Volkmar KleinCDU/CSU - Einzelplan Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsplan besteht zunächst aus Zahlen, aus sehr vielen Zahlen sogar. Aber am Ende des Tages steht der Haushaltsplan für Politik. Ich glaube, dass der Einzelplan 23, der Haushaltsplan des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, durchaus exemplarisch für den gesamten Haushaltsplan steht. Wir können ihn mit drei Begriffen charakterisieren: zugewandt, fokussiert und nachhaltig.
Lassen Sie mich, bevor ich zu den drei Begriffen etwas sage, meinen ganz herzlichen Dank aussprechen. Als Hauptberichterstatter meiner Fraktion im Haushaltsausschuss möchte ich den Mitberichterstatterinnen und Mitberichterstattern danken, insbesondere Anja Hajduk und Michael Leutert, den Oppositionsberichterstattern, bei denen man schon ein bisschen den Eindruck hat, wenn sie nicht in der Opposition wären, würden sie den Einzelplan am Ende auch gut finden.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Michael Leutert [DIE LINKE]: Du willst mir schaden, ja?)
Noch viel mehr bedanke ich mich natürlich bei meiner Koalitionsberichterstatterin Sonja Steffen. Wir haben gemeinsam dafür gesorgt, dass jetzt gute Zahlen auf dem Tisch liegen.
(Beifall des Abg. Martin Gerster [SPD])
Also auch an dich noch einmal einen ganz herzlichen Dank.
Ich bedanke mich aber auch für all die vielen Gespräche mit Mitgliedern des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und ich bedanke mich bei den vielen Besuchern, die von außen kommen und uns mit Informationen versorgen. Ich bedanke mich ganz besonders, und zwar nicht nur für die gute Kooperation, sondern mehr für seine gute Arbeit, beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, bei Gerd Müller. Er macht eine gute Arbeit. Ich bin sicher, dass er diese gute Arbeit in den nächsten Monaten genauso weiterführt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Zugewandt – mein erster Begriff. Es geht um Menschen, und zwar nicht nur im Einzelplan 23, sondern im gesamten Bundeshaushalt: von der Bildung über die Gesundheit und die sozialen Fragen bis zur Wirtschaftsordnung. Am Ende ist unser christliches Menschenbild der Maßstab, wofür wir Geld ausgeben. Genau das ist die Basis unserer europäischen Werteordnung. Genau das lässt uns Verantwortung übernehmen für Menschen, auch für Menschen jenseits unserer Grenzen. Wir geben auch für Flüchtlinge, die nach Deutschland gekommen sind, sehr viel Geld aus. Diese Beträge werden nicht im Einzelplan 23 etatisiert, über den wir jetzt reden. Sie sind aber zu einem ganz großen Teil ODA-Mittel. Insofern liegt die Koordinierung beim BMZ, beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
An dieser Stelle muss man, glaube ich, einmal sagen: Es ist eine Schande, dass die richtig reichen muslimischen Länder am Golf sich überhaupt nicht um diese Menschen kümmern und bisher keinen einzigen Flüchtling aufgenommen haben. Das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das BMZ koordiniert natürlich nicht nur die ODA-Mittel. Im Einzelplan 23 ist auch ein wirklich stark gewachsener großer Brocken etatisiert. Der Einzelplan 23 steigt um rund 850 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2015; so stark ist er noch nie gestiegen. Er ist so stark gestiegen, weil wir uns den Menschen, die in den Lagern im Libanon oder im Nordirak sind, zuwenden müssen. Es geht darum, dort die Lebensmöglichkeiten zu sichern. Darum kümmert sich zunächst einmal, sofern es um Lebensmittel geht, das Auswärtige Amt. Aber sobald die Menschen länger dort sind, geht es auch darum, für eine entsprechende Infrastruktur zu sorgen. Dabei geht es nicht nur um Wasserleitungen, sondern eben auch um Bildung. Und dann ist es Aufgabe des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, den Menschen zugewandt zu helfen.
Wenn wir über das Stichwort „Fluchtursachen bekämpfen“ reden, geht es eigentlich um die gesamte Arbeit des Ministeriums; denn bei allem, was getan wird, geht es darum, Menschen in ihren Heimatländern bessere Chancen zu geben, und das führt automatisch dazu, dass Fluchtursachen wegfallen.
Fokussiert – das ist mein zweiter Begriff. Auch wenn sich eigentlich die gesamte Arbeit des BMZ um die Bekämpfung von Fluchtursachen und um Entwicklung dreht, also um langfristiges Denken, ist es jetzt erst einmal richtig, dass wir deutlich umgeschichtet haben. Wir haben den Titel „Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur“, bei dem es um die Lager in diesen Ländern geht, ganz erheblich erhöht: 130 Millionen Euro standen für dieses Jahr im Haushaltsplan. Der Regierungsentwurf für 2016 umfasste bereits 220 Millionen Euro, und im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir diesen Titel auf 400 Millionen Euro aufgestockt. Das Gleiche gilt für den Titel „Sonderinitiative Fluchtursachen bekämpfen“: Für dieses Jahr standen 70 Millionen Euro im Haushaltsplan. Der Regierungsentwurf für 2016 umfasste 110 Millionen Euro; jetzt stehen an dieser Stelle 300 Millionen Euro im Haushaltsplan.
Fokussieren auf die Lager, das ist ganz bestimmt richtig. Jeder von uns hat viele Berichte von Menschen gehört, die im Libanon oder im Nordirak gewesen sind. Es ist klar: Wir müssen mehr tun, damit die Menschen dort bleiben können und keinen Grund haben, zu uns nach Europa zu kommen. Ein Fokussieren auf diese Lager ist richtig.
Es ist aber auch wichtig, auf mehr Chancen zu fokussieren. Ich glaube, wir brauchen da ein bisschen Umorientierung. Wir müssen uns in der Entwicklungszusammenarbeit mehr als bisher daran orientieren, ob Jobs entstehen können. Es ist ganz wichtig, für Gesundheit, für sauberes Wasser und für Bildung zu sorgen. Aber am Ende des Tages werden die dann gut ausgebildeten Leute zu Hause immer noch keine Chance haben, wenn nicht auch Arbeit da ist, wenn nicht auch Jobs da sind. Deswegen brauchen wir mehr Investitionen. Wir brauchen in den Ländern des Südens auch mehr private Investitionen, damit die Leute dort Jobs bekommen. Das wollen wir durch Umschichtungen in unserem Haushaltsplan erreichen. Das ist ein wichtiger Punkt, um die Chancen für Jobs und eine wirtschaftliche Entwicklung, die wirklich nachhaltig ist, zu erhöhen. Wir werden uns auch im Mai nächsten Jahres in Deutschland damit befassen; denn wir sind Gastgeber der Jahrestagung der Asiatischen Entwicklungsbank. Dort kommen viele Menschen zusammen, die auch private Investitionen für die Länder des Südens mobilisieren wollen.
Auch eine gestärkte kommunale Kooperation kann helfen. Wir müssen unsere Erfahrung, dass Arbeitsplätze nicht durch staatliches Handeln, sondern durch private Initiativen und Investitionen entstehen, weitergeben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir müssen helfen, indem wir unsere Erfahrung von Normalität in unserem Wirtschaftsablauf transportieren. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Beitrag. Wir müssen uns fokussieren auf die Chancen, die Menschen haben.
Ich würde auch sagen: Auch wenn wir eine Haushaltsdebatte führen, sollten wir nicht immer nur auf Geldbeträge schauen. Das wurde in der zurückliegenden Debatte hier und da schon deutlich. Wenn wir uns auf das schiere Ausgeben von Geld konzentrieren und das bereits für einen Erfolg halten, dann kommen wir nicht weiter. Wir müssen Chancen schaffen und dürfen nicht nur daran denken, wie viele ODA-Mittel ausgegeben worden sind. Das wird im nächsten Jahr besonders deutlich werden, wenn diejenigen, die immer nur dumpf vom 0,7-Prozent-Ziel geredet haben und nur diese Zahl im Kopf haben, im nächsten Jahr vor dem Problem stehen werden, weniger Geld fordern zu müssen. Ich bin nach dem, was uns vorliegt, nämlich durchaus davon überzeugt, dass wir im nächsten Jahr auf über 0,7 Prozent kommen werden, weil sämtliche Kosten, die im Inland für Flüchtlinge anfallen, für die ersten zwölf Monate mitgerechnet werden.
(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Aber, lieber Kollege, das bekämpft Fluchtursachen nicht!)
Ich rechne damit, dass unser Ziel übertroffen wird. Deswegen sage ich immer wieder: Nur auf diese Zahl zu fokussieren, ist einfach falsch. Wir werden deutlich über 0,7 Prozent liegen. Das bringt uns aber nicht weiter.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mein letztes Stichwort ist die Nachhaltigkeit. Der entscheidende Beitrag zur Nachhaltigkeit ist ein insgesamt ausgeglichener Haushalt; denn das ist ein wirklich gutes Zeichen für Stabilität und Vertrauen. Dieses Signal ist notwendig, damit Private und Unternehmen in Deutschland weiterhin investieren und Deutschland wirtschaftlich stark bleibt. Genau das ist die Voraussetzung dafür, dass wir auch in Zukunft helfen können, und das wollen wir. Wir wollen nicht nur helfen, sondern wir haben uns im Haushalt sogar dazu verpflichtet. Wenn man all die Verpflichtungsermächtigungen im Einzelplan 23 zusammenzählt, sieht man, dass wir auch in Zukunft wirtschaftlich stark sein müssen, wenn wir auch zukünftig unsere Hilfe zusagen wollen. Deswegen: Der beste Beitrag für eine langfristig erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit seitens Deutschlands ist ein ausgeglichener Haushalt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sonja Steffen [SPD])
Wir müssen aber auch an mehr Nachhaltigkeit in Afrika denken und diese einfordern. In vielen Ländern ist doch nicht das eigentliche Problem, dass Geld fehlt. Das Problem ist, dass miserables Regierungshandeln die Chancen der Menschen zerstört.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich glaube, wir müssen einfach robuster als bisher einfordern, dass sich das verbessert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich habe das in der letzten Debatte unter dem Stichwort „Troikas für Afrika“ zusammengefasst. Das finde ich weiterhin richtig. In Südeuropa fordern wir Konditionalität für Zusammenarbeit ein. Wir müssen unsere Mittel krasser und robuster einsetzen, um Korruption in Afrika abzubauen.
Das Ziel, Frieden und Demokratie zu stärken, geht in die gleiche Richtung. Die Deutsche Afrika Stiftung hat in der letzten Woche den Deutschen Afrika-Preis an Houcine Abassi vergeben; das hat natürlich dadurch an Bedeutung gewonnen, dass er in zwei Wochen auch den Friedensnobelpreis bekommt. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht nur auf Geld ankommt, sondern auch auf Menschen, die in der Lage sind, die Menschen zusammenzubringen und Konflikte zu moderieren. Deswegen an dieser Stelle einen ganz herzlichen Glückwunsch an Houcine Abassi zum Deutschen Afrika-Preis, aber auch zum Friedensnobelpreis!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auf Menschen kommt es an. Deswegen ist es wichtig, solche Menschen zu haben. Genauso wichtig ist es aber, all die Deutschen zu haben, die in vielen Ländern arbeiten und helfen. Dass sie es auch im Zusammenhang mit Ebola gemacht haben, wissen wir in unserer schnelllebigen Zeit schon gar nicht mehr. Sie tun es aber auch heute in all diesen Lagern. Deswegen an dieser Stelle auch ein ganz herzliches Dankeschön an all diejenigen, die diese Arbeit tun! Im Grunde ist ja ein Dank die verschärfte Form der Bitte, das auch weiterhin zu tun. Das brauchen wir, wenn wir wollen, dass Deutschland in aller Welt ein gutes, erfolgreiches Bild abgibt und ein liebenswertes Gesicht hat.
Wenn ich ganz zu Beginn unserem Minister gedankt habe, dann verfolge ich damit natürlich die gleiche Strategie. Auch das ist die verschärfte Bitte: Weitermachen! Wir brauchen ihn und seine Politik auch in den nächsten Monaten. Ich glaube, dass dieser Haushalt – den Menschen zugewandt, auf Probleme fokussierend, gleichzeitig aber nachhaltig im Sinne der Sicherung der eigenen Kapazitäten – gut ist und die Zustimmung von allen hier im Hause verdient hat.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Kollege Klein. – Nächste Rednerin: Anja Hajduk für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6211923 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 139 |
Tagesordnungspunkt | Einzelplan Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |