25.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 139 / Tagesordnungspunkt I.11

Karin Evers-MeyerSPD - Einzelplan Verteidigung

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Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor 14 Tagen haben wir auf dem Platz vor dem Reichstag 60 Jahre Bundeswehr gefeiert und den Soldaten gedankt, die in unserer Parlamentsarmee täglich ihren Dienst tun.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Und den Zivilisten auch!)

Wir haben Danke dafür gesagt, dass sie unter Einsatz ihres Lebens bereit sind, unser Land, uns und unsere Werte zu schützen. Natürlich haben wir auch für alles andere Danke gesagt, was Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr darüber hinaus bereit sind zu leisten, beispielsweise in der Fluthilfe oder aktuell bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation. Ich sage von hier aus auch heute noch einmal Danke, aus voller Überzeugung und natürlich auch im Namen meiner Fraktion.

Die Koalition setzt mit dem vorliegenden Etat wichtige Zeichen. Zum einen: Es ist uns ernst mit unserem Dank und unserer Anerkennung für die Bundeswehr. Zum anderen: Wir sind bereit, das Notwendige zu tun.

Lassen Sie mich dazu drei Punkte ausführen. Erstens. Die Rolle Deutschlands auf internationaler Ebene entwickelt sich weiter, auf ausdrücklichen Wunsch unserer Freunde und Partner auch militärisch. Unser Engagement in Afghanistan und Mali wurde bereits erwähnt. Zweitens. Die Einsparwut bei der Bundeswehr hat das Militär an vielen Stellen an den Rand der Arbeitsfähigkeit geführt. Drittens – auch das ist mir wichtig zu sagen –: Trotz der Krisen und trotz des sicherheitspolitischen En­thusiasmus, den man an vielen Orten im In- und Ausland derzeit spürt, lassen wir uns nicht in einen Wettlauf treiben, der bei genauerem Hinsehen strategisch auf eher unsicheren Füßen steht.

Diese drei Dinge – die internationale Rolle Deutschlands, die Arbeitsfähigkeit der Bundeswehr und die notwendige Besonnenheit – bilden den Rahmen für einen Verteidigungsetat, der anpackt, der richtige Akzente setzt, ohne dabei Maß und Sachlichkeit zu vernachlässigen. Für dringend notwendige Investitionen in Material und Personal stellen wir der Bundeswehr im nächsten Jahr 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Diese Erhöhung gibt der Bundeswehr ein Stück Handlungsfähigkeit zurück. Beispielsweise ermöglicht dieser Etat zum ersten Mal, dass dem geltenden Personalstrukturmodell eine entsprechende Zahl an Planstellen gegenübersteht – über alle Besoldungsgruppen hinweg. Wir werden damit den Beförderungsstau innerhalb der Bundeswehr nicht auf einen Schlag beseitigen; aber er kann wirklich spürbar abgebaut werden, und das ist ein sehr wichtiges Signal an die Männer und Frauen in der Truppe.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Genau das meine ich, wenn ich sage: Wir meinen es ernst mit unserem Dank und unserer Anerkennung; denn bei allem, was in der Bundeswehr nicht schießt, nicht fliegt und nicht schwimmt – die wichtigste Investition bleibt die in unsere Soldaten und das zivile Personal.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Aus diesem Grund meinen wir es auch ernst mit der besseren Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Ich danke meinen Kollegen in der Koalition, auch denen aus dem Verteidigungsausschuss, dafür, dass wir die Titel für Kinderbetreuungseinrichtungen und Telearbeitsplätze noch einmal um 5 Millionen Euro verstärken konnten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir meinen es auch ernst mit der Hilfe für die unverschuldet in Not geratenen ehemaligen Angehörigen von Bundeswehr und NVA sowie deren Hinterbliebenen. Wir stellen noch einmal 1 Million Euro für die Härtefall-Stiftung zur Verfügung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind uns in der Koalition darüber einig, dass wieder mehr Geld in die Bundeswehr fließen muss. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir uns weiterhin auf die Einsatzfähigkeit und das Engagement der Truppe verlassen können. Dafür stehen wir, und dafür steht auch dieser Haushalt. Wenn ich die Ministerin richtig verstanden habe, dann sind wir uns auch über eine zweite Sache einig: Uns kommt es am Ende nicht nur darauf an, was für eine Zahl auf dem Papier steht, sondern auch darauf, was sich an Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft hinter dieser Zahl verbirgt: Was kann die Bundeswehr tatsächlich leisten? Was will und kann sie konkret einbringen, insbesondere im Rahmen internationaler Initiativen?

Daher halte ich nicht viel von Zahlenspielen, egal ob es um einstellige Prozentzahlen oder neunstellige Euro-Beträge geht. Viel halte ich von Strategien und Konzepten für mehr Effizienz. Da gilt: Die effiziente Armee der Zukunft kann nur eine europäische sein. Deutschland muss sich hier noch mehr als bisher als Zugpferd engagieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Was in diesem Bereich auf dem Tisch liegt, ist gut und richtig, reicht aber immer noch nicht aus. Wir brauchen mehr gemeinsame Projekte, mehr Arbeitsteilung, mehr Abstimmung auf allen Ebenen, von der politischen Leitung über die militärischen Spitzen bis hinunter in die Ebenen der konkreten Beschaffungs- und Planungsprozesse. Alles, was in Zukunft angepackt wird, jedes Strategiepapier, jede Vorlage sollte sich daher in einem Abschnitt der Frage widmen: Welche europäische Perspektive gibt es in diesem ganz konkreten Fall?

Das bedeutet viel Arbeit, nicht zuletzt, weil dieses Anliegen nicht überall in Europa auf gleichermaßen offene Ohren stößt. Es bedeutet auch viel mehr Arbeit, weil gerade mit Beschaffungsprojekten im europäischen Rahmen schon genug schlechte Erfahrungen gesammelt wurden. Das bedeutet aber auf keinen Fall, dass wir auf die europäische Ausrichtung verzichten dürfen. Wir dürfen sie auch nicht aufschieben. Die Zusammenarbeit mit unseren Freunden und Partnern muss für uns Ansporn sein, es besser zu machen. Das gilt vor dem Hintergrund der Anschläge in Paris mehr denn je, auch für das Militär.

Sehr geehrte Frau Ministerin, die Koalition hat Vertrauen in die Bundeswehr, und sie hat auch ein großes Stück Vertrauen in die Leitung des Verteidigungsministeriums. Zumindest kann ich für meine Fraktion sagen, dass wir Ihr ernsthaftes Bemühen darum, die Mängel in der Organisation und in den Prozessen anzupacken, anerkennen und Sie darin unterstützen. Mit der strukturierten Begleitung durch den halbjährlichen Rüstungsbericht, der Neupositionierung von drei wichtigen Großprojekten innerhalb des BAAINBw und der Konsolidierung des übrigen Beschaffungsapparates entsprechen Sie dem, was wir seit längerer Zeit fordern. Denn wir haben natürlich nicht vergessen, dass in der Vergangenheit Geld, das eigentlich da ist, nicht ausgegeben wurde. Soweit ich das überblicken kann, besteht zumindest die Möglichkeit, dass das auch in diesem Jahr wieder so ist. Damit das in Zukunft besser wird, brauchen wir Ihre Kärrnerarbeit in Sachen Organisation und Prozessoptimierung.

Worin wir Sie nicht unterstützen – jedenfalls ich tue das nicht –, ist der verständliche Wunsch nach mehr Flexibilität in der Haushaltsführung. Sie wissen das. Wir haben uns dazu mehrfach ausgetauscht. Für mich als Haushälterin, deren Aufgabe es ist, bei diesem ohnehin schon in hohem Maße flexibilisierten Einzelplan den Überblick zu behalten und auf das Geld des Steuerzahlers aufzupassen, ist eine weitere Flexibilisierung des Einzelplans 14 jedenfalls zurzeit nicht vorstellbar. Es wäre ein falscher Weg und ein falsches Signal, auch an die Industrie, nach dem Motto: Wenn es bei euch nicht klappt, kein Problem, wir machen die Haushaltsregeln für euch passend. – Ich sage das ausdrücklich mit Blick auf die Situation heute. Es geht mir nicht um haushalterische Ideologie. Ich denke, das wissen Sie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Henning Otte, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6211682
Wahlperiode 18
Sitzung 139
Tagesordnungspunkt Einzelplan Verteidigung
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