Gabi WeberSPD - Einzelplan Verteidigung
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Zu dem Diskussionsbeitrag vom Kollegen Gädechens komme ich gleich noch; ich will den Aufbau meiner Rede nicht über den Haufen werfen. Aber Sie können sich darauf verlassen: Es kommt eine Erwiderung.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das ist lieb!)
Wir haben in den letzten Monaten erlebt: Deutschland hilft. Wir konnten Zeuge werden, dass die Menschen in unserem Land ein gutes Gespür dafür haben, wenn andere unsere Hilfe brauchen. Viele engagieren sich in der Arbeit für Geflüchtete. Ich möchte an dieser Stelle den Bundeswehrangehörigen, aber auch den anderen Menschen, allen, die in zivilen Organisationen, beim DRK, beim THW, bei der Caritas, bei der Diakonie, aber auch in vielen frei organisierten Gruppen, unterwegs sind, Flüchtlingshilfe zu leisten, meinen großen Dank aussprechen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und trotzdem: Wir könnten hier noch besser werden. Frau Ministerin, Sie haben einen Tagesbefehl zur Praxis der Freistellung von Bundeswehrangehörigen zur Unterstützung des BAMF und der Kommunen vor Ort ausgegeben. Das wird zurzeit allerdings relativ bürokratisch angepackt, und das führt dazu, dass Verantwortung hin und her geschoben wird und diejenigen Soldatinnen und Soldaten, die das gern machen wollen, keine richtige Antwort bekommen. An dieser Stelle kann das noch ein Stück weit entbürokratisiert werden, besser und schneller gemacht werden, um die mögliche Unterstützung noch zielgerichteter und schneller an Mann und Frau zu bekommen. Ich habe die herzliche Bitte, noch mal genau darauf zu gucken.
Wir als sozialdemokratische Verteidigungspolitiker haben zur Stärkung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit bei der Bundeswehr ergänzend ein Positionspapier entworfen. Ich empfehle Ihnen, sich das einmal zu Gemüte zu führen. Wichtig ist an dieser Stelle das Stichwort „Attraktivität der Bundeswehr“. Warum an dieser Stelle? Weil der aktuelle Leitspruch bei der Werbeoffensive der Bundeswehr lautet: „Mach, was wirklich zählt.“ Sehr geehrte Frau Ministerin, helfen Sie unseren Bundeswehrangehörigen, sich unbürokratisch zu engagieren. Dies zählt dann an dieser Stelle.
(Beifall bei der SPD)
Jetzt zu dem ganzen Komplex: Was tut eigentlich die Bundeswehr, und wie ist es mit dem Bundeswehreinsatz im Innern? Nur zur Erinnerung: Im Moment macht die Bundeswehr im Rahmen der Hilfe für Geflüchtete viele Dinge, zum Beispiel sind zu nennen: vorzeitige Rück- und Teilrückgabe nicht mehr benötigter Liegenschaften, temporäre Mitbenutzung von Liegenschaften – in sehr vielen Kasernen läuft das zurzeit –, weitere Unterstützungsleistungen wie Zelte, sanitätsdienstliche Versorgung, Personentransporte, organisatorische Unterstützung durch helfende Hände; damit sind zurzeit bis zu 4 000 Bundeswehrangehörige beschäftigt.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Bis 8 000 sind es mittlerweile!)
Darüber hinaus ist die Abstellung von 950 Angehörigen des Ministeriums direkt zum BAMF zu nennen. Da kann man doch feststellen, dass die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag im Innern leistet, um das zu bewältigen, was zu tun ist.
Was sollte denn darüber hinaus die Bundeswehr im Innern jetzt noch machen? Für mich ist das ganz klar. Ich verwahre mich entschieden gegen den Versuch, den Einsatz der Bundeswehr im Innern herbeizureden. Warum wird das eigentlich getan? Für was eigentlich?
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jenseits der skizzierten Amtshilfe und des nationalen Notstands ist das einfach nicht angezeigt. Wir haben für die Fragen der inneren Sicherheit eine grundgesetzlich garantierte Trennung der Aufgaben von Militär und Polizei. Ausnahmen sind die Katastrophenhilfe und der innere Notstand.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Nehmen wir die Terrorgefahr noch dazu, dann ist das komplett!)
Beides ist zurzeit nicht angezeigt.
(Beifall bei der SPD)
Wenn die Kapazitäten der Polizei nicht ausreichen, ist die Bundeswehr nicht einfach Reservepolizei, die man zur Unterstützung heranziehen kann. Hier muss man klar feststellen: Es gilt an dieser Stelle das Grundgesetz, das genau diesen Einsatz verbietet.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben viele große Rüstungsbeschaffungsprojekte. Wir dürfen dabei aber die kleinen nicht vergessen. Wir kennen den alten Spruch: Kleinvieh macht auch Mist. Nur haben wir die Situation, dass der Mittelabfluss bei den kleinen Projekten durchaus beschleunigungsfähig wäre. An dieser Stelle wäre es durchaus möglich, vernünftige Beschaffungen für die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten zu tätigen und es gleichzeitig hinzubekommen, dass kleine und mittlere Unternehmen, die wir bei uns haben wollen, Sicherheit bei ihrer Planung und gute Voraussetzungen haben, um weiterhin bei uns zu produzieren. Hier der Appell an Sie, Frau Ministerin, die personellen Voraussetzungen bei den Dienststellen zu schaffen, um die Verfahren wirklich beschleunigen zu können.
Sie haben meinen großen Respekt für Ihre Entscheidung, Frau Suder seinerzeit zu uns geholt zu haben. Ich sage ganz bewusst „zu uns“; denn Frau Suder ist einfach diejenige, die mit Ihnen gemeinsam viele Prozesse zurzeit energisch vorantreibt. Mit Frau Suder bin ich, gerade was die mittelständischen Unternehmen angeht, in regem Austausch. Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns insgesamt an dieser Stelle noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass wir eine Mittelstandsbeauftragte brauchen, um den Finger wieder genauer auf diesen Punkt zu legen. Wir dürfen uns nicht nur auf die großen Dinge konzentrieren und dürfen die kleinen – auch Kleinvieh macht Mist – nicht hinten herunterfallen lassen. Daher mein Appell; ich denke, eine Mittelstandsbeauftragte wäre an dieser Stelle wirklich gut.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Kann es auch ein Beauftragter sein?)
Mir läuft die Zeit weg. – Eines will ich trotzdem noch sagen: Das Weißbuch 2016 ist heute noch nicht erwähnt worden. Der diskutierte Punkt wird eine große Rolle dabei spielen, was von diesem Weißbuch erwartet wird. Es sollte das letzte seiner Art sein; denn wir brauchen eigentlich eine Friedens- und sicherheitspolitische Strategie für ganz Deutschland. Der Koalitionsvertrag liefert an dieser Stelle viele und sehr gute Grundbausteine. Volker Kauder hat heute Vormittag bereits betont, wie wichtig für uns Koalitionäre dieser Koalitionsvertrag ist. Er könnte an dieser Stelle viel stärker genutzt werden. Das würde vieles verkürzen.
(Beifall bei der SPD)
Meine letzten Worte
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: An dieser Stelle! – Heiterkeit)
sind an dieser Stelle wie immer. Ich bin Entwicklungspolitikerin. Mein Appell geht noch einmal dahin, langfristig zu denken, wenn es um die Bekämpfung von Fluchtursachen geht, und nicht immer dieses kurzfristige Denken zu haben: Wir machen jetzt Fluchtursachenbekämpfung, indem wir in den Flüchtlingslagern etwas tun, indem wir den Ländern um Syrien und den Irak herum Unterstützung anbieten. Ein absolut notwendiger Teil der Fluchtursachenbekämpfung ist eine stetige Erhöhung der ODA-Quote. Dafür plädiere ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich.
(Beifall bei der SPD)
Ich bitte aber auch darum – jetzt ist Herr Spahn leider nicht da –, dem Herrn Finanzminister auszurichten oder nahezubringen, die Finanztransaktionsteuer nicht zu vergessen. Auch das Geld brauchen wir dringend für Entwicklungszusammenarbeit und Fluchtursachenbekämpfung.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie brauchen Finanzminister Schäuble keinen Nachhilfeunterricht zu geben!)
In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. Sie merken, ich bin sehr dafür, diesen Verteidigungshaushalt zu beschließen, und freue mich über Ihre Zustimmung.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])
Als letztem Redner in der Aussprache erteile ich das Wort dem Abgeordneten Florian Hahn, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6211823 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 139 |
Tagesordnungspunkt | Einzelplan Verteidigung |