24.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt I.6

Reinhard BrandlCDU/CSU - Einzelpläne Innen, Datenschutz und Informationsfreiheit

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die diesjährigen Haushaltsberatungen über den Etat des Bundesinnenministers waren keine einfachen und keine üblichen Beratungen. Als wir im September im Kreis der Berichterstatter zusammensaßen, um über den Entwurf vom Juli zu debattieren, war uns allen klar, dass dieser Entwurf bereits überholt war.

Der starke Anstieg der Flüchtlingszahlen im August und in den Folgemonaten hat, auch mit Blick auf den Haushalt, alle Prognosen über den Haufen geworfen. Uns ist es gemeinsam in den letzten Wochen der Beratungen gelungen, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie wir mit den gegenwärtigen Herausforderungen umgehen. In den parlamentarischen Beratungen der letzten Wochen haben wir beschlossen, allein den Einzelplan des Bundesministers des Innern um etwa 1 Milliarde Euro aufzustocken. Er wächst damit auf 7,8 Milliarden Euro an.

Herr Minister, Ihren Behörden stehen im nächsten Jahr 5 500 Mitarbeiter zusätzlich zur Bewältigung der Aufgaben zur Verfügung, davon alleine 3 000 Mitarbeiter für das BAMF, plus weitere 1 000 befristet Beschäftigte. Das heißt, allein beim BAMF können 4 000 neue Mitarbeiter eingestellt werden. Das Ganze war nur möglich in einem sehr guten und konstruktiven Miteinander von Minister bzw. Ministerium und den Berichterstattern, und das in einer zugegebenermaßen schwierigen Zeit. Ich darf mich bedanken bei Martin Gerster, Anja Hajduk und bei Dietmar Bartsch, der aufgrund seiner Verdienste im Haushaltsausschuss jetzt Karriere gemacht hat.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sehr gut! – Roland Claus [DIE LINKE]: So haben wir das auch gesehen!)

Ich begrüße in unserer Runde Roland Claus und wünsche ihm das Gleiche. Ich freue mich auf die gute Zusammenarbeit.

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, wir dürfen uns aber keiner Illusion hingeben: Mit mehr Geld und mehr Stellen lösen wir das eigentliche Problem nicht, wir können es nur besser verwalten. Das Kernproblem liegt in den Herkunftsregionen. Darauf will ich allerdings nicht näher eingehen; vielmehr will ich mich auf die Situation in Deutschland konzentrieren.

In Deutschland haben wir kein Problem des guten Willens – weder in der Politik

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Bei der Koalition – na ja!)

noch in weiten Teilen der Bevölkerung –, in Deutschland haben wir vor allem ein Zeitproblem. Wenn wir die Aufgabe, die vor uns liegt, gut machen wollen, das heißt, den Menschen, die zu uns kommen, nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch eine Perspektive in unserem Land geben wollen, dann brauchen wir mehr Zeit. Wir können nicht jeden Tag 5 000 bis 10 000 neue Flüchtlinge aufnehmen und diese Herausforderung bewältigen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ob wir die Zuwanderung „begrenzen“ oder ob wir sie „reduzieren“, ist letztlich egal. Wichtig ist, dass die Zahl der Flüchtlinge weniger wird, und das möglichst schnell. Das ist die größte politische Aufgabe in dieser Zeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dazu gehört, dass wir auch in der Verwaltung besser werden. Hier sind zu nennen: schnellere Asylverfahren, vor allem der Abbau des großen Bergs an aufgelaufenen unbearbeiteten Anträgen, durchgängige Registrierung und Kontrolle derer, die zu uns kommen, schnellere Abschiebung derer, die keine Perspektive in unserem Land haben, und umgehende Integrationsmaßnahmen für diejenigen, die auf absehbare Zeit bei uns bleiben werden. Allein für den Bereich der Integrationsmaßnahmen stellen wir in diesem Haushalt im Vergleich zu 2015  326 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Das unterstreicht, dass wir die Aufgabe der Integration gerade in der ersten Zeit, wenn die Menschen zu uns kommen, sehr ernst nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Minister, es war eine strategisch kluge Entscheidung, Herrn Weise mit der Leitung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu beauftragen. Denn es geht nicht nur darum, die Asylverfahren zu beschleunigen, sondern es geht auch darum, die Bundesagentur für Arbeit auf das vorzubereiten, was im nächsten Jahr oder in zwei Jahren auf sie zukommt, nämlich die Menschen, sobald ihr Asylverfahren bearbeitet ist und sie einen Status haben, in den Arbeitsmarkt zu integrieren. An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Weise dafür bedanken, dass er die Mammutaufgabe, zwei Behörden in der Größenordnung des BAMF und der BA gleichzeitig zu leiten, in dieser schwierigen Zeit übernommen hat.

Meine Damen und Herren, beim Haushalt des Bundesinnenministeriums geht es aber nicht nur um Flüchtlinge, sondern vor allem auch um Sicherheit. Auch unter diesem Aspekt werde ich diese Beratungen nicht so schnell vergessen. Wir haben die Haushaltsberatungen am vorletzten Donnerstag abgeschlossen.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Freitagfrüh war es!)

– Freitagmorgen, 5 Uhr morgens, Frau Vorsitzende, war der Haken dran.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Fünf vor fünf!)

Bis dahin haben wir von einer abstrakt hohen terroristischen Gefahr in Deutschland gesprochen. Zwölf Stunden später war diese Gefahr nicht mehr abstrakt. Die terroristischen Anschläge in Frankreich haben uns gezeigt, zu was fanatisierte Islamisten fähig sind. Wir haben als Koalition diese abstrakte Bedrohung während der Beratungen sehr, sehr ernst genommen. Ich bin froh, dass es uns in den Beratungen gelungen ist, alle Sicherheitsbehörden substanziell zu verstärken, vor allem unter dem Aspekt Terrorismusabwehr/Terrorismusbekämpfung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Allein unter dieser Überschrift erhält das BKA 200 neue Stellen und die Bundespolizei 350 neue Stellen. Dazu kommen in den nächsten drei Jahren weitere 3 000 Stellen für die Bundespolizei zur besseren Bewältigung ihrer Aufgaben, zum Beispiel an der Grenze. Herr Minister, ich habe lange gesucht, in der jüngeren Vergangenheit habe ich aber kein Jahr ausfindig machen können, in dem die Haushalte der Sicherheitsbehörden so stark aufgewachsen sind. Ich möchte Ihnen von dieser Stelle aus ganz herzlich zu diesem Erfolg gratulieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, Schutz und Sicherheit gehen aber nicht nur von Sicherheitsbehörden oder der Polizei aus. Schutz und Sicherheit gehen auch von Rettungsorganisationen und Katastrophenschutzorganisationen aus. Das THW liegt uns besonders am Herzen. Was das THW zur Bewältigung dieser Flüchtlingssituation leistet, ist gigantisch. Ich möchte dem THW von dieser Stelle aus ganz herzlich für seinen Einsatz danken.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Es ist absehbar, dass wir das THW in Zukunft noch stärker brauchen werden, sowohl im Inland als auch im Ausland, zum Beispiel mit Blick auf die Flüchtlingslage. Wir haben uns deswegen im Haushaltsausschuss dazu entschieden, das THW auch personell substanziell zu verstärken, damit die Ehrenamtlichen sich auf ihren Einsatz konzentrieren können und von Routineaufgaben durch Hauptamtliche entlastet werden. Das THW erhält deswegen im nächsten Jahr 208 neue Stellen plus zusätzliche Personal- und Sachmittel, darunter 8 Millionen Euro als Selbstbewirtschaftungsmittel der Ortsverbände. Dieses Geld kommt bei jedem Ortsverband an und ist Ausdruck einer besonderen Verbundenheit, Ausdruck der Wertschätzung, die wir dem THW und seinem Einsatz entgegenbringen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zu den Sicherheits- und Katastrophenschutzbehörden gehören auch die Feuerwehren und die anderen Rettungsorganisationen. Auch hier erhöhen wir die Mittel für den Bereich, für den der Bund zuständig ist, um 5 Millionen Euro; die Hauptverantwortung für diese Behörden liegt ja bei den Kommunen.

Zuletzt möchte ich noch einen anderen Aspekt anführen. Es geht um die IT-Sicherheit. Wir haben das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Um diese Behörde werden wir in der ganzen Welt beneidet. Wir haben diese Behörde, das BSI, im Sommer mit dem IT-Sicherheitsgesetz in seiner Verantwortung gestärkt. Mit diesem Haushalt werden wir auch eine personelle Stärkung des BSI vornehmen, damit das BSI seinen Aufgaben gerecht werden kann. Es erhält ab dem kommenden Jahr 81 neue Stellen. Ich möchte auch dem scheidenden Präsidenten Hange für seine lange Zeit und Arbeit als Vizepräsident und als Präsident des BSI ganz herzlich danken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die Bewältigung der Flüchtlingskrise und die Wahrung der äußeren und inneren Sicherheit unseres Landes sind die wesentlichen Fragen und Herausforderungen unserer Zeit. Es gibt nicht die eine Antwort, aber mit dem Haushalt des Bundesinnenministeriums für 2016 geben wir eine wichtige Antwort.

Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit, für die Aufmerksamkeit und bitte Sie alle um Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Anja Hajduk von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6207297
Wahlperiode 18
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Einzelpläne Innen, Datenschutz und Informationsfreiheit
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