25.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 139 / Tagesordnungspunkt I.9

Sonja SteffenSPD - Einzelplan Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Langjährige Haushälter haben mir als noch neue Haushälterin bestätigt, dass die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschuss für den Etat 2016 eine der längsten war, die sie jemals erlebt haben. Dies ist auch kein Wunder; denn wir hatten in diesem Jahr besonders wichtige und dringende Aufgaben zu erfüllen. Ein Gesamtetat in Höhe von 316,9 Milliarden Euro ist auf die einzelnen Ressorts verteilt worden. Dabei hatten wir von der Regierungskoalition drei besonders wichtige, ambitionierte Ziele, die unter anderem mein Kollege Johannes Kahrs und auch Carsten Schneider in seiner Rede gestern schon aufgeführt haben.

Eines unserer Ziele war eine nachhaltige und sozial gerechte Finanzpolitik. Diese ist uns mit dem vorliegenden Haushalt gelungen. Wir haben erneut einen Haushalt ohne neue Schulden beschlossen, und das trotz der großen finanziellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Dabei helfen uns natürlich die solide Finanzpolitik der vergangenen Jahre sowie die gegenwärtige gute wirtschaftliche Situation in Deutschland.

Wir sind es den Nachfolgegenerationen schuldig – Herr Kruse hat vorhin ebenso wie Herr Brinkhaus gestern schon darauf hingewiesen –, dass wir ihnen keine Schuldenberge hinterlassen. Wir stehen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vor immensen Herausforderungen, sei es der Kampf gegen die Armut und den Hunger in der Welt oder der Kampf gegen den Klimawandel. Auch andere globale Aufgaben sind nur zu schaffen, wenn nachhaltig gewirtschaftet wird. Wir können es nicht unseren Kindern und Enkelkindern überlassen, diese Aufgaben zu meistern. Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, keine neuen Schulden zu machen. Deshalb teile ich das Ziel, das auch die Bundeskanzlerin in ihrer Rede genannt hat: Wir dürfen den ausgeglichenen Haushalt nicht aus den Augen verlieren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Der Haushalt 2016 beweist aber auch, dass wir die anstehenden Aufgaben offensiv angehen. Insgesamt haben wir 7,5 Milliarden Euro für Ausgaben im Zusammenhang mit Flüchtlingen bereitgestellt, 3,3 Milliarden Euro allein für die Länder und Kommunen. Wir haben die Stärkung der Mittel beim BMAS, beim BMI und beim Familienministerium beschlossen. Wir haben 8 Milliarden Euro an Regionalisierungsmitteln für die Länder vorgesehen.

An dieser Stelle darf ich als Ostabgeordnete – ich teile mir den Wahlkreis mit der Bundeskanzlerin, die leider gerade nicht anwesend ist – darauf hinweisen: Die ostdeutschen Bundesländer sind besonders auf die Regionalisierungsmittel angewiesen. Deshalb ist meine dringende Bitte an alle Anwesenden: Sorgen Sie dafür, dass es bei einem gerechten Verteilungsschlüssel bleibt, damit wir unsere Regionalbahnen im Osten nicht verlieren! Denn in den ländlichen Räumen sind wir extrem darauf angewiesen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich habe mich übrigens auch besonders gefreut, als ich heute Morgen in den Nachrichten hörte, dass die 10 000 neuen Stellen für den Bundesfreiwilligendienst schon zum 1. Dezember dieses Jahres, also in ein paar Tagen, bereitstehen und die sogenannten Bufdis ihren Dienst beginnen können. Da soll uns noch einmal jemand vorwerfen, dass wir nicht flexibel und schnell auf die gegenwärtigen Probleme reagieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die Krisen, vor denen die Menschen zu uns fliehen, haben eindeutige Ursachen. Wenn wir diese nicht beseitigen und Lösungen anbieten, dann werden wir den Menschen hier wie dort nicht langfristig helfen können.

Ein überragend wichtiges Ziel – auch darauf hat die Kanzlerin in ihrer Rede hingewiesen – ist es, dass wir mit unserer Hilfe dazu beitragen, dass die Menschen sich nicht auf den Weg machen. Man geht davon aus, dass gegenwärtig 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Dabei geht es nicht nur um Flucht vor Krieg, sondern auch um Flucht vor ethnischer Verfolgung sowie Flucht vor Hunger und Seuchen. Niemand – ich will das betonen: niemand – verlässt freiwillig sein Land. Ich danke Herrn Kauder, dass er einen Kollegen, der im Libanon unterwegs war, als Beispiel nannte. Sie haben gesagt: Es kommt niemand wegen Twittermeldungen vom schönen Leben hierher. – Stimmt, das ist nicht der Fall. Die Menschen wollen nicht ihre Familie, ihre Freunde, ihr manchmal besser empfundenes Klima und ihren Lebensmittelpunkt verlassen. Sie kommen wirklich, weil sie keinen anderen Ausweg mehr haben.

Zur Bekämpfung der Fluchtursachen haben wir in diesem Etat eine ganze Menge Geld in die Hand genommen. Allein der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist im kommenden Jahr mit 7,4 Milliarden Euro der höchste in der bisherigen Geschichte des Ministeriums. Herr Bartsch, ich gebe Ihnen recht: Möglicherweise muss man darüber nachdenken, ob dieser Etat ausreicht. Es ist schwierig, ihn mit anderen Etats zu vergleichen. Sie haben ihn mit dem Etat des Verteidigungsministeriums verglichen. Ich finde, dass jeder Etat für sich steht und dass Vergleiche in diesem Fall sehr schwierig sind. Aber ich freue mich und bin stolz darauf, dass wir den Etat 2016 um 860 Millionen Euro erhöht haben.

Die Unterstützung von Flüchtlingen und die Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern haben derzeit höchste Priorität. Genau diese Priorität haben wir im Haushaltsausschuss noch einmal konkretisiert. – Ich sehe gerade Volkmar Klein, meinen Kollegen von der Union. Wir haben den Entwurf mit viel Kreativität verändert, um ihm einen neuen Fokus zu geben und insbesondere die beiden Titel im Einzelplan 23, aus denen direkt Mittel in die internationale Flüchtlingshilfe fließen, noch einmal zu stärken. Das betrifft besonders die Bereiche Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur sowie die Bereiche „Fluchtursachen bekämpfen“ und „Flüchtlinge integrieren“. Diese zusätzlichen Mittel werden genau in die Regionen fließen, die am stärksten von Krisen und Kriegen betroffen sind. Die Hauptaufnahmeländer für Flüchtlinge wie der Libanon, Jordanien, der Irak und die Türkei – dazu wurde heute schon viel gesagt – müssen dringend stärker unterstützt werden. Ich will noch einmal darauf hinweisen: Allein im Libanon ist mittlerweile jeder vierte Bewohner aus Syrien. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen in den Aufnahmeländern Perspektiven haben und sich nach Kriegsende in ihrer Heimat am Wiederaufbau beteiligen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Die allermeisten Flüchtlinge – das hört man immer wieder in Gesprächen – wollen dies auch.

Hin und wieder müssen wir uns in unseren Wahlkreisen Diskussionen aussetzen, in denen es darum geht, ob die Entwicklungshilfe und die Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich so hilfreich sind und wohin das Geld eigentlich geht. Ich habe mich vor ein paar Wochen auf einer Reise mit der GIZ in den Südsudan davon überzeugen können, wie gut angelegt das Geld ist, das wir in die Entwicklungszusammenarbeit investieren.

Ich möchte den Rest meiner Redezeit nutzen, um allen Entwicklungshelfern ein ausdrückliches Dankeschön auszusprechen, die im Moment in der ganzen Welt unterwegs sind, die unter gefährlichen und widrigsten Umständen leben und gleichzeitig Botschafter für die demokratischen Strukturen sind. Vielen Dank an dieser Stelle.

Herzlichen Dank für das Zuhören.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Als nächster Redner spricht Harald Petzold von der Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6211018
Wahlperiode 18
Sitzung 139
Tagesordnungspunkt Einzelplan Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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