, auch auf Brüsseler Ebene, schütteln nur noch den Kopf, wenn sie hören, welche Argumente teilweise aus einem so großen Exportland wie Deutschland angeführt werden und dass man Freihandelsabkommen gegenüber hier sehr kritisch eingestellt ist. Wir haben unseren Nutzen von solchen Abkommen, was Beschäftigung, Innovation und Freihandel angeht. Gestern haben wir sogar mit Vertretern der katholischen Kirche diskutiert, die auch die Impulse für eine globale Regulierung der Märkte gesehen haben.
Herr Kollege Westphal, denken Sie an die Redezeit?
Letzter Satz, Herr Präsident. – Der globale Handel muss nicht nur frei, sondern auch fair sein. Daran werden wir als Sozialdemokraten arbeiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jetzt hat der Kollege Peter Beyer für die CDU/CSU das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU )
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6148770 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | CETA-Abkommen |