Silke LaunertCDU/CSU - Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Patientinnen! Liebe Patienten! Stellen Sie sich einmal vor, Sie gehen mit einer schweren Erkältung in die Apotheke, um sich beraten zu lassen. Dort empfiehlt Ihnen der Apotheker ein bestimmtes Medikament, und zwar nur deswegen, weil er von dem Pharmaunternehmen, das das Medikament vertreibt, Prämienzahlungen erhält. Stellen Sie sich vor, Sie benötigen orthopädische Schuheinlagen und Ihr Arzt schickt Sie zu einem bestimmten Sanitätshaus, weil ihm eine Reise versprochen wurde, wenn er nur ausreichend viele Patienten vorbeischickt. Und nun stellen Sie sich vor, dass dieses Verhalten in Deutschland strafrechtlich nicht geahndet wird. Das glauben Sie nicht? Da irren Sie sich.
2012 hat der Bundesgerichtshof – es wurde heute schon mehrfach angesprochen – festgestellt, dass das deutsche Strafrecht nicht ausreichend engmaschig gestrickt ist, um solche Taten zu verfolgen. Tatsächlich ist in Korruptionsfällen für die Staatsanwälte schwer zu greifen, wer nicht als Beauftragter handelt, sondern als Freiberufler und damit allein seinem Gewissen unterworfen ist. Im konkreten Fall, der schon geschildert wurde, ging es darum, dass eine Pharmareferentin in 16 Fällen Kassenärzten Schecks in einem Gesamtwert von 18 000 Euro übergeben hatte. Der Übergabe der Schecks hatte ein als „Verordnungsmanagement“ bezeichnetes Prämiensystem des Pharmaunternehmens zugrunde gelegen.
Dieser Fall ist beispielhaft für die Gefahren, die in unserem Gesundheitswesen drohen. Dass es diese Gefahren gibt, ist kein Wunder. Schließlich handelt es sich hier um ein Geschäft, das 300 Milliarden Euro im Jahr umfasst. Natürlich regt das die kriminelle Energie an, erst recht, wenn strafrechtliche Regelungslücken bestehen. In diesem Fall geht das zulasten der Patienten und zulasten des Gemeinwesens. Deshalb wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf diesen Missstand beseitigen und entsprechend dem Koalitionsvertrag die neuen Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen im Strafrecht verankern.
Bereits in der letzten Legislaturperiode gab es einen Gesetzentwurf, der allerdings kurz vor dem Ziel aufgehalten worden ist. Nun, zwei Jahre später, haben wir meiner Ansicht nach einen konsequenteren Gesetzentwurf, der die Straftatbestände nicht im Sozialgesetzbuch vorsieht, sondern im Strafgesetzbuch. Da gehören sie auch hin, insbesondere in Anbetracht der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens.
Korruption im Gesundheitswesen – es wurde schon mehrfach angesprochen – bedroht das Vertrauen in die Integrität der heilberuflichen Entscheidungen, und das in einem Bereich, der so wichtig ist und in dem es um unsere Gesundheit geht, ja sogar um Leben und Tod. Da muss sichergestellt werden, dass die Entscheidungen frei sind von der Einflussnahme Dritter.
Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen sind erheblich. Durch unlauter agierende Teilnehmer wird der Wettbewerb gestört. Wenn nicht die Qualität der Leistung entscheidend ist, sondern die Qualität der Prämienzahlung, dann brauchen wir uns natürlich nicht zu wundern, dass alles aus den Fugen gerät und sich Gewinn und Verlust nicht an marktwirtschaftlichen Kriterien orientieren.
Insofern müssen wir dem entschieden entgegentreten. Das tun wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Der Kreis der potenziellen Täter ist weit gefasst. Er umfasst Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Physio- und Psychotherapeuten, Logopäden und Krankenpfleger. Auf der anderen Seite: So groß der Täterkreis auch ist, so wenig wollen wir natürlich einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht stellen. Strafbar soll sich nur machen, wer eine Unrechtsvereinbarung anstrebt. Das heißt, erforderlich ist eine inhaltliche Verknüpfung zwischen Vorteil und Gegenleistung – wie bei allen anderen Korruptionstatbeständen auch. Die berufliche Zusammenarbeit der Beteiligten im Gesundheitswesen soll durch das Gesetz keineswegs unterbunden werden; sie ist nach wie vor gewünscht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wie bei den anderen Korruptionstatbeständen auch, gibt es Geringwertigkeits- und Bagatellgrenzen. Kooperationsvereinbarungen sind natürlich nach wie vor möglich. Auch die sogenannten Anwendungsbeobachtungen, die schon angesprochen und erklärt wurden, sind weiterhin möglich.
Ich denke, mit dem vorliegenden Entwurf ist uns der Spagat zwischen der notwendigen strafrechtlichen Sanktionierung auf der einen Seite und der in der Praxis erforderlichen Zulässigkeit gesundheits- und forschungspolitisch gewünschter Kooperationen auf der anderen Seite gelungen.
Liebe Patientinnen und Patienten, Sie sehen, wir tun etwas für Ihr Vertrauen in das Gesundheitswesen. Sie können auch in Zukunft bei Risiken und Nebenwirkungen guten Gewissens Ihren Arzt oder Apotheker fragen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Dr. Edgar Franke von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dietrich Monstadt [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6149241 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 137 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen |