24.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt I.8

Ralph LenkertDIE LINKE - Einzelplan Bildung und Forschung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die positiven Mittelsteigerungen im Haushalt des Ministeriums für Bildung und Forschung wurden bereits umfassend gewürdigt. Mehr Geld für Bildung, Hochschulen und Forschung ist auch zwingend notwendig.

Wir kennen doch die Realität in Deutschland: Schulgebäude sind so mies wie die Kommunalhaushalte, Hochschulen sind überfüllt, und deren Ausstattung hängt von Drittmitteln oder dem Glück bei Exzellenzinitiativen ab.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Oder von der Landesregierung!)

Junge Wissenschaftler und Forscher müssen sich wegen der mangelhaften Grundfinanzierung unserer Hochschulen

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Die Länder sind zuständig!)

und aufgrund der fehlenden Stellen in Stellenplänen dem Befristungswahnsinn nach Wissenschaftszeitvertragsgesetz unterwerfen.

Im Grundgesetz werden vergleichbare Lebensverhältnisse in der gesamten Republik gefordert, auch in der Bildung.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber die Ausstattung der Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen hängt an Landeshaushalten

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Richtig! Das ist festgelegt, Herr Lenkert!)

oder an der Finanzkraft der Kommunen. Was kann ein Student für seine Herkunft, was kann ein Kind für seinen Wohnort? Nichts. Aber an Herkunft und Wohnort hängen die Bildungschancen und hängt die Zukunft eines Kindes. Ihre Exzellenzinitiativen verschärfen die Unterschiede zwischen armen und reichen Bundesländern. Das ist grundgesetzwidrig.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Freilich ist in diesem Haushalt für die Hochschulen mehr Geld vorgesehen. Reicht jedoch Ihr Ansatz aus? Leider nein. Die Studentenzahlen wachsen schneller als die Mittel für die Hochschulen. Die Mittel je Student sinken mit diesem Haushalt erneut. Das ist falsch.

(Beifall der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Das Verhältnis von Professorinnen und Professoren zu Studentinnen und Studenten sackt in den Keller.

Die Hochschulen ersetzen festangestellte Dozenten durch Lehrbeauftragte, die nur 500 Euro pro Lehrveranstaltung im Semester erhalten.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaublich!)

Ein Lehrbeauftragter, der sechs Veranstaltungen inklusive Vor- und Nachbereitung schafft, ist echt spitze und bekommt dafür 3 000 Euro – im Halbjahr.

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Darum soll sich Ramelow kümmern!)

Das ist Hartz-IV-Niveau. Diese Zustände sind menschengemacht und kein Naturgesetz. Also nehmen Sie die zusätzlich eingestellten Mittel in Höhe von 1,7 Milliarden Euro für den Hochschulpakt in die Hand: für zusätzliche Dauerstellen in Lehre und Forschung, für bessere materielle Ausstattung und für eine bessere Grundfinanzierung an den Hochschulen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu erfolgreichen Abschlüssen braucht es auch eine materielle Mindestabsicherung für Auszubildende und Studierende. Gerade für Kinder aus einkommensschwachen Familien bestehen in diesem Bereich riesige Hürden. Viele Abiturientinnen und Abiturienten verzichten wegen des akuten Geldbedarfs ihrer Familien auf ein Studium oder können die Zusatzkosten einfach nicht aufbringen. Ein Fünftel der Studienabbrüche beruht auf Problemen mit der Finanzierung. Ohne Ausbildung, ohne Studium sieht die Zukunft junger Menschen schlecht aus.

Die entscheidenden Rohstoffe unseres Landes sind Wissen und Bildung. So wie man im Bergbau in beste Anlagen investiert, so müssen wir in beste Bildung investieren.

(Beifall bei der LINKEN – Uwe Schummer [CDU/CSU]: Das tun wir doch!)

Gehen wir es an und investieren weitere 5,4 Milliarden Euro in unsere Jugend, in ein echtes BAföG-Programm und in ein Sonderprogramm Ausbildung. Natürlich braucht es dafür Mehreinnahmen beim Bund. Höhere Spitzensteuersätze, Wiedereinführung der Vermögensteuer,

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Reichensteuer!)

Einführung der Finanztransaktionsteuer und eine höhere Körperschaftsteuer auf Helmut-Kohl-Niveau schaffen die finanziellen Spielräume.

(Beifall bei der LINKEN)

Übrigens finden sich auch in Ihrem Haushaltsentwurf Potenziale zur Umschichtung.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Allerdings!)

48 Millionen Euro planen Sie für das Deutschlandstipendium ein. Fast ein Viertel des Geldes geht für die Bürokratie drauf. Lassen Sie das Deutschlandstipendium auslaufen, und stecken Sie das Geld lieber in das BAföG!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Oder warum zahlen Sie 73 Millionen Euro für die Erforschung der Auswirkungen der umstrittenen Fracking-Technologie? Fracking ist politisch tot und ein Irrweg für die Umwelt.

(Beifall der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Lenken Sie das Geld zur Unterstützung der Hochschulen in strukturschwachen Regionen um.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Haushalt 2016 stecken erneut Risiken für Bildung und Forschung. Im Bildungsetat sind über 250 Millionen Euro als globale Minderausgabe vorgesehen. Diese Millionen haben also einen Sperrvermerk. Bei den Sperrungen der letzten Jahre waren die Klimaforschung, die Projektverbundforschung von Fachhochschulen mit Forschungseinrichtungen und die Ausbildung besonders hart betroffen. Wiederholen Sie diesen Fehler nicht!

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wer im Bildungs- und Forschungshaushalt spart, ist wie ein Bauer, der minderwertiges Saatgut einsetzt. Er freut sich über das eingesparte Geld bis zur Ernte, die dann mager ausfällt.

Lassen Sie uns mehr für die Bildung investieren, wie es die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen macht,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Da ist nichts! Da wird nichts mehr investiert!)

welche für Thüringer Schulen, Berufsschulen und Hochschulen 2016  190 Millionen Euro mehr einsetzt als die unionsgeführte Vorgängerregierung 2014.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist eine gute Sache!)

Von der Wichtigkeit von Bildung und Forschung wurde hier genug geredet. Handeln Sie endlich! Geben Sie zusätzliche Milliarden Euro für Bildung und Forschung! Dann bekommt die Koalition sogar unsere Zustimmung.

(Beifall bei der LINKEN – René Röspel [SPD]: Das möchte ich ja mal erleben! Ab wie viel Milliarden gilt das denn?)

Vielen Dank, Kollege Lenkert. – Nächster Redner ist Dr. Ernst Dieter Rossmann für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CUS)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/6208169
Wahlperiode 18
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Einzelplan Bildung und Forschung
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