Axel FischerCDU/CSU - Einzelplan Arbeit und Soziales
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ja, in der Tat, es stimmt: Der Etat, den wir heute beraten, sieht anders aus als der, den die Bundesregierung im Sommer eingebracht hat. Er ist aber mit zusätzlichem Geld ausgestattet, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist eindeutig so.
Und ja, es stimmt auch: Wir können den ausgeglichenen Haushalt, die schwarze Null halten – trotz dieser Mehrausgaben. Dafür gleich zu Beginn ein Dankeschön an die Bundesregierung, an das Bundesfinanzministerium, aber auch an Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil wir als Parlament diesen Haushalt so beschließen. Herzlichen Dank für diese schwarze Null zum dritten Mal hintereinander!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD] – Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Das Königsrecht des Parlaments!)
Selbstverständlich – die Vorredner haben darauf hingewiesen – stimmt auch das: Wegen des Flüchtlingszustroms, den wir erleben, mussten wir an vielen Stellen nachjustieren, völlig klar. Das haben wir gemacht. Aber – und das ist mir an dieser Stelle ganz besonders wichtig – wir haben uns keineswegs nur darauf konzentriert, sondern haben und hatten, also auch schon in den letzten Jahren, in gleicher Weise das Wohl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das Wohl der Rentnerinnen und Rentner, das Wohl der Arbeitslosen, der Schwachen in unserer Gesellschaft mit im Blick, und das seit vielen Jahren. Das ist wichtig, und das ist gut so; denn wir dürfen unsere Gesellschaft nicht auseinanderdividieren lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, Akzente haben wir deshalb unter anderem bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik gesetzt. Wir haben auch mehr Mittel – frisches Geld, Frau Kollegin – für berufsbezogene Sprachkurse für Flüchtlinge und für die berufliche Beratung bereitgestellt, ebenso für die berufliche Eingliederung, für das Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“, für die bessere Heranführung Langzeitarbeitsloser an den Arbeitsmarkt. Wir haben sogar mehr Mittel für das kommende Jahr vorgesehen für das Arbeitslosengeld II – die Ministerin hat es schon erwähnt –, für die Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und Heizung und für die Zuschüsse zur Rentenversicherung.
Dank zusätzlicher Mittel zur Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Bundesagentur für Arbeit erheblich mehr Personal einstellen und so die Leistungsfähigkeit den geänderten Rahmenbedingungen anpassen. Wir reagieren auf die aktuelle Situation, meine Damen und Herren.
Auch beim Bundesversicherungsamt, von dem neue Aufgaben im Rahmen der Modernisierung und Erweiterung unseres Gesundheitswesens übernommen werden müssen, oder im Ministerium selbst, in dem die Behindertenbeauftragte zusätzliches Personal zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigt, verbessern wir die Personalausstattung so, wie es sein muss. Das ist unsere Aufgabe, und der kommen wir nach, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, dank unserer über Jahre hinweg auf Wachstum durch Innovation, auf sparsames Haushalten und weniger auf Umverteilung – wie es manchmal von links oder von der Mitte hierher strömt – ausgerichteten Politik in Deutschland haben wir heute eine solide Basis für eine zukunftsfähige Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Deshalb führen wir die heutige Debatte vor einem guten wirtschaftlichen Hintergrund. In der Wirtschaftsdebatte heute Vormittag kam es schon zum Tragen. Dank immer neuer Beschäftigungsrekorde von mehr als 43 Millionen Erwerbstätigen und mehr als 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist die Arbeitslosenzahl auf nur noch – hören Sie genau zu! – 2,6 Millionen und damit auf einen Rekordtiefstand seit der Wiedervereinigung gefallen. Das ist quasi Vollbeschäftigung, und das haben wir gemeinsam erreicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die wirtschaftlichen Aussichten sind weiterhin gut. Rentner können nach dem Rentenpaket vom vergangenen Jahr im kommenden Jahr zusätzlich einer noch nie dagewesenen Rentenerhöhung von bis zu 5 Prozent frohgemut entgegensehen. Das ist doch was, meine Damen und Herren! Das muss man doch einmal deutlich sagen. Wir haben alle Menschen in unserem Land im Blick. Und ich freue mich für die Rentner, dass sie dann mehr Geld haben werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Mast [SPD]: Trotz abschlagsfreier Rente mit 45 Versicherungsjahren!)
Meine Damen und Herren, die Konjunktur läuft, die Exporte brummen weiter, und unsere Bevölkerung ist gut versorgt. Aber ich gebe offen zu: Der unerwartet große anhaltende Flüchtlingszustrom stellt uns in der Tat vor große Herausforderungen und entfaltet derzeit seine normative Kraft. Man kann sich jetzt empören, dass sich viele der Zugewanderten nach geltendem Recht gar nicht hier befinden dürften. Man kann beklagen, dass die Einrichtung eines tragfähigen Asyl- und Flüchtlingsregimes in den letzten Jahrzehnten versäumt worden ist. Man kann bedauern, dass die Integration der Zugewanderten in vielen Bereichen des täglichen Lebens noch wenig gelungen erscheint. Man kann die Schuld dafür bei der Bundeskanzlerin persönlich, bei der Bundesregierung, bei Länderregierungen – jetzigen oder früheren – oder bei den jeweiligen Innenministern, bei den Politikern allgemein, bei den Kirchen oder bei wem auch immer suchen. Nur: All das hilft nicht weiter. Denn das enthebt uns nicht unserer Pflicht, die bestehenden Herausforderungen aufzugreifen und das Beste aus der Situation zu machen. Das tun wir, und genau deshalb haben wir in den vergangenen Wochen den Haushalt für Arbeit und Soziales im Ausschuss nachjustiert.
Die geplanten Mehrausgaben liegen bei 2,6 Milliarden Euro, von denen über 1,9 Milliarden Euro flüchtlingsinduziert sind. Wesentlich sind die Steigerungen bei den Ausgaben für das Arbeitslosengeld II, die um 1,3 Milliarden Euro ansteigen; das wurde schon erwähnt. Damit tragen wir dem Umstand Rechnung, dass anerkannte Asylbewerber nach Abschluss ihres Verfahrens in der Regel nicht sofort eine Arbeit finden werden, häufig noch Sprachkurse oder Qualifizierungen benötigen und daher Arbeitslosengeld II erhalten werden.
Die stark gestiegene Zahl der Flüchtlinge verursacht außerdem erhebliche Mehrkosten bei Ländern und Kommunen für die Unterbringung und die soziale Grundsicherung während des Asylverfahrens. Deshalb erhöhen wir die Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und Heizung um 400 Millionen Euro.
Schließlich soll der im Bundeshaushalt bisher veranschlagte Finanzrahmen für Arbeitsförderung deutlich steigen. Einerseits erhöhen wir die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit um knapp 250 Millionen Euro, andererseits erhöhen wir die Mittel für die Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende um 325 Millionen Euro auf jetzt sage und schreibe 4,4 Milliarden Euro.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ja, das leisten wir, und der Sinn ist, dass die Bundesagentur für Arbeit 2 000 zusätzliche Stellen erhält und 800 Befristungsmöglichkeiten in den gemeinsamen Einrichtungen finanzieren kann. Damit sowie mit 179 Millionen Euro für die berufsbezogene Sprachförderung und 48 Millionen Euro für die berufliche Integration und Beratung von Zuwanderern wollen wir die erfolgreiche Integration von Asylbewerbern mit Bleibeperspektive und von anerkannten Flüchtlingen in Arbeitsmarkt und Gesellschaft befördern;
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach vorsichtigen Schätzungen verfügt knapp ein Drittel der zu uns geflüchteten Menschen über eine möglicherweise verwertbare berufliche Qualifikation. Zudem können wir die überwiegend sehr jungen Menschen vielfach noch ausbilden bzw. qualifizieren und ihnen so eine attraktive Arbeitsmarktperspektive verschaffen.
Frühzeitiger Spracherwerb und frühzeitige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sind zentrale Bausteine einer erfolgreichen gesellschaftlichen Integration. Und über Integration darf man nicht nur in Sonntagsreden fabulieren, man muss sie auch durchführen, und so gehen wir sie als Bundesregierung, als Koalition jetzt an. Das heißt aber auch, dass wir von den Zugewanderten diese Integration konsequent einfordern müssen. Sie muss von der öffentlichen Hand konsequent unterstützt werden, damit Zuwanderung gerade auch vor dem Hintergrund unserer demografischen Entwicklung – wir wissen da alle Bescheid; das brauche ich gar nicht zu vertiefen – dauerhaft von der Bevölkerung akzeptiert wird. Ich möchte den BDI-Präsidenten Kerber zitieren, der letzte Woche gefordert hat – ich zitiere –:
Wir brauchen massive und anhaltende Integrationsbemühungen. Wir müssen in eine Integrationsinfrastruktur investieren. Dann könnte es in fünf bis zehn Jahren klappen. Dafür muss die Regierung einen Plan entwickeln.
Ich muss sagen: Wo er recht hat, hat er recht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeiten schon seit Spätsommer unter Leitung von Herrn Weise im Rahmen des Arbeitsstabes Integriertes Flüchtlingsmanagement eng zusammen. Ich begrüße vor diesem Hintergrund ausdrücklich die Bereitschaft der Bundesagentur, 121 Millionen Euro aus eigenen Mitteln, aus Mitteln der Bundesagentur, für Sprachkurse zur Verfügung zu stellen.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Jobcenter haben noch keinen einzigen Cent bis heute!)
Mein Dank gilt daher neben dem Verwaltungsrat insbesondere den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die auch in diesem Bereich mit ihren Beiträgen solidarisch gesamtgesellschaftliche Aufgaben finanzieren.
Meine Damen und Herren, wir wissen es alle: Mit dem Rentenpaket, mit der Mütterrente und der Rente mit 63, ist die Große Koalition im vergangenen Jahr fulminant in die neue Legislaturperiode gestartet. Beide Rentenleistungen erfreuen sich großer Beliebtheit und haben für milliardenschwere Mehrausgaben der beitragsfinanzierten Rentenversicherung gesorgt. Die im Bundeshaushalt 2016 geplanten Ausgaben für die Zuschüsse für die Rentenversicherung und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung liegen bei 93,3 Milliarden Euro. Das sind circa 30 Prozent des gesamten Bundeshaushalts. Wir lassen uns das also wirklich etwas kosten. Die bis 2019 absehbar auf rund 106 Milliarden Euro ansteigenden Bundeszuschüsse sind derzeit solide finanziert und erscheinen aus heutiger Sicht auch in den kommenden Jahren finanzierbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen: Der vorgelegte Bundesetat schaut in die Zukunft. Er ist der Zukunft zugewandt. Er zeigt, dass wir Mut und Tatkraft besitzen, dass wir die Zukunft fest im Blick haben, und das zum Wohle der Menschen in unserem Land. Die haben uns gewählt, und für die arbeiten wir hier gemeinsam in einer Großen Koalition an tragfähigen Lösungen. Ich verschweige nicht, dass es natürlich an der einen oder anderen Stelle bei uns auch einmal ein bisschen knarzt, aber wir finden uns zusammen, wir finden Lösungen.
Deshalb von meiner Seite ein Dank an das Ministerium, an die Kolleginnen und Kollegen in den Arbeitsgruppen „Arbeit und Soziales“ der Koalitionsfraktionen, an die Mitberichterstatter und für die ausgezeichnete Zusammenarbeit auch an die beiden Kolleginnen aus der Opposition. Es hat Spaß gemacht, gemeinsam zu arbeiten. Ekin, ich sage es dir ganz persönlich: Du hast mit den Terminen immer viel Arbeit. Du machst das super. Das vertrauensvolle Verhältnis, das wir haben, sorgt dafür, dass man ab und zu auch einmal einen Wunsch der Opposition erfüllen kann; aber das muss ein vernünftiger Wunsch sein, es geht nicht alles.
Ich denke, wir können alle frohgemut diesem Bundeshaushalt zustimmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächster Redner hat Ewald Schurer von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6215409 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 140 |
Tagesordnungspunkt | Einzelplan Arbeit und Soziales |