24.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt I.5

Georg NüßleinCDU/CSU - Einzelplan Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

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Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kollegen! Sie erwarten jetzt wahrscheinlich, dass ich zunächst etwas zu dem sage, was die Bundesumweltministerin hinsichtlich der Agrarsubventionen angeregt hat.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Frau Ministerin, das ist ein diskutabler Ansatz. Auch wir wollen, dass unsere Landwirte für das, was sie im Bereich des Natur- und Umweltschutzes leisten, zusätzlich vergütet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gibt es jetzt schon! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat die Ministerin nicht gesagt, dass es um zusätzliche Mittel geht!)

Das ist ein entscheidendes Thema, das wir gemeinsam so verfolgen werden. Das darf aber nicht zulasten unserer Landwirtschaft gehen.

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zulasten welcher Landwirtschaft?)

Vielmehr müssen wir den Landwirten die Möglichkeit geben, sinnvoll und kostenorientiert Lebensmittel zu produzieren, die wir alle benötigen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal, welche Landwirtschaft Sie wollen!)

– Seien Sie doch ganz friedlich.

Ich komme kurz zu dem, was Herr Zdebel gesagt hat. Ich hätte ja nicht gedacht, Herr Kollege, dass Sie angesichts dessen, was die Bundesregierung in dem Bereich alles macht, hier versuchen, eine Debatte über Kernenergie aufzumachen. Sie sind genau informiert – jedenfalls vermute ich das angesichts Ihrer Ausführungen –, welche Kommissionen momentan eingesetzt sind, nämlich sowohl eine Endlagersuchkommission als auch eine Kommission, die Sorge dafür tragen soll, dass die Kosten, die für die Endlagerung entstehen, am Ende auch von den Konzernen getragen werden. Darum geht es. Das wird diese Kommission vorbereiten. Die Kommission muss man ernst nehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb kann man auch das Ergebnis, das im Übrigen bereits im Februar nächsten Jahres vorliegen wird, wenn alles glattläuft, abwarten.

Ansonsten war diese Debatte bis jetzt sehr stark an dem Thema Wohnungsbau orientiert. Ich halte das für richtig. Das ist ein aktuelles, ein wichtiges Thema, das uns alle umtreibt, auch, aber nicht nur angesichts der Flüchtlingsthematik. Wir werden an der Wohnungsproblematik relativ schnell erkennen, wo bei der Zuwanderung die Grenzen des Machbaren sind. Wir werden erleben, wo an dieser Stelle die Obergrenze liegt.

Es muss uns gelingen, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, nicht nur, wie ich gesagt habe, wegen der Flüchtlinge, sondern auch deshalb, weil Wohnraum an sich in diesem Land schon knapp ist. Einen neuen Schwung beim Wohnungsneubau wünsche ich mir in der Tat. Es geht um eine Belebung des Neubaus, nicht nur bei Mietwohnungen – da möchte ich dem Kollegen Rief ausdrücklich recht geben –, sondern es geht auch darum, Eigentum zu schaffen. Wir sind da in Deutschland ganz weit hintendran, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es muss uns gelingen, den Menschen wieder die Möglichkeit zu verschaffen, eigenen Wohnraum zu besitzen.

Im Übrigen geht es darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ich weiß, dass der Spagat im Umweltministerium da ein großer sein muss, weil man auf der einen Seite die Umweltthemen – Flächenverbrauch, Energie, Klimaschutz – im Auge haben muss und auf der anderen Seite natürlich den Anspruch hat, so zu bauen, dass es auch rentabel ist. Das ist eine schwierige Aufgabe. Ich glaube aber, wie die Ministerin, dass wir diese Dinge zusammenbringen.

Ich will ausdrücklich sagen: Es geht eben nicht nur um sozialen Wohnungsbau, aber auch. Dafür hat der Bund das Notwendige getan. Jetzt sind die Länder am Zug. Ich erwarte und hoffe, dass sie mit dem Geld diesmal nicht wieder ihre Haushalte ausgleichen, sondern tatsächlich Wohnraum schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sören Bartol [SPD]: Das werden wir der Bayerischen Staatsregierung übermitteln!)

– Die Bayerische Staatsregierung hat das Ihre getan, Herr Kollege Bartol. Sie wissen ganz präzise, dass Sie an dieser Stelle gerade die Falschen angreifen. Ich wollte es nicht explizit sagen, weil es nicht nur zu Verzückung führt, wenn man als Bayer die Bayern lobt; das ist ja etwas Eigenlob.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Aber nur etwas!)

Aber es ist nicht notwendig, hier auf die Bayern einzuschlagen. Die sind es nicht gewesen, die bisher das Geld für andere Dinge veruntreut haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? „Veruntreut“? Was soll das denn heißen? Erzählen Sie hier doch nicht so etwas!)

Wenn man schon über die Kosten und die Länder diskutiert, meine Damen und Herren, schauen Sie sich einmal die Liste der Länder an, die in letzter Zeit die Grunderwerbsteuer erhöht haben.

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie lenken doch ab!)

Die sollen nicht zu uns kommen und sagen, sie möchten, dass der Bund einen Beitrag dazu leistet, dass kostengünstig gebaut werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sollen selber schauen, wo sie die Kosten dramatisch erhöht haben, beispielsweise bei der Grunderwerbsteuer. Auch da sind nicht die Bayern und auch nicht die Sachsen gemeint, sondern alle die Länder, die das in dieser Ausprägung getan haben.

Ich habe mich gefreut, dass der Finanzminister heute Morgen in der Debatte über die Möglichkeiten der steuerlichen Förderung von Wohnungsbau gesprochen und deutlich gemacht hat, dass er im Dialog ist, auch mit den Ländern. Auch da sind sie aufgerufen, ihren Beitrag zu leisten. Ich sage Ihnen ganz offen: Uns geht es nicht darum, nur in Brennpunkten etwas zu tun. Ich halte das für einen falschen Ansatz.

Wir haben in der Tat die Situation – die Ministerin hat sie vorhin beschrieben –, dass sich die Verdichtung in den Ballungsräumen abspielt, dass wir Schwarmstädte und Zuzug bekommen. Das sind ganz schwierige Situationen. Ich glaube, es ist an der Politik, diese Entwicklung durch politische Beschlüsse nicht noch zu verstärken. Vielmehr sollten wir uns vor Augen halten, dass die Abschreibung in diesem Bereich derzeitig nicht wirklich kostenadäquat ist. Der Wertverlust eines Gebäudes, das heute viel techniklastiger ist als früher, geht dramatisch schneller vonstatten, als es noch vor 30, 40 Jahren der Fall war. Deshalb muss man die Abschreibungssätze aus meiner Sicht der wirtschaftlichen Realität anpassen und dabei auch darauf setzen, dass die Investoren am Schluss wissen, wo es Sinn macht, Wohnungen zu bauen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich gehe davon aus, dass das mehrfach angesprochene Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen in seinem Abschlussbericht zu ähnlichen Empfehlungen kommen wird und es uns gelingen wird, die Baukosten in den Griff zu bekommen. Aber auch hier ist nicht nur der Staat gefordert. Auch die Bauherren und Architekten müssen sich einmal gemeinsam Gedanken darüber machen, wie man ein bisschen preiswerter bauen kann. Es geht hier eben nicht nur um unsere Auflagen.

Ich sage Ihnen auch: Ich habe jetzt verstanden, dass wir das Baurecht mit Blick auf die Flüchtlingssituation ändern mussten. Das sind aber Ausnahmeregeln. Ich wäre sehr skeptisch – auch als Umweltpolitiker –, wenn wir das zum Generalprinzip erheben würden.

Auch ein qualitativ guter und ein etwas exklusiverer Wohnungsbau schafft am Ende Wohnraum im unteren Bereich, weil die Menschen natürlich umziehen und dadurch andere Wohnungen frei werden, wodurch man eine gewisse Öffnung erzielt. Ich glaube, das sollten wir beachten, und wir sollten jetzt nicht von dem einen Extrem, alles zu regeln, was typisch deutsch ist, in das andere Extrem verfallen und sagen: Jetzt wird alles offen, die energetische Sanierung und der Klimaschutz spielen plötzlich keine Rolle mehr. – Das würde ich für fatal halten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich habe es angesprochen: Es geht nicht nur um den Mietwohnungsbau, sondern auch um das Thema Eigentum – Stichwort: Wohnungsbauprämie. Ich bin ganz offen für eine Diskussion darüber, ob die Uraltwerte, die hierfür bei der Einkommensgrenze nach wie vor gelten, noch angemessen sind.

(Beifall des Abg. Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU])

Diese wurden im Jahr 1996, also noch im letzten Jahrtausend, festgelegt. Auch darüber sollte und wird man diskutieren.

Das, was wir im Bereich des altersgerechten Bauens gemacht haben, halte ich für einen guten Ansatz. Es ist ganz wichtig, hier zu Umstrukturierungen zu kommen. Das passt in der Tat auch in das Gesamtkonzept dieser Bundesregierung. Schauen Sie sich an, was im Gesundheitsbereich gemacht wurde. Dort gab es eine große Reform der Pflegeversicherung, bei der der Grundsatz „Ambulant vor stationär“ nach ganz vorne gestellt wurde. Nach diesem Ansatz sollen die Leute möglichst lange selbstständig in ihren Wohnungen leben können, auch wenn sie etwas beeinträchtigt sind. Dabei ist natürlich die Frage, wie man eine solche Wohnung altersgerecht umbauen kann, ganz entscheidend. Ich glaube, dies ist eines der besten Programme, die wir auf der Seite der KfW verankert haben. Es ist richtig, lieber Herr Bartol, dass wir dieses Programm deutlich, nämlich um 23,5 Millionen Euro, aufgestockt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich etwas zum Thema Klimaschutz sagen, das vor der UN-Klimakonferenz in Paris natürlich eine entscheidende Rolle spielt: Ich will ganz klar sagen, dass aus Sicht unserer Fraktion der internationale Klimaschutz entscheidend ist. Die Frage, ob es hier zu einem Erfolg oder zu einem Misserfolg kommt, wird international und nicht national, Frau Höhn, und schon gar nicht durch Symbolpolitik entschieden.

(Beifall des Abg. Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU])

Wir müssen jetzt endlich einmal haltbare, transparente, umsetzbare und wirklich robuste Regeln bekommen, an die sich am Schluss alle halten. Das halte ich für ganz entscheidend.

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lasst mal die anderen machen: Das ist Ihre Politik!)

Ich würde mich freuen, wenn Sie das auch so sagen würden.

Wir, die CDU/CSU-Fraktion, setzen jedenfalls auf die Wirksamkeit der Instrumente auf der einen Seite und auf die Kosteneffizienz auf der anderen Seite. Es geht am Schluss nämlich auch darum, zu zeigen, dass sich Klimaschutz und Wirtschaft nicht widersprechen müssen, sondern dass beides geht, ökologischer und ökonomischer Erfolg, wenn man es richtig macht und nicht so, wie es die Grünen gerne hätten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An der Braunkohle festhalten ist ökologischer und ökonomischer Unsinn!)

Natürlich komme ich jetzt auch auf den Zusammenhang zwischen den beiden Themen Bauen und Klima – das haben Sie erwartet – und auf die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung zu sprechen. Das ist ein altes Ziel, das immer wieder hart umkämpft und leider Gottes nie erreicht wurde, was in der Tat am Widerstand der Länder liegt. Sie haben nur Reden, aber kein Geld für dieses Thema übrig. Das halte ich für falsch.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bayern!)

– Ich habe Sie nicht verstanden, aber ich weiß wahrscheinlich, was Sie zugerufen haben, nämlich „Bayern“.

Wir haben uns damals dagegen eingesetzt,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)

als ein Tauschgeschäft gemacht werden sollte.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Es wurde nämlich gesagt: Wir fördern die energetische Gebäudesanierung, nehmen dafür aber dem Handwerk beim Handwerksbonus gegen Schwarzarbeit etwas weg. – Diesen hatten wir vorher sinnvollerweise eingeführt. Er ist präzise berechnet. Hier kann man nichts kürzen. Das ist ein intelligenter Ansatz, über den man nachdenken muss. Das ist ein bisschen komplizierter.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 15 Bundesländer und die Bundesregierung fanden das gut!)

Wir sagen: Wir machen die Dinge absetzbar, und zwar in dem Ausmaß, dass es keinen Sinn macht und nichts bringt, dem Kunden die Mehrwertsteuer zu schenken und dafür keine Rechnung zu schreiben. Dieser Bonus ist präzise berechnet. Deshalb kann man dieses Tauschgeschäft nicht machen.

Wir wollen kein solches Tauschgeschäft, sondern wir wollen, dass sich die Länder zu ihrer Verantwortung bekennen, nicht nur verbal, sondern auch finanziell.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Man muss auch einmal etwas auf den Tisch legen, wenn einem das Thema sehr wichtig ist, statt zu sagen, man habe dafür außer guten Worten nichts übrig. Meine Damen und Herren, das ist erheblich zu wenig.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anstatt hier so einen Radau zu machen, liebe Damen und Herren von den Grünen,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer macht denn Radau? Sie!)

wäre es sinnvoll, mit den Vertretern der Länder zu reden, in denen Sie Regierungsverantwortung tragen – leider Gottes sind das ein paar –, und denen mitteilen,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Radauverein!)

dass sie uns bei der Erreichung unserer Klimaschutzziele in Schwierigkeiten bringen, wenn sie bei einem der wichtigsten Projekte – ich bleibe dabei: von der Größenordnung her ist die energetische Gebäudesanierung eines der wichtigsten Projekte – einfach Nein sagen. Das halte ich für falsch.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Steffi Lemke das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6207100
Wahlperiode 18
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Einzelplan Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
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