Dieter JanecekDIE GRÜNEN - Einzelplan Wirtschaft und Energie
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Da Sie noch hier sind: Sie haben das Thema Russland angesprochen. Ich würde Ihnen gerne dazu eine Frage stellen. Zwei Wochen nach Ihrem Besuch war ich auch bei Putin in Moskau. Die Frage ist: Ist es richtig, dass Sie bei Putin im Kreml zugesagt haben, die Sanktionen schrittweise aufzuweichen? Ist es richtig, dass Sie zugesagt haben, beim Thema North Stream 2 die europäischen Interessen nicht zu vertreten? Das würde mich interessieren, wenn wir in diesem Zusammenhang über Wirtschaft und Russland reden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt geht er!)
Das Thema, das ich heute aufgreifen möchte – Herr Kollege Mattfeldt hat es auf seine eigene Art und Weise getan –, ist das Thema Wirtschaft und Zuwanderung. In der Geschichte ist es so: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Deutschland ein Antieinwanderungsland. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind wir sukzessive ein Einwanderungsland geworden, haben es nur nicht kommuniziert. Es hat lange gedauert – übrigens bis zu Rot-Grün. Jetzt reden wir immer noch in solchen Debatten – das ärgert mich persönlich schon – von denen, die kommen, und denen, die hier sind. Aber was ist die Realität? 20 Prozent der Gründerinnen und Gründer sind Menschen mit Migrationshintergrund. Jeder achte Selbstständige hat einen Migrationshintergrund. In den Städten sind es bis zu 50 Prozent. Wir haben eine völlig andere Realität, und es geht hier nicht um die, die kommen, und die, die hier sind; vielmehr sollte es um die Gemeinsamkeit aller gehen, die uns nach vorne bringt. Davon muss doch die Debatte handeln, wenn wir über Zuwanderung im Zusammenhang mit Wirtschaft reden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Was die Frage der Syrerinnen und Syrer angeht, die kommen. Wir wissen, dass bei türkischstämmigen Menschen die Gründungsquote, die Selbstständigenquote sehr hoch ist. Also müssen wir auch hier die Instrumente schaffen, um zu fördern, um Zugänge zu Kleinstkrediten zu schaffen. Sie fallen unter den Radar. Wer gründen will und einen Betrag von unter 25 000 Euro braucht, hat es schwer, weil die Sparkassen es nicht schaffen, weil die Gründungsinitiativen es nicht schaffen, weil es die Vorrangprüfung immer noch gibt und die Drei-plus-zwei-Regelung nicht so greift, wie sie greifen sollte. Lassen Sie uns dort anfangen! Das ist ein Chancenthema. Für ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer demografischen Entwicklung und ihrem wirtschaftlichen Potenzial ist es angezeigt, das als Chancenthema zu begreifen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Thema Energiewende diskutieren wir immer noch sehr stark anhand des EEG. Es gab eine Reform 2014; 2016 kommt die nächste Anpassung. Wir haben unsere Vorschläge gemacht. Sie dürfen nachher abstimmen über die Frage der Batteriespeicher bei der Photovoltaik. Anscheinend haben Sie das positiv aufgegriffen. Ich bin gespannt, wie Sie sich verhalten werden.
Ich würde gerne eine Debatte über die nächste Stufe der Energiewende führen: die Digitalisierung der Energiewende. Wir haben das Smart-Meter-Rollout-Gesetz vorliegen. Warum schaffen wir es nicht, kraftvoll darüber zu reden, dass die Potenziale von Digitalisierung und Energiewende zusammengeführt werden, eine Chance darin zu sehen, die Verbrauchskennzahlen von großen Betrieben, von mittelständischen Unternehmen erkennen und steuern zu können, sodass wir erneuerbare Anlagen besser aussteuern und mehr Wettbewerb schaffen können? Das wäre ein großes Chancenthema. Das haben Sie nicht aufgegriffen. Ich wünsche mir, dass Sie das kraftvoll tun.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir über das Thema Wettbewerb reden, dann müssen wir über das Internet reden. Wir können keine wirtschaftspolitische Debatte führen und nicht über die Rahmenbedingungen unseres Netzes reden. Auf beiden Seiten des Plenums – zugegeben: im Europäischen Parlament; hier wäre es nicht viel anders gewesen – hat jeweils eine einzige Person die Hand dafür gehoben, die Netzneutralität in Europa zu erhalten – eine einzige. Wettbewerb heißt auch, dass die Rahmenbedingungen stimmen müssen. Die stimmen nicht, wenn wir ein Zweiklasseninternet schaffen. Das schaffen Sie. Deshalb müssen wir kraftvoll dagegenhalten. Wir brauchen mehr Wettbewerb. Wir brauchen in diesem Bereich mehr Regeln. Wir brauchen eine Regulierung, die stimmig ist und die Digitalisierung als Chancenfeld begreift, genauso wie es die Energiewende ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir das schaffen, dann bin ich auch frohen Mutes, dass wir hier etwas Vernünftiges schaffen.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Als Nächster hat für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Peter Stein das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6214838 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Einzelplan Wirtschaft und Energie |