Ulla Schmidt - Einzelplan Gesundheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir hier heute über den Haushalt für das kommende Jahr beraten, dann müssen wir dies im Gesamtkontext der von der Großen Koalition beschlossenen Haushalte tun. So möchte ich auch den aktuellen Haushalt verstanden wissen. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass wir, die Große Koalition, erneut einen Schwerpunkt auf die Gesundheitsvorsorge, insbesondere bei Kindern, gesetzt haben. Das, was wir für die Haushalte 2014 und 2015 auf den Weg gebracht haben, ist eine Reihe von Maßnahmen, die wir auch in den kommenden Haushalten entsprechend fortsetzen werden.
Wenn wir sozusagen das Buch der Haushalte für den Bereich Gesundheit aufschlagen, dann möchte ich ganz gern einmal die groben Eckdaten nennen. Wir verfügen eigentlich – da haben alle Kolleginnen und Kollegen, die bisher gesprochen haben, recht – über einen wesentlich größeren Haushalt – er umfasst 14,6 Milliarden Euro –, reden aber in der Tat nur über die 86 Millionen Euro, die für die gesamtpolitischen Maßnahmen zur Gesundheitspflege zur Verfügung stehen.
Im Vergleich zum Jahr 2015 verzeichnet der Einzelplan einen Aufwuchs um 2,5 Milliarden Euro. Für die gesetzliche Krankenversicherung sind Ausgaben von 14 Milliarden Euro vorgesehen. Wie zugesagt, werden die Ausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung ab 2017 wieder dauerhaft bei 14,5 Milliarden Euro liegen.
Eins möchte ich zu den neuen Strukturen im Haushalt 2016 sagen – das ist für uns als Haushälter wichtig –: Wir waren die letzten Haushälter, die noch nicht mit neuen Strukturen gearbeitet haben. Es gibt eine neue Systematik. Viele Maßnahmen sind zusammengeführt worden. Für uns als Haushälter ist das sehr wichtig, weil wir dadurch einen besseren Überblick darüber bekommen haben, mit wie vielen Maßnahmen wir im Bereich der Gesundheit, der Pflege, der Prävention, unterwegs sind.
Ein weiterer Punkt ist die Frage von Pflichtbeiträgen und freiwilligen Leistungen an die WHO; er ist gerade von meiner Kollegin Ekin Deligöz und auch von Minister Gröhe angesprochen worden. Ich denke, wir sind da auf dem richtigen Weg. Wir haben das, worüber auch wir hier diskutiert haben, in einem ersten Schritt umgesetzt. Dass wir auch da besser mit einem anderen Ressort zusammenarbeiten, ist für uns keine neue Erkenntnis; denn „Gesundheit und Pflege“ ist einfach ein Querschnittsbereich. Sie haben gerade schon deutlich gemacht, dass wir mit der Familienministerin, aber auch mit der Ministerin für Arbeit und Soziales und dem Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zusammenarbeiten.
Kommen wir auf den Bereich gesamtpolitische Maßnahmen zu sprechen, für den 86,4 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Hier möchte ich einen ersten Schwerpunkt bei Prävention und Aufklärung sehen; dafür sind 41,7 Millionen Euro veranschlagt. Man kann sagen: Das ist angesichts der Bedeutung der Prävention zu wenig. Wenn bereits Kinder aufgeklärt und gesund leben, dann werden sie mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auch gesund älter. Insofern wird sich all das, was wir in die Kinder investieren, gerade im Gesundheitsbereich, mit ihrem Älterwerden für das Gesundheitssystem rechnen.
An dieser Stelle sei zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gesagt, dass die Behördenleitung gewechselt hat: Frau Heidrun Thaiss ist die neue Behördenleiterin. Sie hat sich im Rahmen des Berichterstattergesprächs vorgestellt. In einem weiteren Gespräch hat sie noch einmal ihre Aufgaben dargelegt. Insbesondere hat sie klargestellt, vor welchen Herausforderungen wir im Zusammenhang mit dem Präventionsgesetz, welches am 1. Januar 2016 in Kraft treten wird, stehen.
6 Millionen Euro werden wir wieder für die Organspendekampagne bereitstellen. Leider sind wir auch auf diesem Gebiet noch nicht so weitergekommen, wie wir es uns vorstellen könnten und wie es auch notwendig wäre. Für den Bereich der Durchimpfungsrate haben wir weiterhin 3 Millionen Euro eingeplant.
Zu den Bereichen Aids- und Drogenaufklärung. Ich möchte unserer Drogenbeauftragten noch einmal ein herzliches Dankeschön für ihr Engagement sagen. Dieses Dankeschön gilt aber nicht nur der Drogenbeauftragten, sondern allen Kolleginnen und Kollegen, die in der Gesundheitspolitik arbeiten. Wir müssen vor allem die Aufklärung über die Gefahren des Drogenkonsums und der Infektionskrankheiten stärken. Man soll es nicht glauben: Trotz der umfangreichen Aufklärung, trotz der Bewusstseinsarbeit steigen die entsprechenden Zahlen immer wieder an. Wenn man das feststellt, wundert man sich schon sehr.
Ein Thema liegt mir besonders am Herzen – entsprechende Vorschläge waren die ersten, die wir in die Beratungen über die Haushalte 2014 und 2015 eingebracht haben –: die Frage der Kindergesundheit, insbesondere im Hinblick auf Prävention und Rehabilitation. Wir haben gemeinsam lange über das Präventionsgesetz diskutiert. Wir haben Anhörungen durchgeführt, und wir haben es fachlich und inhaltlich diskutiert. Darüber hinaus habe ich vor Ort, in ganz unterschiedlichen Bundesländern, mit Vertretern verschiedener Einrichtungen und Institutionen gesprochen. Sie haben mir eine Frage gestellt: Was ist mit denen, die noch nicht in den Bereich der Prävention gehören? Was ist mit den Kindern, die auch noch nicht in den Bereich der Rehabilitation gehören, für die wir aber im Vorfeld eine ganze Menge leisten müssen, damit sie gar nicht erst Leistungen nach dem SGB V brauchen, damit ihnen bei ihrer Übergewichtigkeit geholfen wird?
Nun sprechen wir in dem Bereich von Perzentilen und von BMI-Werten – und dies bei Kindern. Wir haben hier 90-Prozent- und 97-Prozent-Perzentile. Das bedeutet: 90 Prozent oder 97 Prozent der Kinder sind nicht übergewichtig, und 10 Prozent oder 3 Prozent sind übergewichtig oder fettleibig. Das heißt, diese Kinder werden mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit übergewichtige Erwachsene. Hier wäre eine Rehamaßnahme angezeigt. Aber was passiert mit denen, die nicht in diese Bereiche fallen? Können wir Kinder tatsächlich in Perzentile einteilen? Wollen wir schon Kinder mit einem Body-Mass-Index versehen? Sollten wir das nicht anders sehen? Wenn wir Kindern in den Familien, in den Schulen – Stichwort „Klasse2000“ – das Bewusstsein dafür stärken, dass sie besondere Menschen sind, dass sie Selbstvertrauen haben können, dass sie Stärken haben, dass sie Erfolge haben, dann wird sie das mit Sicherheit vor einer Übergewichtigkeit oder vielleicht sogar Fettleibigkeit bewahren.
Ich habe hier einen besonderen Schwerpunkt gesetzt, weil ich hier den Schlüssel für das Problem sehe. Wenn Kinder wohlgeraten, wenn Kinder, ich sage mal, behütet werden – nicht im Sinne davon, dass man sie permanent beschützt –, wenn Kindern ein Selbstbewusstsein mitgegeben wird, dann werden diese Kinder auch gesunde Erwachsene werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben weitere Schwerpunkte gesetzt: im Bereich der Modellvorhaben, gerade auch im Bereich der Ressortforschung. Hier reden wir über den „Masterplan Medizinstudium 2020“, über den Ausbau der Versorgungsforschung, über Strategien zur Bekämpfung von Krebs. Ja, das ist ein Thema, das immer und immer wieder auf der Tagesordnung steht. Es ist dringend erforderlich, dass wir dabei zu Erfolgen kommen.
Zum Pflegebedürftigkeitsbegriff. Es ist gerade schon angesprochen worden, was dort auf den Weg gebracht wird und vor welchen Herausforderungen wir insgesamt noch stehen. Dabei geht es um die, die gepflegt werden, aber auch um die, die pflegen. Da sind wir mit dem Familienministerium, denke ich, auf einem sehr guten Weg.
Auch ein anderes Thema habe ich gerade schon angesprochen: sexuell übertragbare Krankheiten. Man soll es nicht glauben: Die Zahl geht leider nicht zurück, aber sie ist zumindest konstant.
Ich möchte noch ein Thema ansprechen, und zwar die Aspekte der Migration und Integration im deutschen Gesundheitswesen. Anfang des Jahres hat unsere Staatsministerin zur Unterzeichnung der Charta der Vielfalt ins Kanzleramt eingeladen. Es war eine großartige Veranstaltung. Sehr viele Vertreter waren dort anwesend, auch Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsbereich. Dort haben wir verabredet, dass wir für diesen Bereich einen Titel schaffen und Geld zur Verfügung stellen werden. Das haben wir mit diesem Haushalt umgesetzt.
Jetzt kann man sagen: Diese 500 000 Euro sind nur ein Feigenblatt. – Aber: Wir sind seit dem Gipfel dabei, gemeinsam ein Konzept zu erarbeiten. Ich gehe davon aus, dass wir bei zukünftigen Haushalten – ich denke an 2016/2017 – über einen weiteren Aufwuchs sprechen werden.
Das Thema Flüchtlinge hat sich in diesen Haushaltsberatungen wie ein roter Faden durch die Beratung aller Etats gezogen. Genau so muss es auch verstanden werden: Es ist eine Gesamtaufgabe aller Bereiche, des gesamten Hauses. Es geht nicht um eine besondere Themenstellung eines einzelnen Bereichs.
Ich bin sehr froh, Herr Minister Gröhe, dass Sie gerade die Schwangeren, die Kinder und Jugendlichen erwähnt haben. Diese haben sich nicht einfach auf eine Reise gemacht, sondern sie haben Schreckliches erlitten, um aus einer Kriegsregion zu entkommen und in ein sicheres Land zu gelangen. Unabhängig davon, inwieweit die Gesetzesverfahren abgeschlossen sind und inwieweit sie in Kraft sind, müssen wir den Flüchtenden helfen, insbesondere den Schwangeren, den Kindern, den Traumatisierten. Hieran werden wir in enger Abstimmung mit dem Familienministerium gemeinsam arbeiten.
Zum Thema Behinderte. Da ist einmal die Frage der Behinderten grundsätzlich. Es sind besondere Krankheitsmerkmale, die Behinderte haben. Ich habe in der ersten Lesung darauf aufmerksam gemacht, auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den Special Olympics, vor welchen Herausforderungen die behinderten Menschen insgesamt stehen. Noch viel mehr gilt das für die, die auf der Flucht sind. Deshalb dürfen wir die Behinderten, die auf der Flucht sind, auf keinen Fall aus dem Auge verlieren.
Ich möchte mich bei allen, die dazu beitragen, dass unser Gesundheitswesen bestmöglich funktioniert, und bei allen Vertretern der Wohlfahrtsverbände, die sich in unterschiedlichen Bereichen, ob hauptamtlich oder ehrenamtlich, engagieren, ganz herzlich bedanken. Ich bedanke mich insbesondere bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsausschuss, im Fachbereich, für die großartige Unterstützung, für den Zuspruch, für jede Hilfestellung, die gegeben wird, damit wir im Haushaltsausschuss das umsetzen können, was dort inhaltlich die ganze Zeit über diskutiert wird. Ich möchte nicht versäumen, mich beim Ministerium ganz herzlich für die Zuarbeit zu bedanken. Meine Mitberichterstatterin Ekin Deligöz hat Sie ja gerade schon in den höchsten Tönen gelobt. Ich kann mich dem Lob nur anschließen. Ich möchte mich beim Bundesfinanzministerium und beim Bundesrechnungshof bedanken, aber auch noch einmal bei meinen Kolleginnen und Kollegen. Insbesondere bedanke ich mich ganz herzlich bei meinen Mitberichterstatterinnen und Mitberichterstattern, dass sie mir die Zusammenarbeit ganz einfach machen. Vielen Dank für die geleistete Arbeit, aber auch schon einmal für die Arbeit, die noch vor uns liegt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Georg Nüßlein, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6215054 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Einzelplan Gesundheit |