Axel KnoerigCDU/CSU - Industrie 4.0 und Smart-Services
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin, Frau Professor Wanka! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir stellen fest, dass die Digitalisierung einen riesigen Absatzmarkt erzeugt hat, der unserer Wirtschaft weltweit neue Chancen bietet. Die Globalisierung und auch die mittlerweile über 130 Handelsabkommen – dieses Thema haben wir in der vorherigen Debatte besprochen – tragen dazu bei, dass wir uns neue Zukunftsmärkte erschließen. Dabei sind hohe Wachstumsraten zu erwarten. Allein durch Industrie 4.0, durch das digitalisierte Arbeiten und Wirtschaften, erwarten wir ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent. Diese Wertschöpfung wird sich vor allem in den Branchen Informations- und Kommunikationstechnologie, Maschinen-, Anlagen- und Automobilbau vollziehen; hier wird es zu immensen Steigerungen kommen. Und dass die Arbeitslosigkeit derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 1991 ist, ist vor allem dem entschlossenen Handeln der Unternehmer und ihrer Fachkräfte zu verdanken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist völlig richtig, dass wir die Debatte nicht allein auf Technik und auf Industriepolitik beschränken dürfen – das hat die Ministerin richtigerweise ausgeführt –; vielmehr müssen wir die Entwicklung auch mit sozialen und kulturellen Veränderungen verbinden. Unter dem Stichwort „Arbeit 4.0“ – es ist schon angesprochen worden – beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt.
Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft hat sich immer wichtigen gesellschaftlichen Veränderungen angepasst. In den 80er-Jahren entstand ein neues Verhältnis zwischen Wirtschaft und Ökologie, jetzt verändert die Digitalisierung das Verhältnis zwischen Technik und Arbeit. Dabei müssen wir eine Frage besonders in den Vordergrund stellen: Was prägt die digitale soziale Marktwirtschaft?
Als Erstes ist zu nennen: Seitdem die Digitalisierung auf den Finanzmärkten greift, haben sich die Börsenbewegungen verändert. Wir haben Krisen erlebt. Deswegen ist es wichtig, die Finanzmärkte im Hinblick auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht intensiv zu beobachten.
Wir stellen zweitens fest, dass die Wertschöpfung unserer Wirtschaft immer mehr über das Internet und die Daten als solche bestimmt wird. Deshalb nimmt die staatliche Regulierung in der Netzpolitik einen immer höheren Stellenwert für unsere Volkswirtschaft ein. Dazu gehören unter anderem die Preisregulierung, das Urheberrecht, der Verbraucherschutz und die Datensicherheit.
Der dritte Punkt ist besonders wichtig im Hinblick auf den Schutz von Unternehmen, Patenten und Informationsrechten vor Cyberkriminalität; denn es kann nicht sein, dass in unserer Volkswirtschaft jährlich ein Schaden von über 50 Milliarden Euro angerichtet wird.
Marktorientierte Wirtschaftspolitik und staatlich finanzierte Arbeitspolitik stehen seit jeher in einem Spannungsverhältnis. Der digitale Wandel richtet dieses neu aus. Was wir angesichts dieser massiven Veränderungen brauchen, ist eine neue Kooperation von Wirtschaft und Arbeit. Dabei müssen wir unseren Blick vor allem auf die Unternehmenskultur richten; denn der digitale Wandel findet innerhalb der Unternehmen statt. Deswegen fordern wir ein Umdenken auf beiden Seiten: Arbeitnehmer müssen unternehmensorientierter denken, und Unternehmen müssen Mitarbeiterinteressen mehr berücksichtigen.
Mit einem neuen Label möchte ich die wichtigste Strategie für Wirtschaft und Arbeit auf den Punkt bringen: Jetzt ist ein „Neues Digitales Management“ gefragt. Dieses „Neue Digitale Management“ muss vor allem ganzheitlich ausgerichtet sein. Das bedeutet für die Unternehmen, dass erstens die leitenden Aufgaben mehr delegiert werden müssen, dass Hierarchien abgebaut und dezentrale Strukturen, Netzwerke und Mobilität aufgebaut werden müssen.
Zweitens. Auch effizientes Personalmanagement gehört zur eigenen Fachkräftesicherung dazu. In meinem Wahlkreis Diepholz–Nienburg erlebe ich immer wieder, dass Unternehmer spezielle Personalmanager einstellen, um betriebsintern das ganze Spektrum der beruflichen Aus‑, Fort- und Weiterbildung gut abzudecken und um darüber hinaus neue Arbeitskräfte zu akquirieren.
Der dritte Punkt ist entscheidend: Arbeitnehmer sollten durch Mitbestimmung und Teilhabe in die Verantwortung und somit in das unternehmerische Handeln eingebunden werden.
Diese digitalen Prozesse schaffen vor allem eine neue Art der Transparenz in den Unternehmen. Der VW-Skandal ist ein gutes Beispiel. Denn ich meine, dass dieser insbesondere in der Firmenkultur begründet ist. Die digitalen Medien, die neuen Arbeits- und Geschäftsprozesse bieten einen Neubeginn, eine Chance, dass mithilfe dieser digitalen Geschäftsprozesse die Unternehmenskultur transparent ausgestaltet werden kann.
Wir brauchen natürlich – das ist auch angesprochen worden – leistungsfähige Infrastrukturen. Dazu gehören EU-weite Serverlandschaften und ein schnelles Internet jenseits von 100 Mbit/s. Wir wollen vor allem in Europa keine Konzentration von Diensten und keine Kartellbildung im digitalen Markt – Google ist hierfür ein Beispiel –, wie das entsprechend untersucht wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Stattdessen brauchen wir im digitalen Binnenmarkt günstige Investitionsbedingungen vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen und eine Sicherheitsarchitektur für das Internet, die von europäischer Souveränität geprägt ist. Deswegen muss die Politik an dieser Stelle die regulatorischen Vorgaben europäisch begründen und globale Standards setzen.
Abschließend möchte ich mit Blick zu den Kollegen von den Grünen sagen: Wir gehen progressiv an die Wirtschaft heran
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
und gestalten neue Geschäftsmodelle. Wir verteufeln es nicht, dass man, zum Beispiel im Bereich der Medizin, über die Ländergrenzen hinweg zu neuen Diensten kommt, zu Spezialdiensten, die über das Internet laufen. Deswegen kann man das eine wie auch das andere, die Netzneutralität und die Spezialdienste, zu einem guten Trend miteinander verbinden.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ganz herzlichen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher hat bis auf Ministerin Wanka jeder Redner, jede Rednerin die Redezeit überzogen. Ich habe einfach die Bitte, dass Sie auf das Warnsignal, das Sie erhalten, achten. Wir haben bereits jetzt eine Überziehung von einer Stunde.
(Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Das lag an der Debatte vorher!)
Das wird ein wenig schwierig für einen Teil der Kollegen werden. Das werden wir nicht aufholen – diese Illusion habe ich nicht –, aber wir sollten versuchen, es nicht noch weiter zu vergrößern. Deshalb meine Bitte.
Jetzt hat Kai Gehring als nächster Redner das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6149047 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Industrie 4.0 und Smart-Services |