24.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt I.8

Saskia EskenSPD - Einzelplan Bildung und Forschung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „ Bildung“, so sagte schon Aristoteles, „ist der beste Reiseproviant für die Reise zum hohen Alter.“ Dieser Bundeshaushalt für Bildung und Forschung erhält wichtige Signale dafür, dass wir die Menschen in diesem Land mit einem gut gepackten Rucksack in die Zukunft schicken wollen. Es ist uns wieder gelungen, mehr in Bildung und Forschung, mehr in die Köpfe der Menschen und damit auch mehr in die Zukunft unseres Landes zu investieren. Wir knüpfen damit nahtlos an eine Politik an, die die SPD in Regierungszeiten immer vorangetrieben hat. Ich will sehr gerne dem SPD-Haushälter für Bildung und Forschung, dem Kollegen Swen Schulz, sozusagen stellvertretend für alle anderen Haushälter und für weitere Beteiligte meinen herzlichen Dank aussprechen.

(Beifall bei der SPD)

Mit welchen Bildern beschäftigen wir uns derzeit, meine sehr verehrten Damen und Herren? Es sind Bilder von Flüchtlingen, die auf der Flucht vor Verfolgung, Krieg und Terror am Ende einer gefährlichen Odyssee bei uns ankommen. Die Ankunft dieser Menschen in Deutschland lässt auch die Bildungspolitik nicht unberührt. Wir alle wissen, dass die Integration der Menschen, die mit fremder Muttersprache und aus einer anderen Kultur zu uns kommen, in unsere Gesellschaft eine große Aufgabe ist; aber wir machen das schon.

Wie überall müssen wir jetzt auch im Bildungsbereich Wege finden, um die Integration zu unterstützen, und zwar am besten ohne viel Bürokratie und ohne es zu kompliziert zu machen. Ohne Geld aber – da sind wir uns sicher einig – geht es nicht. Der aktuelle Haushalt sichert deshalb als einen ersten Schritt die Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zur Integration von Geflüchteten finanziell ab. Insgesamt fast 130 Millionen Euro – wir haben es schon gehört – werden hier bereitgestellt.

Mit rund 100 Millionen Euro wollen wir die Grundbildung und die kulturelle Bildung unterstützen. Die mobilen Endgeräte wie Smartphones, die die meisten Flüchtlinge besitzen, bieten hierbei die große Chance, viele Anwender zu erreichen. Dazu müssen aber Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter ausgebildet werden, die vor Ort unterstützen. Das sind hoch sinnvolle Investitionen, wie ich meine.

Bei dem Vorhaben, eine neue Deutsch-Lern-App zu entwickeln, bin ich mir da nicht ganz so sicher. Nach meiner Information gibt es bereits eine ganze Anzahl solcher Angebote, seien es die Deutschkurse des Goethe-Instituts oder anderer Anbieter, seien es die YouTube-Videos, mit denen Professor Jürgen Handke von der Universität Marburg Menschen mit Arabisch als Erstsprache beim Lernen der deutschen Aussprache unterstützt. Solche Angebote sind mit viel linguistischem und didaktischem Sachverstand und Fachwissen entwickelt worden. Deshalb müssen wir das Rad nicht neu erfinden.

Weitere 27 Millionen Euro investieren wir in die Eingliederung von Geflüchteten ins akademische Bildungssystem; denn nicht wenige von ihnen bringen die Befähigung zum Studium prinzipiell mit. Wir investieren in die Feststellung der Studierfähigkeit, aber natürlich auch in die Vermittlung von Sprachkenntnissen und in zusätzliche Vorbereitungskurse.

Damit unser Bildungssystem jungen Flüchtlingen und anderen bildungsbenachteiligten jungen Menschen, also allen, die besondere Förderung brauchen, besser gerecht werden kann, hat die SPD-Fraktion den Vorschlag einer nationalen Bildungsallianz ausgearbeitet. Dieser Vorschlag enthält ganz konkrete Ziele und Maßnahmen, die unser Bildungssystem für die vor ihm liegenden Aufgaben stark machen. Wir machen darin aber auch eines ganz deutlich: Wenn der Bund in der anstehenden Dekade der Integration das Bildungssystem erfolgreich unterstützen soll, dann muss das sogenannte Kooperationsverbot aufgehoben werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Neben der Dekade der Integration, die auch eine Dekade für mehr Bildungsgerechtigkeit sein muss, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht eine weitere große politische Gestaltungsaufgabe auf der Agenda, und das ist die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Vergangene Woche hat Wirtschaftsminister Gabriel bei der Eröffnung des Nationalen IT-Gipfels den Vorschlag von Ministerin Wanka aufgegriffen, die digitale Bildung zum Leitthema des IT-Gipfels 2016 zu machen. Ich freue mich sehr über die Unterstützung dieses wichtigen Themas. Sowohl der Koalitionsvertrag als auch die Digitale Agenda der Bundesregierung formulieren das Vorhaben, gemeinsam mit den Bundesländern und anderen Akteuren des Bildungssystems eine gemeinsame Strategie „Digitales Lernen“ zu entwickeln und umzusetzen. – So weit ein Zitat.

Die Bundestagsfraktionen von SPD und Union haben dieses Vorhaben, wie Sie alle wissen, durch einen gemeinsamen Antrag nochmals bestärkt und konkretisiert. Das Parlament hat dies am 2. Juli dieses Jahres auch so beschlossen. Deshalb freue ich mich, wie der Wirtschaftsminister es formuliert hat, darauf, wenn im IT-Gipfel-Jahr, das nun begonnen hat, bei diesem Vorhaben konkrete Fortschritte erreicht werden, die wir im Herbst 2016 beim nächsten Nationalen IT-Gipfel vorstellen können.

Im Zusammenhang mit dem genannten Beschluss des Bundestags hatte meine Fraktion die Forderung formuliert, die Mittel für die digitale Bildung im Bundeshaushalt auf 60 Millionen Euro aufzustocken. Es ist sehr, sehr bedauerlich, dass es uns für das kommende Haushaltsjahr nicht gelungen ist, diese Forderung durchzusetzen.

Deutschland hat immer gut daran getan, in die Köpfe der Menschen zu investieren. Wie wir aus verschiedenen Studien leider erfahren müssen, sind deutsche Schülerinnen und Schüler bei digitalen Kompetenzen im internationalen Vergleich eher unteres Mittelfeld. Ich halte es deshalb geradezu für fahrlässig, bei der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft womöglich den Anschluss zu verpassen, indem wir die Bildung vernachlässigen.

Natürlich ist es mit Investitionen auf Bundesebene nicht getan. Auch die Länder müssen ihre Hausaufgaben erledigen. Gerade bei einer so wichtigen Zukunftsaufgabe braucht es aber eine gemeinsame Strategie. Bund, Länder und Kommunen, aber auch die weiteren Akteure müssen die digitale Bildung deshalb als gemeinsame Aufgabe anerkennen und die Strategie „Digitales Lernen“ jetzt endlich gemeinsam angehen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine der wichtigsten Aufgaben der Politik besteht darin, auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, wie wir es ja beim vorliegenden Haushalt mit der Flüchtlingsthematik gemacht haben. Besonders im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche ist es auch im Bereich der digitalen Bildung unser Auftrag, auf neue Herausforderungen die richtigen politischen Antworten zu geben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Esken. – Nächster Redner: Dr. Wolfgang Stefinger für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/6208264
Wahlperiode 18
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Einzelplan Bildung und Forschung
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