24.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt I.4

Johannes KahrsSPD - Einzelpläne Finanzen, Bundesrechnungshof

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt von zwei Oppositionsrednern gehört, was man sich alles wünschen kann.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rednerinnen! So viel Zeit muss sein!)

– Ganz entspannt bleiben! – Kollege Rehberg hat gesagt, was geht. Was die Opposition hier aufgezeigt hat, hat, so finde ich, weder Perspektive, noch ist es finanzierbar oder mit eigenem Handeln unterlegt. Deswegen sage ich: Nett gesprochen, wenig Substanz.

Wir Sozialdemokraten zeichnen uns in dieser Koalition mit der CDU/CSU dadurch aus, dass wir hier substanzielle Vorschläge vorlegen und diese dann so finanzieren, dass am Ende keine neuen Schulden dabei herauskommen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ihr habt von uns gelernt!)

Ich glaube, mehr kann man kaum machen. Dem Kollegen Rehberg möchte ich für die gute und fruchtbare Zusammenarbeit danken. Gleichzeitig glaube ich, dass das, was wir vorgelegt haben, ein guter Haushalt ist. Es ist ein Haushalt, der die Realitäten und nicht jedes „Wünsch-dir-was“ abbildet.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Es weiß doch ein jeder, dass wir nur mit den vorhandenen Zahlen planen und rechnen können. Das heißt zum Beispiel, dass wir von 800 000 Flüchtlingen ausgehen. Dafür haben wir entsprechende Vorkehrungen getroffen. Wir werden uns vornehmen, die Zahl der Flüchtlinge im nächsten Jahr deutlich zu senken. Es ist, glaube ich, jedermann klar, dass es in den Jahren 2016 und 2017 nicht so weitergehen kann wie in diesem Jahr. Auch ist jedem klar, dass wir dafür gemeinschaftlich arbeiten müssen.

Wir wissen aber gleichzeitig, dass wir den Menschen, die eine Bleibeperspektive haben, Integrationsmaßnahmen bieten müssen, damit sie hier ankommen und wir mit ihnen nicht die Probleme bekommen, die es in anderen Ländern gibt. Dazu ist es wichtig, dass sie eine Per­spektive haben und sich hier wohlfühlen.

Wir müssen beides tun: Auf der einen Seite muss die Zahl der Flüchtlinge deutlich gesenkt werden, und auf der anderen Seite müssen wir denjenigen, die hierbleiben, eine Integrationsperspektive bieten. Das ist gute Politik. Das ist die Aufgabe in den nächsten Monaten. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir – übrigens auch mit diesem Haushalt; das muss man ehrlich sagen – ein deutliches Problem haben. Deswegen hoffen wir, dass die Bundesregierung das, was sie plant, vernünftig hinbekommt. Dazu müssen die Vorschläge aber auch ausgewogen und umsetzbar sein. Nur wenn das funktioniert, steht dieser Haushalt.

Wir haben im letzten Jahr gezeigt, dass wir flexibel sind und entsprechend reagieren können. Im Notfall können wir über Nachtragshaushalte nachsteuern. Deswegen muss man jetzt kein Kaffeesatzlesen betreiben. Man muss auch nicht darüber reden, was vielleicht noch alles kommen könnte und was man vorausschauend machen könnte. Jeder weiß doch, dass das nicht zielführend ist.

Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit heißt, dass wir hier Zahlen vorlegen, von denen wir glauben, dass sie auch noch im nächsten Jahr richtig sind. Wenn es anders kommen sollte, werden wir reagieren. Nichts ist in Bronze gegossen, und nichts fällt einfach vom Himmel. Vielmehr geht es hier darum, praktische Politik zu machen, die auch finanzierbar ist. Wir müssen im Großen helfen, und zwar ganz konkret, und gleichzeitig die versprochenen Maßnahmen umsetzen.

Eine solide Finanzpolitik – das haben wir ja gesehen – zahlt sich aus. Von den beiden Rednern der Opposition haben wir gehört, dass die Umstände gut sind. Sie sind aber nur deshalb gut, weil wir etwas dafür getan haben. Die erfolgreiche Arbeit von Rot-Grün unter Gerhard Schröder ist eine der Grundlagen, von denen wir heute noch zehren. Aber auch andere positive Entwicklungen haben zu den jetzigen Haushaltszahlen geführt.

(Beifall bei der SPD)

Gleichzeitig müssen wir aber im Blick behalten, dass die Gelder, die wir investieren, auch an der richtigen Stelle ankommen. Deshalb reagieren wir, wo nötig, mit Nachtragshaushalten. Das haben wir 2015 gezeigt. Wir haben die Länder und die Kommunen entlastet. Der Kollege Rehberg hat recht: Das, was wir den Ländern und Kommunen geben, muss aber am Ende auch da ankommen, wo es nach unser aller Überzeugung ankommen muss. Das muss man sich dann im Ergebnis ganz genau ansehen.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Sagt das mal in Nordrhein-Westfalen!)

Anfang nächsten Jahres werden wir darüber diskutieren müssen, wie sich die Maßnahmen der letzten Koalitionsregierungen in Bezug auf die Unterstützung von Ländern und Kommunen strategisch und grundsätzlich auf den Bundeshaushalt auswirken. Die Prognosen zeigen nämlich, dass die Steuereinnahmen steigen, zumindest bei den Ländern. Auch bei den Kommunen steigen sie leicht. Beim Bund sinken sie. Das heißt, in Zukunft wird es auch darum gehen, den Bundeshaushalt zu stärken, statt davon auszugehen, dass der Bund nur zur Finanzierung von Ländern und Kommunen da ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Auch das ist nämlich ein Teil der Wahrheit. Der Bund ist nicht unbegrenzt belastbar, und wir müssen dafür sorgen, dass der Bundeshaushalt weiter solide bleibt. Auch das gehört zu einer vernünftigen Finanzplanung.

Der Kollege Rehberg und ich haben uns in dieser Großen Koalition vorgenommen, dass wir das Anfang nächsten Jahres mit dem Bundesfinanzminister einmal durchdeklinieren, um zu sehen, wie groß der Spielraum des Bundes in den nächsten Jahren überhaupt noch ist, und das bei diesen guten Voraussetzungen. Wenn die Voraussetzungen sich verschlechtern, weil vielleicht die Zinsen und der Ölpreis wieder steigen und die wirtschaftliche Entwicklung in eine andere Richtung geht, dann wird man vielleicht zu ganz anderen Maßnahmen kommen müssen.

Auch das gehört zur Wahrheit: Wir können nicht wie die Opposition einfach sagen: „Wir verteilen auf ewig, und es wird schon weiterhin so gut bleiben“, sondern wir müssen in guten wie in schlechten Zeiten entsprechend reagieren. Wir müssen einen Haushalt vorlegen, der beidem gerecht wird.

Ein Blick in den Haushalt zeigt, dass wir zum Beispiel im Etat des Bundesaußenministers 400 Millionen Euro zusätzlich zur Bekämpfung der Fluchtursachen vorgesehen haben. Ich halte das für vernünftig, und ich möchte mich insbesondere bei den Berichterstattern für den Etat für wirtschaftliche Zusammenarbeit bedanken. Es sind viele Hundert Millionen Euro für die Bekämpfung der Fluchtursachen umgeschichtet worden.

Das heißt, wir haben Schwerpunkte gesetzt und das Geld konzentriert und vernünftig eingesetzt. Ich glaube, dass das eine gute Sache ist, die uns gemeinschaftlich gelungen ist. In allen Haushalten ist es notwendig, darauf zu achten, dass das Geld gezielt dort eingesetzt wird, wo es gebraucht wird. Vielleicht kann man auch die eine oder andere liebgewonnene Ausgabe darauf überprüfen, ob sie weiterhin sinnvoll und zeitgemäß ist.

Gleichzeitig haben wir alles dafür getan, damit insbesondere diejenigen in diesem Land, die helfen und Arbeit leisten, unterstützt werden. Wir haben viel dafür getan, dass die Arbeit von Freiwilligen und Ehrenamtlichen koordiniert und unterstützt wird. Ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken, dass wir das mit allen Fraktionen so vernünftig und im Konsens hinbekommen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Ich glaube aber auch, dass es wirklich wichtig ist, dass wir etwas für die Bundespolizei getan haben. Die Bundespolizei ist bei Einsätzen vor Ort ständig gefordert: vom Fußballspiel am Wochenende bis hin zu irgendwelchen Demonstrationen. Teilweise werden die Polizisten in Hundertschaften durch die ganze Republik gefahren. Weil wir der Meinung sind, dass in diesem Bereich etwas getan werden muss, wollen wir hier investieren, insbesondere in die Anschaffung von drei neuen Schiffen für die Bundespolizei. Dem Kollegen Rehberg und der Kollegin Hagedorn sei Dank. Ich halte das als Zeichen der Anerkennung für notwendig.

Gleichzeitig haben wir auch das THW unterstützt. Wir haben 200 neue Stellen für das THW und eine Erhöhung der Selbstbewirtschaftungsmittel um 8 Millionen Euro für dieses Jahr und die nächsten beiden Jahre vorgesehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben gleichzeitig die Erstattung der Verdienstausfälle der ehrenamtlichen Helfer vorgesehen. Ich glaube, dass diese Hilfe bei denjenigen, die vor Ort helfen, ankommt. Das ist doch praktische Politik. Diese Politik findet sich im Haushalt wieder.

Wir wollen den Bundesfreiwilligendienst mit 10 000 neuen Stellen ausbauen. Ich glaube, dass man das gar nicht hoch genug einschätzen kann, weil man dadurch flexibel reagieren kann. Wir hoffen, dass das auch entsprechend ankommt. Wir haben aber auch für den sozialen Wohnungsbau und für viele andere Dinge Geld vorgesehen.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir müssen aber aufpassen, dass auch die Dinge, die wir uns außerdem vorgenommen haben, wie die Neuordnung des Arbeitsmarkts oder die Einführung des Bundesteilhabegesetzes, umgesetzt werden. Die Menschen in diesem Land würden es nicht verstehen, wenn wir uns nur um Flüchtlinge und Integration kümmerten, aber die wesentlichen anderen Aufgaben in diesem Land liegen blieben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Axel Troost das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6206674
Wahlperiode 18
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Einzelpläne Finanzen, Bundesrechnungshof
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