25.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 139 / Tagesordnungspunkt I.11

Ingo GädechensCDU/CSU - Einzelplan Verteidigung

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Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Finale Beratungen eines Haushaltsplanes für das kommende Jahr, Einzelplan 14 – der Verteidigungsausschuss ist immer ein besonderer Ausschuss. In der bisherigen, sehr sachlichen Debatte ist vielleicht zu kurz gekommen, wie viel Mühsal, wie viel Arbeit im Vorfeld steckt. Das betrifft nicht nur die Fachpolitiker im Verteidigungsausschuss.

Mein Dank geht auch an die Haushälter, nicht nur an die Berichterstatter der Koalition, Bartholomäus Kalb und Karin Evers-Meyer, sondern auch an Tobias Lindner und Michael Leutert. Da meine Vorredner auf die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses eingegangen sind, freue ich mich besonders, dass Eckhardt Rehberg der Beratung dieses wichtigen Einzelplans beiwohnt. Ihnen allen einen herzlichen Dank für Ihre Mühe, dass wir einen sanften Aufwuchs in diesem Einzelplan haben erreichen können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Viele hier im Saal erinnern sich an Auseinandersetzungen über die Frage, wo und wie viel wir noch einsparen können und dürfen. Aber vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Krisen und wachsender kriegerischer und vor allem terroristischer Bedrohungen müssen wir uns von der Spardebatte endgültig verabschieden, und das haben wir auch getan.

Heute geht es um ein Mehr, nicht nur um ein Mehr an Aufgaben, sondern auch um ein Besserwerden hinsichtlich der Instandsetzung, um ein Schnellerwerden bei der Auslieferung und ein Effektiverwerden bei der Ausbildung. Es geht darum, unsere Streitkräfte in die Lage zu versetzen, die hier in diesem Haus beschlossenen Mandate und Einsätze, soweit es geht, geschützt und schadlos zu bewältigen. Es geht darum, unsere Soldatinnen und Soldaten mit dem bestmöglichen Material auszustatten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist kein Selbstzweck, sondern das sind wir den Kräften, den Männern und Frauen, die unser Land im Bündnis schützen, schlicht und einfach schuldig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wie bereits erwähnt, verzeichnen wir einen sanften Aufwuchs beim Verteidigungsetat. Dieser ist aufgrund einer spürbar instabileren Sicherheitslage auch mehr als gerechtfertigt. Das mag dem einen oder anderen hier im Hause nicht gefallen. Wer sich allerdings der Realität stellt, wird dieser soliden Haushaltsplanung folgen. Ich vermute nicht nur, sondern ich prognostiziere, dass der Mittelansatz in den kommenden Jahren erheblich gesteigert werden muss, damit wir all das, was jetzt im Rahmen von Militär- und Materialhilfen, im Rahmen von Seenot­rettung und vor allem im Rahmen der Amtshilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingsunterbringung anfällt, finanzieren können.

Nicht erst seit den Anschlägen in Paris wissen wir, dass unsere Sicherheit tagtäglich durch fehlgeleitete Fanatiker und ihren Terror bedroht ist. Dieser Gefährdung unserer aller Sicherheit müssen wir entschlossen entgegentreten, nicht durch wohlfeile Worte, sondern durch Taten und einen auskömmlichen Finanzrahmen. Wir setzen heute hier im Bundestag ein Zeichen und dokumentieren, wie viel uns unsere innere und äußere Sicherheit wert ist. Wir müssen – das stimmt – zweifellos sehr viel Geld in die Hand nehmen, um diejenigen Organe zu stärken, die diese Sicherheit schützen. Dazu gehört die Polizei, dazu gehört der Verfassungsschutz, dazu gehören die Nachrichtendienste und selbstverständlich – darüber reden wir jetzt – unsere Bundeswehr.

Nun wurde in dieser Debatte thematisiert, ob die Bundeswehr im Gefahrenfall auch im Innern eingesetzt werden kann und soll. Ich weiß – das merkte man eben auch an den Reaktionen –, dass diese Diskussion von manchem hier im Hause als überflüssig abgetan wird. Ich weiß aber auch – auch wenn die Ministerin vor wenigen Tagen zu diesem Thema etwas sehr Richtiges gesagt hat –, dass uns das nicht daran hindern darf, den Blick nach vorne zu richten und mit neuen Erkenntnissen auch zu neuen Beschlüssen zu kommen. Ich weiß, dass die CDU/CSU-Fraktion hier eine pragmatische Meinung vertritt. Angesichts der aktuellen Bedrohungslagen möchte ich alle Skeptiker auffordern, erneut über die Möglichkeit eines begrenzten Einsatzes der Bundeswehr im Innern nachzudenken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Rainer Arnold [SPD]: Was heißt „begrenzt“? Was heißt „Einsatz“? – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Was heißt denn das? – Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir schon getan!)

– Dann überlegen Sie noch einmal. Vielleicht kommen Sie dann ja zu besseren Erkenntnissen.

Jedenfalls lassen das barbarische Vorgehen der IS-Kämpfer und die aktuelle latente Terrorgefahr, auch hier in Deutschland, die wir nicht verkennen sollten,

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Die können Sie nicht zum Vorwand für alles nehmen!)

aus meiner Sicht keinen Raum für ideologische Scheindebatten.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Ideologie heißt Grundgesetz!)

– Ja.

Viele hier im Saal wissen, auch ich, dass die Bundeswehr zusätzliche Aufgaben nur noch schwer verkraften kann und dass sie für gewisse Aufgaben im Innern auch nur begrenzt einsetzbar wäre. Aber anlässlich der heutigen Beratung zum Verteidigungsetat halte ich es für durchaus geboten, diese Frage erneut auf die Tagesordnung zu setzen.

Nur damit wir uns richtig verstehen: Ich halte es für abwegig, dass Soldaten der Bundeswehr künftig klassische Polizeiaufgaben übernehmen. Dafür sind unsere Soldaten nicht speziell ausgebildet und nicht anlassbezogen ausgerüstet. Der Schutz der inneren Sicherheit muss auch weiterhin von unserer Polizei wahrgenommen werden; aber unsere Soldaten der Bundeswehr können meines Erachtens durchaus begrenzt und in einem klar definierten Einsatzszenario zur Unterstützung eingesetzt werden. Was spricht dagegen, dass zum Schutz unserer Werte, unserer Demokratie und zur Sicherung unserer Art, in Freiheit zu leben, alle – alle – verfügbaren Sicherheitskräfte Hand in Hand arbeiten, wenn die Situation es erfordert?

Meine Damen und Herren, solange die Bundespolizei und die Polizeien der Länder das alles allein bewältigen können, ist das kein Thema. Aber wie schnell Leistungsgrenzen erreicht werden, zeigen uns aktuelle Großlagen und die erhöhte Alarmbereitschaft in einer länger anhaltenden terroristischen Bedrohung. Als „helfende Hände“ wären unsere Soldatinnen und Soldaten in einer ernsten Bedrohung sicherlich eine wertvolle Hilfe. Ich benutze den Begriff „helfende Hände“ bewusst. Denn mir ist vollkommen unverständlich, warum es der Bundeswehr im Rahmen einer Amtshilfe gestattet ist, Zelte aufzubauen, Essen für Flüchtlinge auszugeben und deren medizinische Betreuung zu übernehmen, der bewaffnete Einsatz zum Schutz unserer Bevölkerung im Innern aber ausgeschlossen sein soll.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Das hat historische Gründe, Herr Kollege! Zeitgeschichte!)

Das verstehe ich nicht wirklich. Auch historische Hintergründe müssen irgendwann einmal neu bewertet werden.

(Karin Evers-Meyer [SPD]: Da gibt es doch ein paar historische Gründe!)

Meine Damen und Herren, unsere Bürgerinnen und Bürger beschäftigen sich in zunehmendem Maße mit der Frage nach ihrer eigenen Sicherheit. Dies spüre ich bei vielen Podiumsdiskussionen, an denen ich in den vergangenen Tagen und Wochen teilgenommen habe. Die breite Bevölkerungsmehrheit weiß, dass Sicherheit auch Geld kostet. Die breite Bevölkerungsmehrheit weiß – die Ministerin sprach von 51 Prozent –, dass die Erhöhung der Verteidigungsausgaben angesichts der zunehmenden Krisen notwendig und richtig ist.

Wie bereits mehrfach dargestellt, ist der Verteidigungsetat ein besonderer. Denn wir entscheiden nicht nur darüber, wie viel uns unsere Sicherheit, sondern auch darüber, wie viel uns der Dienst der Soldatinnen und Soldaten wert ist. Deshalb haben wir einen ganzen Strauß an finanziellen Verbesserungen im Besoldungsänderungsgesetz festgelegt, welche nicht nur unseren Soldaten, sondern auch den zivilen Kräften in der Bundeswehr guttun. Viele haben schon gar nicht mehr geglaubt, dass derartige Leistungsverbesserungen möglich sind.

Wir, die Mitglieder der Großen Koalition, danken also den Soldatinnen und Soldaten nicht nur in unseren Reden, sondern wir tun auch etwas für sie. In diesem Sinn wünsche ich den Angehörigen der Bundeswehr, egal ob in Uniform oder Zivil, weiterhin viel Kraft, Mut und Zuversicht bei der Erfüllung ihrer oftmals schweren und gefährlichen Aufgabe.

Herr Präsident, da ich noch 30 Sekunden Redezeit habe, stelle ich fest: Ich habe Ihren Auftrag nicht nur verstanden, sondern ihn auch ausgeführt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das war auch die Erwartung des Hauses, lieber Herr Kollege.

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Gabi Weber, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6211808
Wahlperiode 18
Sitzung 139
Tagesordnungspunkt Einzelplan Verteidigung
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