26.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt I.14

Michael HennrichCDU/CSU - Einzelplan Gesundheit

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Liebe Frau Kollegin Klein-Schmeink, als ich eben auf meinem Platz saß, hatte ich Sie im Blick; jetzt habe ich Frau Präsidentin Ulla Schmidt hinter mir. Das erinnert mich an rot-grüne Zeiten, in denen wir von Defiziten in Höhe von 5 Milliarden Euro gesprochen und über Spargesetze diskutiert haben.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Das waren aber auch ganz andere konjunkturelle Zeiten!)

Deswegen will ich ausdrücklich betonen, was wir in dieser Legislaturperiode geleistet haben. Wir haben verschiedene Dinge in Angriff genommen: Wir haben die Krankenhäuser auf eine solide finanzielle Basis gestellt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, eben nicht!)

Wir haben das Thema Pflege, das uns über Jahre auf den Nägeln gebrannt hat, in den Griff bekommen und für Leistungsverbesserungen gesorgt. Da Sie die Investitionskostenfinanzierung der Krankenhäuser angesprochen haben, sage ich Ihnen: Sie sollten vor der eigenen Türe kehren und sich einmal anschauen, wie es in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen um dieses Thema bestellt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, von den rund 15 Milliarden Euro, die im Einzelplan 15, im Gesundheitshaushalt, enthalten sind, geben wir 14,5 Milliarden Euro als Bundeszuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung, und 500 Millionen Euro stehen für allgemeine Aufgaben zur Verfügung. Deswegen stehen in meinem Fokus die Fragen: Gehen wir mit diesen Steuermitteln sorgfältig um? Sind sie klug und vernünftig investiert?

Ein guter Freund von mir hat mich vor der Sommerpause gefragt: Was würdest du machen, wenn es das Thema Flüchtlinge nicht gäbe? – Da habe ich kurz aufgezählt, was wir in den letzten Wochen und Monaten auf den Weg gebracht haben: Krankenhausstrukturgesetz, E-Health-Gesetz, Pflegestärkungsgesetz II, Palliativ- und Hospizgesetz, Pflegeberufegesetz; hinzu kommt das Gesetz zum Thema Sterbehilfe. Bis auf das Gesetz zur Sterbehilfe sind das alles Gesetze, die Leistungsverbesserungen beinhalten, die dafür sorgen, dass wir mehr Geld ins System bringen, Strukturveränderungen finanzieren und mehr Effizienz und Qualität bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage auch ganz offen: Ich habe in den letzten Monaten und Jahren erleben können, was es bedeutet, dass wir eine gute wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land haben, dass Arbeitnehmer und Unternehmen mit ihren Beiträgen dafür sorgen, dass die gesetzliche Krankenversicherung solide finanziert ist. Wir sollten bei allen Diskussionen über eine paritätische Finanzierung im Blick haben, dass hier Großartiges geleistet wird: von den Arbeitnehmern, aber auch von den Unternehmen, vom Mittelstand, von den Handwerkern und von den Freiberuflern. Deswegen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn es um die Frage geht: „Gehen wir mit den Finanzmitteln sorgfältig um?“, dann muss ich sagen, dass es schon das eine oder andere Mal Bauchgrimmen gab, etwa beim Präventionsgesetz oder als es um die Frage ging: Wie viel Geld stellen wir den Krankenhäusern zur Verfügung? Ich will diesen Aspekt am Beispiel des Präventionsgesetzes deutlich machen, weil das Thema Prävention auch im Haushalt ein Schwerpunkt ist. Wenn wir sagen: „Wir wollen unser Gesundheitssystem zukunftsfest machen“, dann ist es, glaube ich, schon wichtig, dass wir auch das Thema Prävention aufgreifen. Natürlich bedeutet Prävention für jeden Einzelnen in erster Linie ein Stück Selbstverantwortung. Aber ich glaube, es ist gut und richtig, dass wir uns darum kümmern und gezielt Schwerpunkte setzen.

Ich bin Ihnen dankbar, Herr Minister Gröhe, dass Sie insbesondere im Bereich Diabetes einiges auf den Weg gebracht haben und zusätzlich 1,6 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei dem Kollegen Monstadt ausdrücklich bedanken, der einen Schwerpunkt seiner Arbeit in diesem Bereich hat. Beim Thema Prävention geht es auch um die Frage: Wie können wir Volkskrankheiten vermeiden? Überlegen wir einmal: Im Bereich Diabetes geben wir pro Jahr circa 40 Milliarden Euro aus. Deswegen ist das hier investierte Geld gut angelegt.

Aber wenn wir über Diabetesprävention sprechen, dann geht es nicht nur um die Prävention, sondern es geht auch um Grundlagen und um die Fragen: Haben wir ausreichend Informationen? Wie ist es um die Versorgung der Patientinnen und Patienten bestellt? Wie sieht Diabetes im Krankenhausalltag aus? Wie sieht Diabetes mit Blick auf die Bewertung und das AMNOG aus? All das sind Fragen zur Versorgung, die das Ministerium gezielt aufgreift, weil es diesen Bereich als Schwerpunkt ansieht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte ein Gesetz aufgreifen, das nicht unmittelbar oder relativ wenig Geld kostet: das E-Health-Gesetz. Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist für mich der Bereich, bei dem ich in dieser Legislaturperiode die meisten Erwartungen habe, weil das E-Health-Gesetz dazu beitragen kann, dass wir Effizienzreserven heben, dass wir mehr Qualität ins System bekommen

(Hilde Mattheis [SPD]: Und es kostet nichts!)

und es relativ preisgünstig, Frau Mattheis, zu haben ist.

Im Zusammenhang mit E-Health werden wir uns mit weiteren Fragen auseinandersetzen müssen, die ich hier kurz skizzieren will. Wie gehen wir mit Daten um? Zu welchen Zwecken nutzen wir sie? Wie können wir das zum Beispiel mit dem Thema Versorgungsforschung kombinieren? Auch dazu haben wir in diesem Haushalt einen Schwerpunkt gesetzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben die ersten zwei Jahre relativ viel Geld in die Hand genommen, um Strukturen zu verändern und zu verbessern. Es wird jetzt unsere Aufgabe sein, im zweiten Teil der Legislaturperiode zu schauen, dass wir den Ausgabenanstieg dämpfen. Ich als Arzneimittelpolitiker sehe das mit einem gewissen Grausen und einem gewissen Schrecken. In der letzten Legislaturperiode haben wir im Bereich Arzneimittel 20 Milliarden Euro an Einsparungen erzielt. Ich wäre schon ganz zufrieden und glücklich, wenn wir dazu ein ausgewogenes Konzept hätten. Gerade in diesem Bereich gibt es zahlreiche Maßnahmen, die kein Geld kosten und die für Strukturveränderungen und Strukturverbesserungen sorgen.

Ich möchte zum Schluss zwei Themen aufgreifen, die wir im Blick haben sollten und die uns in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich beschäftigen werden. Sie, Frau Klein-Schmeink, haben zu Recht das Thema der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen angesprochen

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist damit?)

und den eingeschränkten Leistungskatalog kritisiert. Ich sage Ihnen: Ich habe die Debatten und Diskussionen in den Jahren 2002 bis 2007 erlebt, als es um die Frage ging: Werden Flüchtlinge oder Asylbewerber besser gestellt als gesetzlich Versicherte? Wir haben die bisherigen Regelungen entsprechend korrigiert.

Es ist richtig: Das Asylbewerberleistungsgesetz enthält einen eingeschränkten Leistungskatalog für die medizinische Versorgung. Aber ich will Ihnen auch sagen, was „eingeschränkter Leistungskatalog“ ganz konkret bedeutet.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)

Wenn ein Asylbewerber mit einer Krebserkrankung nach Deutschland kommt, erhält er eine ausreichende Versorgung. Das kann in konkreten Zahlen teilweise 100 000 Euro pro Patient bedeuten.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Steuerfinanziert!)

Auch da sind wir in der Verantwortung – die Kollegin Michalk hat zu Recht das Stichwort eingeworfen –: Dieses Geld ist steuerfinanziert. Wir müssen kluge Konzepte entwickeln, wie wir diese Ausgabendynamik vielleicht in den Griff bekommen; denn am Ende tragen die Länder und Kommunen diese Kosten.

Ich sage ganz offen: Ich habe in Richtung Pharmaindustrie den einfachen Vorschlag, dass wir die Preise bezahlen, die in den Ländern gelten, aus denen die Flüchtlinge kommen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist die Alternative? Nicht behandeln?)

Aber dafür müssen wir ein Lösungskonzept finden.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist die Alternative, nicht zu behandeln? Das kann nicht sein!)

– Nein, wir übernehmen die Kosten. Das halte ich auch für absolut richtig. Trotzdem müssen wir die damit verbundenen Finanzierungsfragen angehen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was bedeutet das? Sollen die sterben oder was? Absolut herzlos!)

Letztes Thema – Herr Minister, da bitte ich Sie um Unterstützung –: die Nationale Kohorte. Dabei geht es um Gesundheitsforschung, die ja auch ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit ist. Wir haben schon viel über Prävention und Kinder gesprochen. Zurzeit wird in Deutschland eine große Gesundheitsstudie durchgeführt, die auf einige Jahre angelegt ist. Sie umfasst rund 200 000 Menschen. Es geht dabei darum, bei großen Volkskrankheiten – Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Adipositas – neue Erkenntnisse für Prävention, Diagnostik und Therapie zu gewinnen.

Diese Studie hat ein kleines Manko. Sie umfasst nämlich keine Kinder. Sie gilt für Leute ab 18 Jahren. Wenn wir aber über vermeidbare Volkskrankheiten sprechen und beim Thema „Prävention für Kinder“ ebenfalls ansetzen wollen, wäre es meines Erachtens richtig und gut, die Kinder mit in die Studie einzubauen. Vollkommen klar ist, dass das auf Freiwilligkeit basieren muss. Es darf nicht mit massiven Eingriffen bei Kindern verbunden sein. Ich wäre Ihnen aber dankbar, wenn Sie sich noch einmal um dieses Thema kümmern würden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zum Haushalt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Edgar Franke, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6215202
Wahlperiode 18
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Einzelplan Gesundheit
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